WM-Qualifikation:Deutschland hat den Sieg einstudiert

Germany v Czech Republic - 2018 World Cup Qualifying European Zone

Jérôme Boateng (li.): Mission Zuckerball ist geglückt

(Foto: REUTERS)

"Das waren echte Zuckerbälle": Mittels eifrig eingeübter Diagonalpässe zerlegt die DFB-Elf Tschechien. Nordirland dürfte gewarnt sein.

Von Carsten Scheele, Hamburg

Seit gerade zwei Länderspielen ist Manuel Neuer offizieller Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft - kein schlechter Zeitpunkt, um allumfängliche Zufriedenheit zu signalisieren. Der Torhüter stand frisch geduscht in den Katakomben der Hamburger Arena, er setzte sein präsidiales Kapitänsgrinsen auf, als er nach dem fußballerischen Unterhaltungswert des 3:0 (1:0) in der WM-Qualifikation gegen Tschechien gefragt wurde.

Neuer stand also lässig da, grinste und sagte: "So stellen wir uns das vor."

Es gab tatsächlich nicht viel zu kritisieren am Auftritt der DFB-Elf in Hamburg, das eines der besten Länderspiele der jüngeren Geschichte war. Im Grunde sogar gar nichts. Ein überzeugender, völlig ungefährdeter Sieg gegen eine überforderte Gastmannschaft, die von vielen Beobachtern eigentlich als härtester Konkurrent um den Gruppensieg ausgemacht worden war. Die Spielfreude, das Tempo, sogar die Anzahl der Tore - alles stimmte an diesem Abend.

So fand auch der Bundestrainer nichts Bemängelnswertes. Auch er hatte sich den Abend genau so vorgestellt. Ein frühes Tor durch Thomas Müller (13. Minute), nach glänzender Vorarbeit von Mesut Özil und Mario Götze, das wichtige 2:0 kurz nach der Pause durch Toni Kroos (49.), schließlich das finale 3:0 wiederum durch Müller, rasant aufgelegt über Özil und Jonas Hector (65.). Dass zwischenzeitlich ein paar Torchancen ausgelassen wurden und das Ergebnis noch höher hätte ausfallen können - geschenkt. Seine Mannschaft habe "jederzeit die Kontrolle über die Partie" gehabt, lobte Löw deshalb: "Im Spielaufbau haben wir von hinten heraus sehr gute Lösungen gefunden."

Mit einer dieser Lösungen hatte die deutsche Elf die Tschechen geradezu auseinandergenommen. "Seit Donnerstag", verriet Löw später, habe man im Training diese zerschneidenden Diagonalpässe geübt. Ein gutes Mittel gegen hochstehende Mannschaften wie die Tschechen, um deren Abwehrbemühungen mit einem einzigen Pass auszuhebeln. Zumeist Mats Hummels und Jérôme Boteng, aber auch Toni Kroos spielten die Pässe über das Mittelfeld hinweg, hinein in die Laufwege der gestarteten Angreifer, mit denen die Tschechen überhaupt nicht zurechtkamen. Benedikt Höwedes befand: "Die Pässe von den beiden Innenverteidigern waren grandios. Das waren echte Zuckerbälle."

Schlampige Chancenverwertung könnte sich bald rächen

"Wir wollten die Abwehr aufreißen", beschrieb es Löw. Das gelang bestens. Selten erhielten die deutschen Offensivkräfte so viel Platz für ihre Laufwege, was die agilen Özil und Draxler, der laufstarke Götze und der endlich wieder treffsichere Müller für ihr Kombinationsspiel nutzten. Diesmal wurde ein großer, kopfballstarker Stoßstürmer wie der verletzte Mario Gomez nicht vermisst. Nach einer Stunde habe er gemerkt, dass der Gegner "totgelaufen" ist, berichtete Löw und konstatierte: "Dann hatten sie keine Chance mehr."

Was sich daraus schließen lässt? Dass es der deutschen Elf und dem Trainerstab durchaus noch gelingt, echte Schwachstellen bei den Gegnern zu identifizieren und die Spieler darauf vorzubereiten. Aber auch, dass schon die Nordiren am Dienstag in Hannover (20.45 Uhr, Liveticker auf SZ.de) vermutlich komplett anders spielen werden und nur beim Anpfiff kurzzeitig "hoch" stehen, sich danach aber mit neun Mann um den eigenen Strafraum versammeln werden.

Dann könnte sich wieder rächen, wenn die Angreifer mit der Verwertung der Chancen schludern - so wie zeitweise auch gegen Tschechien. Doch diese Argumentation ließ Kapitän Neuer nicht gelten. "Ich werde mich hier nach einem 3:0 nicht hinstellen und etwas schlecht reden", so Neuer. Das klang zwar nach "Basta". Sein präsidiales Grinsen hatte er trotzdem noch im Gesicht.

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