WM-Endspiele:Kopfstoß und Hitzeschlacht

Warum die brasilianische Seleção nicht mehr in Weiß spielt, skandalöse Schiedsrichter als Ehrengäste von Diktatoren und das Wembley-Tor: Die Geschichte aller WM-Endspiele in Bildern.

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WM-Finalspiele

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Die brasilianische Seleção spielt seit der Demütigung durch Uruguay im Finale von 1950 nie wieder in Weiß, das Wembley-Tor von 1966 gilt als das umstrittenste der Fußballgeschichte und ein Weckruf bringt die DFB-Elf 1974 auf Siegeskurs. Alle WM-Endspiele in Bildern.

30. Juli 1930 in Montevideo: Uruguay - Argentinien 4:2 (1:2)

Nur 13 Mannschaften waren bei der WM 1930 in Montevideo angetreten. Die erste große Stunde des uruguayischen Fußballs schlug im Finale, als die Elf vor 93.000 Zuschauern im Estadio Centenario in Montevideo ein 4:2 gegen Argentinien schafften. Dabei konnten sich beide Mannschaften vor dem Endspiel nicht auf das Spielgerät einigen. Also wurde in der ersten Halbzeit mit argentinischem Ball gespielt - und die Argentinier führten mit 2:1. Im zweiten Durchgang kam der uruguayische Ball zum Einsatz - Uruguay erzielte drei Treffer und wurde Weltmeister.

Noch ein Kuriosum: Im Endspiel trafen das bislang einzige Mal in der Geschichte der Weltmeisterschaft zwei Mannschaften aus Südamerika aufeinander.

Die Siegesfeiern in Uruguay sollen sich über viele Tage hingezogen haben, der Tag des Triumphes wurde kurzerhand zum Nationalfeiertag erklärt.

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10. Juni 1934 in Rom: Italien - Tschechoslowakei 2:1 n.V. (1:1, 0:0)

Vier Jahre später nutzte Italien die Abwesenheit des Titelverteidigers aus Uruguay vor eigenem Publikum zum Durchmarsch. Im Viertelfinale gegen Spanien kam es zu einem Skandal: Die erste Partie endete Unentschieden, Verlängerung oder Elfmeterschießen gab es noch nicht, also wurde am Tag darauf ein Wiederholungsspiel ausgetragen. Die Italiener agierten überhart, beim 1:0 stützte sich Torschütze Meazza auf, mehrere Kollegen behinderten den Torhüter - doch der Schiedsrichter ahndete keine der italiensichen Aktionen. Zudem wurden zwei reguläre Tore der Spanier aberkannt und zwei Elfmeter nicht gegeben.

Auch im Halbfinale hatten die Italiener die Gunst des Schiedsrichters auf ihrer Seite. Ivan Eklind, am Tag zuvor noch Ehrengast von Benito Mussolini, gab in der 18. Minute ein Tor, als mehrere Italiener den österreichischen Tormann Peter Platzer mit dem Ball in den Händen über die Torlinie stießen. Ivan Eklind griff sogar selbst aktiv ins Spielgeschehen ein, indem er eine Flanke auf den freistehenden österreichischen Stürmer Karl Zischek wegköpfte.

2:1 hieß es dann im Finale gegen die Tschechoslowakei. Schiedsrichter der Partie: Ivan Eklind.

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19. Juni 1938 in Paris: Italien - Ungarn 4:2 (3:1)

Beim dritten Weltturnier in Frankreich holte erstmals nicht der Ausrichter den Titel. Die Franzosen scheiterten im Viertelfinale mit 1:3 am alten und neuen Weltmeister Italien, der im Finale Ungarn mit 4:2 besiegte. Zwei Doppelschläge von Gino Colaussi und Silvio Piola besiegelten im Pariser Stade de Colombes das Schicksal der hochgehandelten Magyaren. Im Gegensatz zu dem umstrittenen Sieg von 1934 haftete dem 1938er-Triumph kein schaler Beigeschmack an, die Titelverteidigung glückte nach einer formidablen Turnierleistung. Triumphator war Vittorio Pozzo, der mit dem Finale von Paris den Zenit seiner Laufbahn erreicht hatte.

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16. Juli 1950 in Rio de Janeiro: Uruguay - Brasilien 2:1 (0:0)

Dieser Tag gilt bis heute als der größte in der uruguayischen Fußball-Geschichte. Noch heute zehrt das kleine Land am Rio de la Plata von der sensationellen Demütigung des übermächtigen Nachbarn Brasilien. Seleção-Torhüter Barbosa hatte Alcides Ghiggia eine kleine Lücke gelassen, die dieser geschickt nutzte und den Ball im Netz versenkte. Ganz Brasilien war am Boden zerstört, ein verzweifelter Fan erschoss sich in Rio de Janeiro noch auf der Tribüne - und die Brasilianer spielten nie wieder in Weiß.

