WM-Historie (8): 1978:"Abbussln möcht i den"

Wie er narrisch wird mit Hansiburli: Auszüge aus der Rundfunk-Reportage des ORF-Kommentators Edi Finger während Österreichs legendärem 3:2 gegen Deutschland bei der WM 1978.

So. Die Österreicher spün in roten Leibchen und weißen Hosn, die Deutschen diesmal in weißen Leibchen und schwarzen Hosn. Nun bitte Platz nehmen und das Reden für die nächsten fünfundvierzig Minuten einstellen ... Vor etwa 35.000 Zuschauern, bei prächtigem Sonnenschein und wenig Wind, das ist ja wichtig, denn hier bläst also normalerweise der Wind mit Windstärke acht und neun, aber bitte, das Match hat begonnen, die Schlacht unserer Nationalmannschaft hier in Córdoba ...

WM 1978 Deutschland Österreich hans Krankl Hans Müller

Hans Krankl und Hans Müller.

(Foto: Imago)

Aufpassn, in der ersten Viertelstunde hinten dicht halten, meine Damen und Herrn. Krankl zum ersten Mal am Leder, der ­Krankl, der Bomber der Na­tion, Querpass zu seinem Freund, zum ­Schneckerl Prohaska ...

Die Notbremse wurde diesmal von Strasser gezogen. Der Gefoulte steht bereits wieder munter und frisch und gesund auf seinen Beinen, das wollen wir alle - und, wieder ein Foul. Von hinten wurde er angesprungen, aber er kniet schon wieder, er steht schon wieder, hält sich a bissl den Bauch, 14.000 Flugkilometer von der Heimat entfernt, und wir haben jetzt 13 Minuten gespielt, 0:0 ...

Gerechtigkeit, wo gibt's die schon

Um Gotteswillen. Tor! Tor! 1:0. Kaltschnäuzig, 1:0. Kein Mann der Österreicher war da, und damit 1:0 Rummenigge ... Also das haut eine Mannschaft schon irgendwie zusammen, meine Damen und Herren, wir haben uns von dem Schock jetzt nicht erholt noch. Da kommt der Krankl. Um Gotteswillen. Der Krankl vergibt eine Zweihundertprozentige ...

Ich möchte Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Wenn es nicht geht, da kamma halt nix machen und so weiter und so weiter - und wir wollen für alle Fälle die Gerechtigkeit, die Gerechtigeit, die Gerechtigkeit, wo gibt's die schon ...

Auf der rechten Seite greift Österreich an. Da kommt die Flanke herein! Tor! Tor! Tor! Tor! 1:1, meine Damen und Herren ... Im Gewirr der Beine nehme ich alles zurück, aber wir wurden erhört, wir wurden erhört.

Sieg Sieg Sieg Sieg Sieg Sieg Sieg

So jetzt wieder. Das Leder bei - schöne Möglichkeit, Krankl! Schuss und jetzt - Tor! Tor! Tor! Also ich kann nicht mehr ... Krieger auf Krankl, und der Krankl hat den Ball volley genommen über den Kopf, genau in die Kreuzecke. 2:1. Unfassbar was sich hier abspielt. Sie fallen einander um den Hals. Da steht der Krankl, der ­Hansiburli, ach also sein Papa, der Straßenbahner wird sich freun. Also schöner kann man's gar net machen - da fehlen mir die Worte, da müsst ich ein Dichter sein ...

Ja da kommt die Flanke in unseren Strafraum. Kopfball, Tor ... Ich glaube Fischer war es. Nein, Hölzenbein. Hölzenbein, das Stolperbein. Und damit ist unsere Freude natürlich wieder a bissl gedämpft worden. Aber das ist ein Spiel, meine Damen und Herrn, ein Spiel, wie wir uns es schöner nicht vorstellen können.

Abramczik bekommt die gelbe Karte, weil er auf einen Österreicher, auf Prohaska losgegangen ist. Aber das versteh i gar net, der Prohaska is doch a Waserl, der tut doch keiner Fliege was zuleide.

Jetzt geht's noch drei Minuten, meine Damen und Herren, wemma diese drei Minuten schon hinter uns hätten, ja dann, ich wage es gar nicht zu sagen, da würde mir wirklich ein Fels vom Körper - jetzt aber aufpassn ...

I werd narrisch

Jetzt kann Sara sich einen aussichtslos scheinenden Ball hereinholen. Pass nach links hinüber, es gibt Beifall für ihn, da kommt Krankl, geht vorbei an seinem Bewacher, Schuss. Tor! Tor! Tor! Tor! Tor! Tor! Tor! I werd' narrisch. Krankl schießt ein. 3:2 für Österreich.

Meine Damen und Herren, wir falln uns um den Hals, der Kollege Riepel, der Diplomingenieur Posch, wir bussln uns ab, 3:2 für Österreich, durch ein großartiges Tor unseres Krankl. Er hat alles überspüt, meine Damen und Herren. Und warten S' noch a bissl, dann kemma uns vielleicht a Vierterl genehmigen, also das musst' miterlebt haben. I glaub', jetzt hammas gschlagn ...

Eine Möglichkeit der Deutschen - und - daneben! Der Abramczik, abbussln möcht i den Abramczik, jetzt hat er uns geholfen, der brave Abramczik, und danebengeschossen. Der Arme wird sich ärgern ...

Sieg Sieg Sieg Sieg Sieg Sieg Sieg. Nach 47 Jahren kann Österreich zum ersten Mal wieder Deutschland besiegen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: