USA gegen Iran:Gregg Berhalter muss sich als Diplomat bewähren

USA gegen Iran: Schwerer Job: US-Coach Gregg Berhalter in der Pressekonferenz.

Schwerer Job: US-Coach Gregg Berhalter in der Pressekonferenz.

(Foto: Patrick T. Fallon/AFP)

Der Nationaltrainer der USA soll vor dem Duell mit Iran zu einer politischen Geste seines Verbandes Stellung nehmen. Schon das Vorspiel zum hochbrisanten Aufeinandertreffen gleicht einem rabiat geführten Machtkampf zweier Systeme.

Von Javier Cáceres

Am Montag wurde im Pressesaal 2 des Internationalen Medienzentrums der Prolog zum politisch heikelsten Match der diesjährigen Fußball-WM geboten - die mediale Vorbesprechung der Partie zwischen den USA und Iran. Sollte das Spiel zwischen den Vertretungen der beiden zutiefst verfeindeten Mächte auf der Höhe der Pressekonferenzen vom Montag sein, so steht an diesem Dienstag im Duell um den Achtelfinaleinzug das vielleicht ruppigste Spiel der WM an.

Insbesondere die eigens entsandten Mitarbeiter der iranischen (Staats-)Medien ergriffen die Gelegenheit, den Spieß umzudrehen, als US-Trainer Gregg Berhalter im Saal erschien. Es gelüstete ihnen danach, Revanche dafür zu nehmen, dass vor allem angelsächsische Reporter die iranischen Fußballer in den vergangenen Wochen mit Fragen zu den Protesten in Iran gelöchert hatten. Dabei bekam auch der ehemalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann sein Fett weg.

Dem früheren deutschen Nationalspieler wurde im Grunde unterstellt, ein Soldat im Psychokrieg der USA gegen die Iraner zu sein. Klinsmann, der vor Jahren auch US-Trainer gewesen war, hatte sich vor wenigen Tagen in der BBC abfällig über die raubeinige Spielweise der Iraner geäußert ("das ist ihre Kultur"). Irans Nationaltrainer Carlos Queiroz und sein Verband straften Klinsmann dafür öffentlich ab - wobei Queiroz sich nach einer geharnischten Replik bei Twitter am Montag jedes weiteren Kommentars zu Klinsmann enthielt, der zwischenzeitlich erklärte, es sei alles aus dem Zusammenhang gerissen worden. "Ihr solltet Jürgen fragen", sagte US-Coach Gregg Berhalter, als er auf Klinsmann angesprochen wurde. Was man wohl verstehen musste, Berhalter hatte auch so genug zu tun.

"Ich bin nur ein Fußballtrainer, ich weiß zu wenig über Politik", sagt Gregg Berhalter

Zu Beginn der Medienbegegnung war Berhalter gefragt worden, auf wie groß er wohl den Anteil der Weltbevölkerung schätzen würde, der sich über eine US-Niederlage freuen würde. Am Wochenende war die Stimmung zwischen Iran und USA durch eine Solidarisierung des US-Verbands mit den Demonstrantinnen in Iran aufgeheizt worden: Die USSF entfernte in ihren sozialen Netzwerken das Symbol, das in der iranischen Fahne für das Wort "Allah" steht. Als Zeichen der Solidarität mit den protestierenden Frauen in Iran, hieß es zur Erklärung. Da waren die iranischen Journalisten im Grunde auf der Zinne wie neulich deren Kollegen von der Bild, als die Zeitung der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock vorwarf, für ein "gottloses" G-7-Treffen in Münster gesorgt zu haben, weil ein Kruzifix entfernt worden war. Es tue ihm leid, sagte der betreten dreinschauende US-Coach Berhalter. Es sei ohne sein Zutun geschehen. Auch das US State Department betonte, man habe damit nichts zu tun. "Manchmal geraten Dinge außer Kontrolle", sagte Berhalter.

Die Pressekonferenz von Iran-Coach Carlos Queiroz ist ähnlich bizarr

Das minderte die Lust der iranischen Medienvertreter auf Argumentation und Whataboutismus nicht im Geringsten. Berhalter ergab sich, als er gefragt wurde, was er davon halte, dass US-Bürger nach Iran reisen dürften, Iraner umgekehrt aber nicht in die USA. "Ich bin nur ein Fußballtrainer, ich weiß zu wenig über Politik", sagte der Coach. Kapitän Tyler Adams wiederum wurde gefragt, was er dabei empfinde, ein Land zu vertreten, in dem Schwarze diskriminiert würden - und es im Zuge der Black-Lives-Matter-Proteste zu Repression gekommen sei. Adams erklärte, dass in den USA in dieser Frage bei Weitem nicht alles in Ordnung sei, aber immerhin Anstrengungen unternommen würden, diese Probleme in den Griff zu bekommen. Peinlich ertappt fühlte er sich, als ihn ein zorniger Journalist darauf hinwies, dass sein Land "Iran" ausgesprochen werde, nicht "ai-Ran". Adams bat um Vergebung.

Die vorgeschaltete Pressekonferenz von Iran-Coach Carlos Queiroz war ähnlich bizarr gewesen - angefangen damit, dass es für den Portugiesen gleich drei Mal Applaus gab. Sie wäre fast in einem Eklat geendet. Am Ende protestierte eine Journalistin des US-Senders CBS lautstark dagegen, dass der Pressekonferenz-Leiter des Fußballweltverbandes Fifa keiner einzigen Frau das Wort erteilt hatte. Sie hätte eine Frage an Queiroz gehabt. Das brachte eine kleine Gruppe iranischer Journalisten in Wallung. Als es "no more questions!" hieß, schauten sie so feindselig, dass man meinen wollte, sie wären gern handgreiflich geworden.

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