WM-Qualifikation:Der Nichtangriffspakt von Lima

Christian Ramos, Radamel Falcao, Pedro Cuba,

Am Schluss wurde dann nicht mehr ganz so erbittert gefightet: Falcao (Mitte) streitet mit zwei Peruanern um den Ball.

(Foto: AP)
  • Zeigte sich bei der südamerikanischen WM-Qualifikation die hässliche, skandalöse Seite des Fußballs?
  • Kolumbien und Peru spielen Unentschieden - und wehren beide so das WM-Aus ab.
  • In den Schlussminuten kullert der Ball nur noch hin und her - und Falcao gibt offen zu, mit den Gegnern gesprochen zu haben.

Es war eine brisante Partie, doch in den Schlussminuten des letzten WM-Qualifikationsspiel zwischen Kolumbien und Peru ging es überraschend lasch zu. Der Ball kullerte durch die Sechser-Abwehrreihe der Peruaner, kein Kolumbianer machte Anstalten, ihn zu erobern. Warum strengten sich die Spieler nicht mehr an?

Kurz zuvor war Kolumbiens Stürmer Radamel Falcao von Gegner zu Gegner geschritten und hatte mit ihnen geplaudert. Die Hand hielt er vor den Mund, damit kein Lippenableser seine Worte entziffern konnte. Was er sagte, ist dennoch ziemlich klar. Falcao gab nach der Partie sogar offen zu: Er habe die Peruaner über die Resultate auf den anderen Plätzen informiert.

Kolumbien war in der Partie durch Bayern-Spieler James Rodríguez in Führung gegangen, Paolo Guerrero glich in der 76. Minute später aus. Da Brasilien zu diesem Zeitpunkt bereits 2:0 gegen Chile (Endstand 3:0) führte, bedeutete dies: Würde es bei diesem Spielstand bleiben, wäre Kolumbien direkt für die WM qualifiziert, Peru würde es in die Playoffs schaffen und hätte dort beste Aussichten auf einen Sieg gegen Ozeanien-Meister Neuseeland. Würde dagegen Peru noch ein Tor kassieren oder Kolumbien hoch verlieren, müsste das unterlegene Team zu Hause bleiben und dafür würde Chile eine Chance auf die WM-Teilnahme bekommen. Die Partie endete 1:1.

"Wir wussten, was auf den anderen Plätzen passiert, wir kannten die Zwischenstände"

War das Unentschieden also abgesprochen? Zeigte sich hier die hässliche, skandalöse Seite des Fußballs? Falcao sagte nach dem Spiel: "Wir wussten, was auf den anderen Plätzen passiert, wir kannten die Zwischenstände." Darüber habe er tatsächlich mit den Gegnern gesprochen. Von einem abgekarteten Spiel wollte der Stürmer allerdings nichts wissen, er meinte stattdessen: "Peru hat 90 Minuten gekämpft - so wie wir."

Der peruanische Mittelfeldspieler Renato Tapia gab zu, dass Falcao mit ihm über die Resultate der anderen Qualifikationsspiele gesprochen habe, er versicherte aber: "Wir spielen Fußball, um zu gewinnen." Perus Nationaltrainer Nolberto Solano wiederum fand: "Welcher Pakt? Das ist Spekulation." Sein Team habe in den Schlussminuten nur die Strategie verfolgt: "Beruhigt das Spiel ein wenig, wir dürfen kein Risiko eingehen."

Nach dem Gespräch mit Falcao gingen Perus Spieler zu ihrem Trainergespann, offenbar um zu beratschlagen, mit welcher Strategie sie die Partie zu Ende spielen sollten. Dann zirkulierte der Ball nur noch hin und her und her und hin. Nach Schlusspfiff jubelten beide Teams ausgelassen. Ob der "Pacto de Lima" nun in die Fußballhistorie eingehen wird wie 1982 der "Nichtangriffspakt von Gijón"? Nachdem bei der WM die deutsche Nationalmannschaft 1:0 gegen Österreich in Führung gegangen war, verzichteten beide Teams fortan auf Angriffsversuche - denn mit diesem Spielstand sicherten sich beide Nationen das Weiterkommen in die nächste Runde. Das leidtragende Team war damals Algerien. Diesmal schluchzten die Chilenen.

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