WM-Affäre:Unruhe im DFB-Paradies

Wolfgang Niersbach

Was bedeuten seine Aussagen für die Gemeinnützigkeit des Verbandes? Wolfgang Niersbach, ehemaliger Präsident.

(Foto: Arne Dedert/dpa)
  • In der WM-Affäre bangt der DFB um seine Gemeinnützigkeit. Es drohen 25 Millionen Euro Verlust.
  • Die Staatsanwaltschaft meint, die Zahlung über 6,7 Millionen Euro an die Fifa hätte "nicht steuerlich mindernd geltend gemacht werden dürfen".
  • Die Anwälte des DFB legen nun dar, warum man alles ganz anders sehen müsste.

Von Hans Leyendecker und Klaus Ott

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist der größte Sportfachverband der Welt. Er ist vergleichsweise reich, aber Fußball ist kein Paradies. Ein Verlust in Höhe von 25 Millionen Euro wären auch für den großen DFB keine Kleinigkeit.

Diese Kosten drohen nun in der Affäre um das Sommermärchen im Jahr 2006. Die Rechnung ist einfach: Wenn wegen der Millionen-Schieberei vor der WM auf den DFB Steuernachzahlungen in Millionen- höhe zukämen, würde dem Verband auch ein Bußgeld nach dem Ordnungswidrigkeiten-Gesetz drohen - und vor allem der Verlust der Gemeinnützigkeit für ein Jahr.

So kommen auch die Frankfurter Behörden, die gegen die damaligen Vizepräsidenten des Organisationskomitees (OK) für die WM, Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall ermitteln, auf diese exorbitant hohe Summe. Die Steuer und alles andere müsste der DFB zahlen.

Am Mittwoch dieser Woche will der vom DFB beauftragte Münchner Anwalt Jan Leisner mit Verbandsvertretern darüber reden, wie man diese hohen Kosten vermeiden könnte. Er ist einer der führenden Steuer-Strafrechtler der Republik. Der DFB hat ihn und den Berliner Strafrechtler Daniel Krause mandatiert. Am Donnerstag soll Leisner dann offenbar der Staatsanwaltschaft Frankfurt vortragen, warum man das alles ganz anders sehen müsste, als die Strafverfolger derzeit meinen. Der Ausgang des Verfahrens ist ungewiss. Es ist ein komplizierter Fall.

lm Kern geht es immer noch um die alte Frage, wie eine Transaktion von 6,7 Millionen Euro der deutschen Organisatoren an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus steuerlich zu bewerten ist. Der Betrag war im Frühjahr 2005 an den Weltverband Fifa als "Beitrag Kulturprogramm FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006" steuerlich mindernd als Betriebsausgabe geltend gemacht worden. Tatsächlich handelte es sich um die verschleierte Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von zehn Millionen Schweizer Franken, das Dreyfus dem Organisationskomitee heimlich gewährt hatte. Die Summe soll 2002 an die Fifa als Provision für einen WM-Zuschuss geflossen sein. Im Zuge der Recherchen war der Verdacht aufgetaucht, dass das Geld in eine schwarze Fifa-Kasse geflossen sein könnte - und eine Art Bestätigung für diese Theorie könnten nun die Aussagen von Niersbach und dem früheren DFB-Vize-Generalsekretär Stefan Hans liefern (siehe dieser Text).

Bei Freshfields ist auch Beckenbauer zu diesem Punkt befragt worden, und er hat das nicht bestätigt. Er soll sich bei der Blatter-Frage so ähnlich ausgedrückt haben wie bei seinem Interview in der SZ vor einigen Wochen. "Was soll ich sagen. Ich weiß es einfach nicht. Es bringt ja nichts", hatte er im Interview gesagt.

Beckenbauer und die 6,7 Millionen? "Hat mich nicht interessiert."

Niersbach und Hans sagen also, was Beckenbauer damals gesagt oder gemeint haben soll, und der erinnert sich nicht oder will sich nicht erinnern. Was mit den 6,7 Millionen Euro gemacht wurde, "hat mich nicht interessiert, und heute interessiert's mich zweimal nicht", hatte Beckenbauer der SZ ebenfalls mitgeteilt.

Die am Dienstag von Nachrichtenagenturen verbreitete Schlussfolgerung , dass Beckenbauer nun noch "tiefer" im Sumpf der Affäre versinke, klingt zumindest in diesem Zusammenhang gewagt.

Wahrscheinlicher ist, dass die Aussagen von Niersbach und Hans dem DFB gefallen werden. Die Sicht der DFB-Anwälte, die eine Steuernachzahlung mit all den teuren Folgen vermeiden wollen, ist ja klar: Die Zahlung an die Fifa im Jahr 2005 war zwar falsch deklariert, aber es handelte sich um eine Provisionszahlung für den Zuschuss der Fifa; was die Fifa dann mit dem Geld machte, war nicht mehr Sache des deutschen Organisationskomitees oder des DFB. Ob am Ende Geld für Blatter floss oder nicht, darauf käme es dann nicht an.

Am Donnerstag wollen sich DFB-Anwälte und Ermittler zum Gespräch treffen

Die Staatsanwaltschaft sieht das wohl anders. In dem von ihr beim Amtsgericht Frankfurt beantragten Durchsuchungsbeschluss vom 29. Oktober findet sich die klassische Wendung: Es bestehe der Verdacht, dass die falsche Deklaration der Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro gewählt worden sei, "um die Herkunft , die Verwendung und die Rückzahlung dieses Betrages" buchhalterisch zu erfassen und "gleichzeitig verschleiern" zu können.

"Unabhängig und für welchen Zweck" die 6,7 Millionen Euro auch immer gezahlt worden seien, hätte das Geld nicht "steuerlich mindernd geltend gemacht werden dürfen". Das jetzt wohl geplante Gespräch am Donnerstag zwischen DFB-Anwälten und Ermittlern könnte bedeutsamer sein als die Freshfields-Protokolle.

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