WM-Quali:Buffon haut am Ball vorbei

Italy vs Spain

Buffon haut vorbei, Vitolo bedankt sich. Am Ende lächeln die Italiener trotzdem.

(Foto: Alessandro Di Marco/dpa)

Beim 1:1 in der WM-Quali legt Spanien die Schwächen der Italiener offen, Torwart Buffon leistet sich einen grotesken Patzer. Und Stürmer Pellè erzürnt seinen Trainer so sehr, dass er aus dem Kader fliegt.

Von Dominik Fürst

Gianluigi Buffon ist 38 Jahre alt, aber in seiner pechschwarzen Mähne findet sich kein graues Haar. Buffon spielt seit 15 Jahren für Juventus Turin und seit 19 Jahren für die italienische Nationalmannschaft, aber er ist ein zaundürrer Schlaks geblieben. Buffon ist abgestiegen und aufgestiegen, er wurde Meister und gewann Pokale, Weltmeisterschaft, Champions League, Uefa Cup. Buffon hat ziemlich viel erlebt. Aber so derb am Ball vorbeigeschlagen wie am Donnerstagabend in der WM-Qualifikation hat er in all den Jahren nicht.

Das 1:1 im so wichtigen Gruppenspiel (nur der Erste ist sicher bei der WM dabei) gegen Spanien in Turin wäre beinahe zum persönlichen Debakel für den alten Buffon geworden. In der 55. Minute war er aus seinem Kasten gerannt, um einen spanischen Steilpass zu klären. Etwa 18 Meter vor dem Tor hatte er den Ball erreicht, doch dann haute Buffon auf obskure Art und Weise daran vorbei - wie ein Kleinkind, das noch nicht weiß, ob es mit dem linken oder dem rechten Fuß besser schießen kann. Spaniens Vitolo nahm den Fauxpas dankend zum 1:0 an.

"Solange es nicht zu oft passiert, gibt es keinen Anlass zur Sorge"

"Ich erkannte zu spät, dass ich schon außerhalb des Strafraums war", sagte Buffon nach der Partie, er sei "überwältigt" gewesen und habe versucht, schnell die Richtung zu ändern und den Ball wegzutreten. Das sei ihm aber nicht mehr gelungen. "Diese Dinge passieren. Aber wir können im Nachhinein darüber lachen, weil wir nicht verloren haben. Und solange es nicht zu oft passiert, gibt es keinen Anlass zur Sorge", sagte der Torwart.

Dass er sich nicht für eine Niederlage entschuldigen musste, dafür durfte sich Buffon wahlweise bei seinem Mannschaftskameraden Éder, dem Spanier Sergio Ramos oder dem Assistenten von Schiedsrichter Felix Brych bedanken, der seinen Chef nach einem (möglichen) Foul von Ramos an Éder zum Elfmeterpfiff überredete. Daniele De Rossi verwandelte dieses Geschenk in der 82. Minute zum 1:1, wodurch die Italiener in diesem Jahrtausend vor heimischen Publikum in Wettbewerbspartien ungeschlagen blieben.

Und Buffon durfte wieder lächeln. Nach dem Ausgleich eilte er übers halbe Spielfeld zu De Rossi, um ihn zu knuddeln. Das 1:1 gegen Spanien, die große europäische Fußballnation im Umbruch, vermochte die Probleme der Italiener jedoch nicht zu überdecken. Zur Pause verzeichnete die Statistik 28 Prozent Ballbesitz und exakt null Torschüsse für die Heimelf. Es kann bei den Italienern zwar schon mal taktische Absicht sein, dem Gegner das Spiel zu überlassen. Man kam am Donnerstagabend allerdings nicht an dem Gedanken vorbei, dass diese Unterlegenheit vor allem mit ihrem Alter zu tun haben könnte. Als Buffon mit De Rossi jubelte, standen da 71 Lebensjahre auf dem Fußballplatz beisammen.

Am Ende lächeln die Italiener

Erst vor vier Monaten hatten sie den Spaniern noch eine Lehrstunde bei der Fußball-EM erteilt, als sie sich im Achtelfinale in Frankreich mit 2:0 durchsetzten und das vermeintliche Ende der Tiki-Taka-Generation besiegelten. Schon damals war die Squadra Azzurra überaltert, aber halt auch ausgefuchster als jedes andere Team. Im WM-Quali-Spiel zeigte sich zumindest 60 Minuten lang ein völlig anderes Bild: Dominante Spanier spielten mit einem überforderten Gegner.

Es ist allerdings auch wahr, dass die Italiener mit etwas Glück am Ende noch hätten gewinnen können. Spätestens nach dem Ausgleich hatten sie sich aus der spanischen Umklammerung befreit und drängten in Person des eingewechselten Ex-Dortmunders Ciro Immobile munter nach vorne. Immobile war für den völlig wirkungslosen Graziano Pellè gekommen, der Italiens Trainer Giampiero Ventura nach seiner Auswechslung den Handschlag verweigerte und am Tag darauf prompt aus dem Kader für das Mazedonien-Spiel am Sonntag geschmissen wurde. Wer Immobile nur aus seiner Zeit in der Bundesliga kannte, musste sich über diesen lebendigen Angreifer wundern. In der 86. verpasste er bei einer Volleyabnahme im Strafraum knapp das 2:1.

Italienischer Matchwinner blieb daher Torschütze De Rossi. "Ob uns Buffons Fehler erschüttert hat? Jedenfalls hat er uns gezwungen, unsere Spielweise zu ändern. Zuvor waren wir mutlos", sagte der Spieler von AS Rom. "Es ist eben so, dass manchmal sogar der stärkste Torhüter Fehler macht - auch wenn es besser wäre, er machte sie bei Juventus und nicht in der Nationalmannschaft", sagte De Rossi und grinste.

Der große italienische Vorteil: Gelassenheit. Am Ende lächeln sie eben meistens doch. Auch wenn Spiele wie gegen Spanien auf schmerzhafte Weise daran erinnern, dass selbst Legenden eines Tages alt werden. Zwei Jahre wird der große Gigi Buffon noch spielen, die WM in Russland wird sein letztes Turnier sein. Und auf die Zeit danach wartet Gianluigi Donnarumma, 17 Jahre alt und Stammtorhüter beim AC Mailand. Als Buffon am Donnerstagabend patzte, saß er auf der Ersatzbank.

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