WM-Affäre 2006:Beckenbauer erhielt sein Honorar von zwei verschiedenen Konten

Franz Beckenbauer

Erhielt im WM-Kontext 5,5 Millionen Euro vom DFB: Franz Beckenbauer.

(Foto: Peter Endig/dpa)

Bei den DFB-Ermittlungen rund um die WM Vergabe 2006 wurden offenbar nicht alle Geldbewegungen überprüft. Wie gründlich war die viel gerühmte Freshfields-Untersuchung dann überhaupt?

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Starke Adjektive wie "umfassend" und "lückenlos" bildeten in den vergangenen Monaten das Standardrepertoire beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). So charakterisierten die führenden Vertreter ihre Aufklärungsarbeit im Zuge der großen Affäre um die WM 2006. Richtig gepasst hat das nie, weil die wesentlichen Aspekte ja bis heute ungeklärt sind.

Nun aber rückt die Frage in den Raum, als wie umfassend und lückenlos die bisherige Aufklärung überhaupt gelten darf. Denn im Kontext einer erst seit Dienstag bekannten Zahlung an Franz Beckenbauer über insgesamt 5,5 Millionen Euro offenbart sich, dass in den internen DFB-Untersuchungen durch die Kanzlei Freshfields keineswegs alle Bankkonten des Verbandes aus der damaligen Zeit geprüft wurden - sondern nur die des WM-Organisationskomitees (OK).

Warum dies ein gewaltiges Problem ist, illustrieren die Details der Beckenbauer-Causa. Fünf Mal erhielt der damalige OK-Chef in den Jahren 2005 und 2006 vom DFB Geld. Es war die Vergütung für einen seltsamen Deal: Beckenbauer stellte sich der Sportwette Oddset als Werbegesicht zur Verfügung, im Gegenzug gab es Geld vom Verband. Zunächst war vorgesehen, das Honorar an die Umsatzentwicklung des Lotto-Blocks zu koppeln; als sich diese nicht so gut wie erwartet entwickelte, wurde laut DFB eine fixe Vergütung festgelegt.

Freshfields Ermittler überprüfen DFB-Konten nicht

Vier Raten flossen von einem Konto des WM-OK an dessen Chef. Eine Tranche aber, und zwar die erste, kam von einem anderen Konto des DFB und belastete erst später das OK-Konto. Freshfields Ermittler konnten die Zahlung deshalb zunächst nicht richtig zuordnen. Und der Verband selbst fand sie erst Anfang dieser Woche, nach Medienanfragen zum Thema.

Nun ist die Frage, warum sich die internen Ermittler nicht um die DFB-Konten gekümmert haben. Im Schlussreport von Freshfields vom 4. März heißt es, die Kanzlei habe lediglich Überweisungen von und auf Bankkonten des WM-OK sowie der DFB-Wirtschaftsdienste GmbH ausgewertet, insgesamt 92 Aktenordner. Es folgt ein bemerkenswerter Satz: "Die Bankkonten des DFB selbst haben wir hingegen auftragsgemäß nicht überprüft."

Nach weiteren Geldflüssen beim DFB wird nun gesucht

Auftragsgemäß. Das klingt eindeutig - aber die Verbandsspitze weist das zurück. Dass es einen solchen Auftrag gab, könne er "ausschließen", sagt DFB-Vize-Präsident Rainer Koch am Freitag auf SZ-Anfrage. Er wisse daher auch nicht, wie der Satz in den Report kommen konnte.

Es ist dies nicht der erste Widerspruch zwischen DFB und Freshfields in jüngster Zeit. Stark divergierende Darstellungen gab es auch zur Frage, seit wann den DFB-Spitzen hätte klar sein müssen, dass die Millionen an Beckenbauer nicht von Oddset, sondern direkt vom Verband flossen. Die Funktionäre sagen, dies wüssten sie erst seit dieser Woche. Freshfields wiederum erklärte der SZ am Donnerstag, der Sachverhalt sei schon im Zuge einer Vorstandssitzung am 4. März kurz vor der öffentlichen Präsentation mitgeteilt worden.

Freshfields revidiert seine ursprünglichen Aussagen

Am Freitag ruderte die Kanzlei zurück und teilte mit, sie habe die aktuelle DFB-Führung "erst am Montag über die genauen Zahlungsbeträge und -flüsse" zwischen DFB und Beckenbauer informiert, so dass sich für die Verbandschefs der Vorgang erst an diesem Tag "vollständig einordnen und bewerten" ließ. Weiter offen bleibt aber die Frage, warum das Honorar nicht im Abschlussreport auftaucht. Die Kanzlei erklärt, es habe nicht zum Untersuchungsauftrag gehört.

Daneben drängt noch eine andere Frage: Was hat es zu bedeuten, wenn klar ist, dass auch über DFB-Konten zumindest erklärungsbedürftige Transaktionen im WM-Kontext abliefen? Legt das nicht die Möglichkeit nahe, dass es auch weitere Zahlungen rund um die WM über andere Konten gab? Das Beckenbauer-Honorar hat dem Verband klargemacht, dass Nachholbedarf bei den internen Ermittlungen besteht. Nach möglichen weiteren Geldflüssen, heißt es, werde nun gesucht.

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