60 Jahre Bundesrepublik - Das 'Wunder von Bern'

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04. Juli 1954 in Bern: Deutschland - Ungarn 3:2 (2:2)

Von den Schweizer Gastgebern wurde 1954 nicht besonders viel erwartet. Doch im Schatten des deutschen "Wunders von Bern" wuchsen die Eidgenossen fast über sich hinaus. Im Viertelfinale war jedoch beim 5:7 gegen Österreich Endstation - es war das torreichste Spiel aller WM-Endrunden. Den Finalsieg holten sich der deutsche Stürmer und Kapitän Fritz Walter (Mitte, oben) und seine Kollegen. Die deutsche Nationalmannschaft besiegte Ungarn vor 56.000 Zuschauern mit 3:2 und sicherte sich erstmals den Weltmeistertitel. Der Mythos um den ersten deutschen WM-Sieg basiert seither auch auf Herbert Zimmermanns legendärer Radioreportage aus dem Berner Wankdorfstadion: "Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen - Rahn schießt, Tor, Tor, Tor!"

WM-Finalspiele

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29. Juni 1958 in Stockholm: Brasilien - Schweden 5:2 (2:1)

Fanatische "Heja, heja"-Schlachtrufe ihrer Anhänger peitschten die Schweden ins WM-Finale. Dort war das übermächtige brasilianische Team um Wunderstürmer Pelé eine Nummer zu groß für die Tre Kronors: Mit 2:5 verloren die Gastgeber das Endspiel. Im Bild schießt der 17-jährige Pelé das dritte Tor für Brasilien, Schwedens Torhüter Kalle Svensson ist chancenlos. Es sollte die Geburtsstunde des besten brasilianischen Fußballers aller Zeiten sein. Pelé wurde dennoch nicht in die Elf des Turniers gewählt, als Halbstürmer landeten der Franzose Kopa und der Brasilianer Didi vor ihm.

Vava

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17. Juni 1962 in Santiago: Brasilien - Tschechoslowakei 3:1 (1:1)

Im Finale in Santiago schlug Brasilien vier Jahre darauf die Tschechoslowakei mit 3:1 - diesmal ohne Superstar Pelé, der sich nach einer Verletzung im Eröffnungsspiel bereits früh aus dem Turnier verabschiedet hatte. Die Tore erzielten dieses Mal Pelé-Ersatz Amarildo, Zito und Vava (rechts). Torschützenkönig wurde übrigens der Brasilianer Garrincha - zwar hatten noch fünf weitere Spieler vier Turniertore erzielt, doch das Los fiel auf Garrincha.

FUßBALL WM-FINALE WEMBLEY 1966

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WM-Endspiele:01191954

30. Juli 1966 in London: England - Deutschland 4:2 n.V. (2:2, 1:1)

Das "Mutterland des Fußballs" marschierte beim Heim-Turnier ohne Niederlage ins Endspiel. Doch im Finale gegen Deutschland gerieten die Engländer ins Wanken. Erst das legendäre Wembley-Tor brachte erstmals den WM-Titel auf die Insel. Endstand: 4:2. Die Revanche sollte im Achtelfinale der WM 2010 erfolgen, als Deutschland beim Torschuss von Englands Frank Lampard von einer Fehlentscheidung profitierte: Der Ball war drin, alle hatten es gesehen - nur der Schiedsrichter nicht. Das Tor wurde für ungültig erklärt, und Deutschland siegte am Ende mit 4:1. Die Debatten um Geoff Hursts (li.) Wembley-Tor von 1966 dürften trotzdem nie verstummen.

Peles Führungstor im WM-Finale 1970

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21. Juni 1970 in Mexiko-City: Brasilien - Italien 4:1 (1:1)

Die extreme Hitze im Aztekenstadion von Mexiko City machte 1974 vielen Spielern während des Turniers zu schaffen. Am besten kamen mit den hohen Temperaturen wohl die sonnenverwöhnten Brasilianer zurecht, die im Finale Italien mit 4:1 vom Platz fegten (im Bild erzielt Brasiliens Idol Pelé das 1:0). Durch den dritten WM-Gewinn der Seleção ging die "Coupe-Jules-Rimet-Trophäe" in den Besitz des brasilianischen Fußballverbandes über. Das Original wurde 1983 gestohlen und vermutlich eingeschmolzen. Pelé gewann 1970 zum dritten Mal die WM - und er ist neben Uwe Seeler der einzige Spieler, dem es gelang, bei vier Weltmeisterschaften einen Treffer zu erzielen. Torschützenkönig bei diesem Turnier wurde Gerd Müller mit zehn Treffern.

