WM-Affäre:Die Vermerke des Vize-Generals

  • In der Affäre um die WM-Vergabe 2006 nach Deutschland befragen die Behörden auffällig oft den ehemaligen Vize-Generalsekretär Stefan Hans.
  • Hans führte nach ersten Hinweisen auf eine Millionen-Schieberei zahlreiche Gespräche mit den wichtigen Akteuren.
  • Seine Notizen zu diesen Gesprächen sind besonders interessant, denn sie entlasten den ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach.

Von Georg Mascolo, Hans Leyendecker und Klaus Ott

Seit Monaten vernehmen Frankfurter Staatsanwälte und Steuerfahnder Zeugen, die Aufschluss geben sollen über die Verschiebung der 6,7 Millionen Euro vor der Weltmeisterschaft 2006. Es geht um den Verdacht der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Auffällig oft wurde Stefan Hans befragt. Er gehört nicht zu den Beschuldigten. Hans war Vize-Generalsekretär des Verbandes, bis er im Zuge der WM-Affäre wegen angeblicher Verfehlungen fristlos entlassen wurde. Er klagt gegen seine Entlassung.

Hans ist für die Ermittler auch deshalb interessant, weil er im Sommer und Herbst 2015, nach ersten Hinweisen auf die Millionen-Schieberei, zahlreiche Gespräche mit den alten WM-Akteuren geführt und darüber ausführliche Vermerke angefertigt hat. Die Notizen wurden in seinem alten Büro sichergestellt.

Sie datieren aus den Tagen nach Beginn der WM-Affäre und lesen sich teilweise schon auffällig entlastend für den damaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach. Und ganz schlecht kommt der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger weg, der sich als Aufklärer in dem Fall versteht. Sowohl gegen Niersbach wie auch gegen Zwanziger ermitteln die Frankfurter Strafverfolge in dem Steuerfall. Und gegen Ex-Generalsekretär Horst R. Schmidt. Alle weisen den Verdacht zurück.

Niersbach wirkte auf Hans "überzeugend"

Hans notierte in seinen Vermerken, Niersbach versichere, mit der Millionen-Schieberei nichts zu tun gehabt zu haben; das klinge "überzeugend". Bei der Rückabwicklung der Millionen sei Zwanziger "federführend" gewesen: "Niersbach nicht!" Zwanziger bestreitet solche Versionen vehement und sagt, ihm sei nichts anzulasten und vorzuwerfen.

Die Hans-Notizen werden von den Ermittlern und den Freshfields-Anwälten ausgewertet. Aus den Vermerken geht hervor, dass Hans am 15. Oktober, einen Tag nach einer Anfrage des Spiegel beim DFB und einen Tag vor der Enthüllung der Affäre, mit Ex-Schatzmeister Horst R. Schmidt gesprochen hatte. Schmidt soll Niersbach, so Hans-Vermerke, angeblich entlastet haben. Dem Vernehmen nach erinnert sich Schmidt ganz anders an diesen Vorgang. Das wirft die Frage auf, ob Hans seinem Chef Niersbach helfen sollte, im Amt bleiben zu können?

Einige der alten Freunde aus dem OK der WM sind sich fremd geworden

Angeblich hatte der damalige DFB-Präsident seinen Vize-General gebeten, dass dieser aufschreibe, was er mit wem besprochen habe. Ob das mit der Bitte zutrifft, ist derzeit nicht zu klären, da sowohl Niersbach wie auch Hans keine Presseanfragen beantworten. Wollte Niersbach sich damals absichern, um seinen Job als DFB-Präsident zu retten? Daraus ist bekanntermaßen nichts geworden. Niersbach musste wenig später gehen.

Inzwischen sind sich einige der alten Freunde des früheren WM-Organisationskomitees fremd geworden. Er fände es heute schon merkwürdig, hat Niersbach den Freshfields-Anwälten gesagt, dass er allein jene verhängnisvolle Steuererklärung unterschreiben musste, die ihm das Steuerstrafverfahren einbrachte. Sonst würden immer zwei Leute unterschreiben. Er sei erst fünf Tage zuvor Generalsekretär geworden, habe keine Ahnung von solchen Dingen gehabt und eigentlich sei doch Schmidt zuständig gewesen. Der sei auch nach seiner Recherche an jenem verhängnisvollen Tag in seinem Büro gewesen und habe doch nicht unterschrieben.

Schmidt erklärt den Ermittlern, er wisse nicht, wieso er nicht unterschrieben habe. Vielleicht sei er an dem Tag krank oder nicht im Haus gewesen. Falsch wäre der Eindruck, er habe nicht unterschreiben wollen. Es habe für ihn keinen Grund gegeben, sich zu drücken.

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