Süddeutsche Zeitung

WM 2010: Vuvuzela:Ausgetrötet

Die Vuvuzela, das Symbol der ersten afrikanischen WM, durchleidet einen erheblichen Preissturz. Selbst eine Kugel Eis kostet inzwischen mehr als die Tröte.

Thomas Hummel, Johannesburg

So ein Straßenhändler in Johannesburg besticht durch seine Ausdauer und Zähigkeit. Jeden Tag legt er seine Decken auf den Gehweg und reiht seine Makarapas, seine Figuren aus Draht, seine Vuvuzelas aneinander. Dabei läuft das Geschäft längst nicht mehr wie gewünscht, einmal Reinpusten in seine Vuvuzelas hinterlässt inzwischen einen Staubrand um die Lippen.

Dennoch ist der Mann ein gewieftes Kerlchen, er versucht mit einem Schlag das Geschäft des Tages zu machen. Was kostet denn die angestaubte Vuvuzela? "For you, my friend, it's 150 Rand." 15,40 Euro, Spezialpreis, versteht sich. Dass die gleiche Tröte zehn Minuten die Straße runter im Laden nur noch 50 Rand kostet, hat er offensichtlich nicht mitgekriegt.

Das Symbol der ersten afrikanischen WM durchleidet in seinem Heimatland einen erheblichen Preissturz. Zuletzt hat eine Supermarkt-Kette in Johannesburg die Dinger für 25 Rand feilgeboten. Ein Spottpreis. So viel kostet am berühmten Waterfront-Hafen in Kapstadt eine Kugel Eis.

Nun gut, die Kugel Eis hier und die verstaubte Vuvuzela dort sind nur mäßig vergleichbar, weil die Menschen, die am viktorianischen Hafen in Kapstadt am Sonntag spazieren gehen, im Binnenvergleich einen Haufen Geld in der Tasche haben. Das weiß übrigens auch der Weltverband Fifa und hat deshalb genau dort ein Verkaufszelt hingestellt.

Am Tag nach dem verstörenden 4:0 der Deutschen gegen Argentinien ist das Zelt gerammelt voll. An den vier Kassen bilden sich Schlangen, der Rand rollt. Dabei ist die Fifa bei einigen Artikeln in etwa so preisflexibel wie der Händler auf Jo'burgs Straßen. Die Polohemden der Teilnehmer Argentinien und England kosten auch an diesem Tag noch sagenhafte 495 Rand, was in Nicht-WM-Zeiten einem Flug von Johannesburg nach Kapstadt entspricht. Na gut, kann man einwenden, vielleicht hatte der Verkaufsleiter in der vergangenen Woche Urlaub. Direkt neben dem Eingang aber stehen etwa 40 Vuvuzelas mit der absurden Aufschrift "ITALIA". Für 74,10 Rand.

Dabei nähert sich der Wert der Tröte sogar ohne "ITALIA" bei Lichte besehen der 1-Rand-Marke. Draußen vor dem Fifa-Zelt gab die südafrikanische Musikgruppe Hot Water ein Sonntagskonzert und lud bei der ersten Zugabe einen umstehenden Ordner ein, das Lied mit seiner Vuvuzela zu begleiten. "Bitte, zeig uns, wie die Vuvuzela klingt", sagte der Sänger freundlich, um dann sehr unfreundlich anzumerken: "Aber komm ja nicht in die Nähe eines Mikrofons damit oder ich bring dich um." Der Ordner warf ein paar verkümmerte Trööts in die Runde und verschwand wieder.

Vielleicht schwenken die Südafrikaner ja bald auf die Radikalmeinung eines Rudi Völler um. Der hat bereits nach einem WM-Spiel gedroht: "Also bei uns in Leverkusen wird jeder eingesperrt, der mit einer Vuvuzela auftaucht. Der bekommt Stadionverbot."

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