Süddeutsche Zeitung

WM 2011: Birgit Prinz und Silvia Neid:"Das müssen wir untereinander regeln"

Die Frauen-Nationalelf kommt nicht zur Ruhe: Nun wirft Birgit Prinz ihrer Bundestrainerin mangelnde Kommunikation vor. Silvia Neid und ihre Betreuer sollen die enorme öffentliche Erwartungshaltung, die das Team hemmte, nicht optimal moderiert haben - auch im persönlichen Umgang gab es offenbar Probleme.

Kathrin Steinbichler, Frankfurt

In Deutschlands Frauenfußball-Hauptstadt, wie Frankfurt sich in diesen WM-Tagen gerne nennt, rüsten sich die verbliebenen Fans für das Endspiel am Sonntag. Im Radio werden noch Restkarten für das Finale in Sonderaktionen losgeschlagen, auch auf der Internet-Tauschbörse Ebay ist ein Ticket-Handel aufgekommen. So mancher, der auf einen WM-Abschluss mit der deutschen Frauenfußball-Nationalelf gesetzt hatte, hat nun offenbar etwas Besseres vor.

Auch Birgit Prinz hatte auf einen schönen WM-Abschluss mit den deutschen Fußballerinnen gehofft, doch der blieb der nun ehemaligen Spielführerin mit dem Viertelfinal-Aus verwehrt. Die 33-Jährige weiß noch nicht, ob sie am Sonntag in der Frankfurter Arena sein wird, sie weiß auch nicht, ob sie eine weitere Saison bei ihrem Bundesligaklub 1. FFC Frankfurt spielen wird, der seit vergangenem Montag seine Saisonvorbereitung aufgenommen hat.

Ohne die WM-Spielerinnen, versteht sich, die noch im verfrüht angetretenen Urlaub sind. Dafür mit der Bürde, eine Reihe schwer enttäuschter Spielerinnen bis zum Saisonbeginn am 21. August aufrichten zu müssen. Birgit Prinz aber hat sich immerhin soweit gefangen, dass sie über das frühe WM-Aus spricht und auch die Äußerungen von Bundestrainerin Silvia Neid ihrerseits mit Vorwürfen beantwortet.

Die Rekord-Nationalspielerin kritisierte Neid in verschiedenen Interviews wegen mangelnder Kommunikation ihr gegenüber und warf den Verantwortlichen vor, den gewaltigen Druck, der auf der WM und auf der Mannschaft gelastet habe, falsch eingeschätzt zu haben. Die Erwartungshaltung und das große Interesse rund um die WM seien von vornherein damit abgetan worden, dass das doch etwas Positives sei.

Ob das entscheidend für das Ausscheiden sei, wisse sie nicht, aber die Spielerinnen hätten professionellere Unterstützung gebrauchen können, die offenbar vom Teampsychologen nicht kam. "Es gibt dafür viele Gründe, der Druck war einer davon. Das Druckthema ist ja erst eins geworden, nachdem ich es auf der Pressekonferenz angesprochen habe. Vorher hieß es ja intern, etwas überspitzt formuliert: Wir haben keinen Druck, alles ist super." So aber hätte es die Mannschaft nicht empfunden.

Der Umgang zwischen Spielführerin und Bundestrainerin sei auch nicht optimal gewesen. "Nach meiner Pressekonferenz haben die Bundestrainerin und ich nicht mehr wirklich miteinander gesprochen", sagte Prinz: "Ich wollte einfach nur offen damit umgehen, dass mir der Druck zwischenzeitlich zu groß wurde. Es war schade, dass das am Ende als Grund benutzt wurde, um mich nicht mehr aufzustellen." Die Bundestrainerin hätte sich zudem "klarer zu mir oder klarer gegen mich positionieren müssen", meinte Prinz: "Sie hat sich einerseits zu mir gestellt, aber andererseits durch die Auswechslungen gleichzeitig wieder zum Abschuss freigegeben."

Dass Neid Details aus den Zwiegesprächen öffentlich gemacht hatte, "da war ich auch nicht glücklich darüber", sagte Prinz. "Aber das müssen wir zwei jetzt untereinander regeln." Sie wolle mit Neid "bestimmt das Gespräch suchen, wenn etwas Gras über die Sache gewachsen ist und wieder etwas Ruhe drinnen ist".

Zu Wochenbeginn hatte Silvia Neid nach heftiger öffentlicher Kritik selbst davon gesprochen, nach dem Schock des frühen Ausscheidens bei der WM erst nachdenken zu müssen und "alles, auch mich selbst" infrage stellen zu wollen. Kurz darauf aber beendeten Neid und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Diskussionen um einen möglichen Rücktritt. Nach einem Gespräch in der Verbandszentrale bestätigte Neid, ihren noch vor der WM bis 2016 verlängerten Vertrag erfüllen zu wollen. Zur Ruhe kommt die Frauen-Nationalmannschaft dennoch nicht.

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Quelle:
SZ vom 16.07.2011/jbe
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