WM 1974 - Finale Deutschland - Niederlande

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7. Juli 1974 in München: Deutschland - Niederlande 2:1 (2:1)

20 Jahre nach dem "Wunder von Bern" hieß der Weltmeister dann erneut Deutschland. Die DFB-Elf um Franz Beckenbauer, Sepp Maier und Gerd Müller nutzte den Heimvorteil zu ihrem zweiten Titelgewinn. Erst der Weckruf des 0:1 gegen die DDR in der Vorrunde brachte die Truppe von Bundestrainer Helmut Schön auf Kurs - im Finale gegen die favorisierten Holländer um Johan Cruyff gelang schließlich ein hart erkämpfter Sieg, nachdem Gerd Müller und Paul Breitner den Rückstand durch Neeskens' Elfmeter in ein 2:1 gedreht hatte. Das für Olympia 1972 neu erbaute Münchner Olympiastadion bebte.

WM-Finalspiele

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25. Juni 1978 in Buenos Aires: Argentinien - Niederlande 3:1 n.V. (1:1, 1:0)

1978 triumphierte dann mit Argentinien zum fünften Mal der WM-Ausrichter. Dirigiert von Trainerphilosoph Cesar Luis Menotti zelebrierte die Albiceleste ihren Angriffsfußball, dem auch die Niederlande bei ihrer zweiten Final-Teilnahme nicht gewachsen waren. Zum Held wurde Final-Doppeltorschütze Mario Kempes, der sich mit insgesamt sechs Treffern auch die Torjägerkrone des Turniers sicherte. Pikantes Politikum am Rande: Menottis verweigerter Handschlag für den Führer der argentinischen Militärdiktatur bei der Siegererhung ist bis heute unvergessen.

Karl-Heinz Rummenigge

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11. Juli 1982 in Madrid: Italien - Deutschland 3:1 (0:0)

Karl-Heinz Rummenigge (vorne, im Duell mit dem Italiener Claudio Gentile) spielte bei dieser WM stark auf. Insgesamt erzielte der deutsche Kapitän fünf Tore, darunter einen Hattrick im im Vorrundenspiel gegen Chile beim 4:1-Sieg. Im Finale erwartete die deutsche Elf mit Italien jedoch ein schwerer Brocken. Rummenigge musste nach 70 Minuten verletzt ausgewechselt werden, und Italien besiegte Deutschland überlegen mit 3:1. Einzig Paul Breitner gelang bei Gegentreffern von Rossi, Tardelli und Altobelli ein Torerfolg für die DFB-Auswahl. Breitner ist neben Pelé und Zinedine Zidane der einzige Spieler, der in zwei WM-Finals getroffen hat.

Diego Maradona

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29. Juni 1986 in Mexiko-City: Argentinien - Deutschland 3:2 (1:0)

Bei Temperaturen von mehr als 40 Grad musste die deutsche Nationalmannschaft im Aztekenstadion von Mexiko-City gegen Argentinien antreten. Doch die DFB-Auswahl holte trotz der extremen Bedingungen vor 115.000 Zuschauern einen 0:2-Rückstand auf, verlor dann aber nach Toren von Rummenigge und Völler doch noch unglücklich mit 2:3. Die Deutschen trauerten ihrer verpassten Chance nach, Argentinien stand Kopf und huldigte insbesondere Diego Maradona (im Bild).

Andreas Brehme (BR Deutschland)

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8. Juli 1990 in Rom: Deutschland - Argentinien 1:0 (0:0)

Am 8. Juli 2010 jährte sich zum 20. Mal der 1:0-Endspielsieg im Stadio Olimpico von Rom gegen Argentinien. Andreas Brehme (rechts) sicherte dem DFB-Team damals in einem nicht sehr hochklassigen Finale per Foulelfmeter den Erfolg. Der Mittelfeldspieler von Inter Mailand verwandelte in der 85. Minute den entscheidenen Elfmeter für Deutschland und avancierte damit zum Helden des Abends. Zuvor war Rudi Völler in einem Zweikampf mit Roberto Sensini zu Fall gekommen, Schiedsrichter Codesal Mendez aus Mexiko pfiff und zeigte zum Entsetzen der Gauchos auf den Punkt - Maradona flog unter Tränen vom Platz.

