WM 2011: Deutsches Team:Therapie für Lira Bajramaj

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So viel Talent - und nur 22 Minuten auf dem Platz: Die hochveranlagte Mittelfeldspielerin Lira Bajramaj erlebt die WM bislang als Enttäuschung. Im Spiel um den Gruppensieg gegen Frankreich könnten die Trainerinnen den Versuch unternehmen, sie richtig ins Turnier zu holen.

Kathrin Steinbichler, Düsseldorf

Der "Rheinlandsaal" im Erdgeschoss des deutschen Mannschaftshotels in Düsseldorf ist ein Ort für großes Kino. Dort - so wirbt in seiner Broschüre das Hotel, das sonst gerne für Tagungen und Kongresse gebucht wird - "ist alles möglich", und so hat sich die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft vor dem abschließenden Gruppenspiel am Dienstagabend gegen Frankreich (20.45 Uhr/ZDF) dessen vordere Hälfte zum Ort gewählt, um sich den Medien zu präsentieren.

"476 m2 für 2 - 525 Personen" stehen zur Verfügung, heißt es auf dem Schild vor dem Saal, und nun sitzt Ulrike Ballweg, die sonst zurückhaltende Assistenztrainerin der deutschen Elf, in den Lichtkegeln der Kameras auf dem Podium und soll erklären, welche Schwächen das deutsche Trainerteam bei den Gegnerinnen aus Frankreich entdeckt hat.

"Wenn man liest, was in den Medien geschrieben wird, dann sind die Französinnen unschlagbar und ein Topfavorit auf den Titel", sagt Ballweg sarkastisch und lässt einmal ihre Kiefermuskulatur spielen. "Aber wir haben da eine andere Meinung." Eine, die aber vor dem Spiel nicht verraten wird. Es wird ohnehin "viel zu viel geredet", sagt Ballweg, die der über der Aufstellung brütenden Bundestrainerin diesen Termin abgenommen hat.

Auch Ballweg bemüht sich, durch Worte zu vermitteln, was dem deutschen Spiel bei dieser WM trotz zweier knapper Siege bislang noch fehlt: Zweikampfstärke, Angriffslust, Selbstbewusstsein. "Wir wissen, wo wir die Französinnen packen können", sagt Ballweg, "und wir werden alles daran setzen, als Gruppensieger ins Viertelfinale zu gehen."

Den Gang hinunter, im etwas versteckter gelegenen Konferenzraum "Sokrates", empfängt in diesen Tagen die französische L'Équipe zum Pressetermin. Auf 115 Quadratmetern für bis zu 140 Personen, was der einzigen Fernsehkamera im Raum genügend Platz lässt. Frankreichs Nationaltrainer Bruno Bini, der wie eine amüsante Mischung aus Jean Paul Belmondo und Claude Brasseur wirkt, begrüßt das anwesende knappe Dutzend von Journalisten per Handschlag, dann wartet er mit Torhüterin Bérangèr Sapowicz und Verteidigerin Wendie Renard auf Fragen.

Frankreich führt nach zwei Siegen mit 5:0 Toren die Vorrundengruppe an und hat wie Deutschland bereits den Viertelfinal- einzug sicher. Ob Bini also schon weiß, wie er gegen Deutschland spielen will? "Die erste Priorität gilt dem Viertelfinale", antwortet Bini, "das ist es, woran ich schon jetzt denke." Aber gibt es eine Spielerin, die Frankreich bislang beeindruckt hat? Bini schweigt. Sapowicz hebt die Augenbrauen. Renard lächelt. Für eine Weile spricht keiner.

"Das soll nicht überheblich wirken", beginnt Bini schließlich, "aber wir sehen nur auf uns." Und Renard, mit 20 Jahren Frankreichs Jüngste und eine von zehn Spielerinnen im Kader, die vor der WM mit Olympique Lyon im Champions-League-Finale Turbine Potsdam 2:0 besiegt haben, erklärt: "In diesem Finale habe ich gegen eine der weltbesten Spielerinnen gespielt, gegen Bajramaj, aber... Man hat gesehen: Wir haben auch gute Spielerinnen."

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