Seit Jahren gibt es kaum ein größeres Stürmer-Schlitzohr im deutschen Frauenfußball als Inka Grings. Wegen vieler Verletzungen und einiger Querelen mit der Trainerin aber verpasste die gebürtige Düsseldorferin (92 Länderspiele/62 Tore) oft die großen Turniere. Beim EM-Sieg 2009 glänzte sie als Torschützenkönigin, ebenso in den Bundesliga-Spielzeiten 2008 bis 2010. Die WM 2011 aber erlebt die 32-Jährige vom FCR Duisburg bislang als Einwechsel- spielerin, was für sie unerwartet kam und auch eine ungewohnte Rolle ist. Vor der Vorrundenpartie um den Gruppensieg gegen Frankreich am Dienstag (20.45/ZDF) in Mönchengladbach wird klar, was Grings will: Sie will als Führungsspielerin auf dem Platz stehen.
Bisher nur Teilzeitkraft: Inka Grings (li.) kommt bei dieser WM bisher von der Bank.
(Foto: Bongarts/Getty Images)SZ: Frau Grings, man muss das ja fragen nach der knüppelharten Partie gegen Nigeria: Wo tut es noch weh?
Inka Grings: Es geht schon wieder. Nach dem Spiel hatten wir alle unsere Blessuren, aber dann schläft man eine Nacht drüber, und wir haben auch eine phantastische medizinische Versorgung.
SZ: Sie haben nicht mal einen kleinen Tape-Verband?
Grings: Ich bin froh, wenn ich mal keinen Verband und kein Tape brauche. Nein, es ist alles wieder gut.
SZ: Sie hatten vor dem Turnier die "bisher härteste WM" im Frauenfußball prognostiziert. An Tritte hatten Sie dabei eher nicht gedacht, oder?
Grings: Ich hatte eher ans Niveau gedacht, und es hat sich ja bisher auch bestätigt, dass die anderen Nationen aufgerüstet haben. Ich bin sehr positiv angetan von dieser WM, es sind fast alles knappe und spannende Spiele, das ist eine bessere Werbung für den Frauenfußball, als wenn die Spiele ständig 6:0 oder 7:0 ausgehen würden.
SZ: Dem deutschen Team hätten ein bisschen weniger Zittern und etwas mehr spielerische Überlegenheit allerdings gutgetan.
Grings: Wir sind immerhin mit zwei Siegen im Viertelfinale. Aber die Situation ist ungewohnt, keine Frage, weil gerade auf uns Deutschen bei dieser Heim-WM schon ein extremer Druck lastet. Aber ich sage immer: Solche Spiele wie gegen Nigeria musst du gewinnen, dann kannst du eigentlich nur Weltmeister werden. Jetzt freuen wir uns auf Frankreich, das ist ein sehr spielstarker Gegner. Und solche Mannschaften liegen uns mehr als Teams, die vor allem versuchen, zu zerstören.
SZ: Ihre ehemalige Duisburger Trainerin Martina Voss-Tecklenburg hat über Sie gesagt: Inka Grings hat wahnsinnig viel Energie, und wenn man es schafft, die zu kanalisieren, kommt etwas Gutes dabei raus. Wie kanalisiert man Energie, wenn man nicht in der Startelf steht?
Grings: Das ist gerade schwierig. Sehr schwierig. Ich war zuvor immer in der Startelf, jetzt aber nicht mehr. Ich versuche, mit der Situation klarzukommen, das gelingt mir auch ganz gut. Und ich werde jetzt im Training und bei den Spielanteilen, die ich bekomme, alles daran setzen, um mich der Trainerin anzubieten. Ich will spielen, ich bin da auch in einer anderen Position als andere Auswechselspielerinnen...
SZ: ...als eine, die nach Treffern zweitbeste Stürmerin der abgelaufenen Bundesliga-Saison und Torschützenkönigin der EM 2009 ist?
Grings: Als Stürmerin habe ich einen gesunden Egoismus. Ich nutze jetzt die Zeit, mich zu beweisen. Und wenn man reinkommt, in welcher Minute auch immer, dann will man sich natürlich noch mehr beweisen, als wenn man von Anfang an spielt.