Roberto Donadoni, Branco

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17. Juli 1994 in Pasadena: Brasilien - Italien 3:2 i.E. (0:0)

Mehr als 94.000 Zuschauer hofften im Rose-Bowl-Stadion von Los Angeles auf ein Traumfinale zwischen Brasilien und Italien (im Bild Brasiliens Branco, links, im Duell mit dem Italiener Roberto Donadoni). Doch statt des erwarteten Klassespiels wurden sie Zeugen einer Premiere: Zum ersten Mal wurde ein Fußball-Weltmeister im Elfmeterschießen ermittelt, denn nach 120 quälenden Minuten hatte es 0:0 gestanden. Den entscheidenden Fehlschuss leistete sich dann ausgerechnet Italiens Idol Roberto Baggio, der den letzten Elfmeter in den sonnigen Himmel Kaliforniens drosch.

Fußball-Weltmeisterschaft in Frankreich, 1998: Frankreich gegen Brasilien

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12. Juli 1998 in Saint Denis: Frankreich - Brasilien 3:0 (2:0)

60 Jahre nach der ersten WM in der "Grande Nation" schickte Frankreich eine Star-Truppe ins Rennen, die auch nach Platzverweisen für Zidane und Blanc im Turnierverlauf nicht vom Erfolgsweg abkam. Im Finale wurde Brasilien mit dem jungen Ronaldo (vorne, darüber Frankreichs Torhüter Fabien Barthez) 3:0 aus dem Stade de France gefegt - Zidane avancierte mit zwei Treffern im Finale zum großen Helden der Baluen. Allerdings ist Zidane der einzige Spieler in der WM-Geschichte, der bei zwei Turnieren jeweils die rote Karte sah.

Enttäuscher Oliver Kahn nach dem verlorenen Finale der Fußball-WM 2002 gegen Brasilien

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30. Juni 2002 in Yokohama: Brasilien - Deutschland 2:0 (0:0)

Die Bilder sind bis heute unvergessen. Minutenlang kauerte Oliver Kahn (im Bild) nach dem Spiel apathisch am Torpfosten, weder seine Mitspieler noch Teamchef Rudi Völler konnten den deutschen Torhüter und Kapitän aufrichten. Als Außenseiter stand der dreimalige Weltmeister Deutschland an jenem 30. Juni 2002 in Yokohkama gegen Rekordtitelträger Brasilien im Endspiel der WM. Doch der Traum vom vierten Stern zerplatzte nicht zuletzt wegen eines folgenschweren Patzers von Kahn vor Ronaldos 0:1. Brasilien gewann am Ende 2:0 (0:0), Deutschland wurde als WM-Zweiter dennoch von den eigenen Fans gefeiert und Kahn bekam als Trostpreis den Titel des besten Spielers des Turniers.

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Quelle: AFP

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9. Juli 2006 in Berlin: Italien - Frankreich 5:3 i.E. (1:1, 1:1, 1:1)

Während das deutsche "Sommermärchen" mit dem 0:2 gegen WM-Angstgegner Italien im Halbfinale endete, feierte die Squadra Azzurra den vierten Titel. Die Italiener setzten sich in einem spannenden, aber nicht hochklassigen Finale gegen Frankreich im Elfmeterschießen durch. In die Geschichtsbücher ging Zinédine Zidanes Kopfstoß gegen den italienischen Verteidiger Marco Materazzi ein - angeblich hatte Materazzi Zidanes Schwester beleidigt, woraufhin Frankreichs Superstar in seinem letzten Spiel zur Selbstjustiz griff und seinen Gegner niederstreckte.

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Quelle: afp

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11. Juli 2010 in Johannesburg: Spanien - Niederlande 1:0

Es war für beide Endspielteilnehmer ein Debüt. Sowohl Spanien als auch die Niederlande hatten noch nie zuvor in einem WM-Finale gestanden. Und es war das Spiel des Andrés Iniesta. Nicht einmal die ständigen Tritte der unglaublich hart agierenden Niederländer brachten ihn aus dem Rhythmus. Iniesta tanzte, und als das Spiel nach 116 an Höhepunkten armen Minuten bei ihm landete, drosch er die Kugel ins Netz. Zum 1:0. Zum Sieg. Zum ersten WM-Titel für Spanien. Danach riss er sich sein Trikot über den Kopf. Die Botschaft auf dem T-Shirt darunter hatte er einem verstorbenen Freund gewidmet: "Du bist für immer bei uns."

© sueddeutsche.de/mb/jbe
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