WM 2010: Miroslav Klose:Dank dem Stürmerflüsterer

Bundestrainer Löw hält am formschwachen Miroslav Klose fest - der zahlt mit seinem 50. Länderspieltor im 99. Spiel zurück und liegt nun gleichauf mit einer brasilianischen Legende. Ob Bayern-Trainer Louis van Gaal ihn wiedererkannt hätte?

Andreas Burkert

Louis van Gaal wird zugesehen haben, ganz sicher hat er das, van Gaal schaut sich ja mit seiner Truus wirklich jedes Fußballspiel an, das ihm das Fernsehprogramm anbietet. Ob er aber Miroslav Klose gleich erkannt hat?

WM 2010: Miroslav Klose: Sieht aus wie Abseits - ist aber laut Regelwerk keines: Die beiden deutschen Spieler (darunter Miroslav Klose, der spätere Torschütze zum 1:0) dürfen sich beim Abschlag von Torwart Manuel Neuer in der dunkel markierten Zone befinden.

Sieht aus wie Abseits - ist aber laut Regelwerk keines: Die beiden deutschen Spieler (darunter Miroslav Klose, der spätere Torschütze zum 1:0) dürfen sich beim Abschlag von Torwart Manuel Neuer in der dunkel markierten Zone befinden.

(Foto: Screenshot: SZ)

Denn dieser Miroslav Klose hier im Stadion von Bloemfontein hatte ja doch ziemlich wenig mit jenem Klose zu tun, den der Münchner Vereinstrainer van Gaal im Frühjahr beim FC Bayern beaufsichtigt und den er für, nun ja, für nicht gut genug befunden hatte - zumindest als nicht gut genug für seine Münchner Startelf.

Nur drei Spiele hat dieser Miroslav Klose, 32, in der Bundesliga-Rückrunde von Beginn an bestritten, ansonsten wurde er nur eingewechselt, in der 80. Minute, in der 71. oder in der 78. Miroslav Klose malte dann manchmal noch rasch seltsame Laufwege auf den Bundesligarasen, so sind letztlich nur drei Saisontore bei ihm zusammengekommen.

Ungeheuerlicher Willen

Das alles musste man natürlich wissen, als man Miroslav Klose am Sonntag gegen die Engländer zusah. Denn in der ersten halben Stunde, in der die Deutschen trotz manchem Latten- und sonstigem Wackler rund um die Halbzeitpause den Grundstein legten für den triumphalen Einzug ins Viertelfinale, in diesen gut 30 Minuten spielte er begeisternd wie lange nicht mehr.

Wie sich der deutsche Mittelstürmer nach Neuers weitem Abschlag durchsetzte auf seinem Weg zum 1:0, wie er weitaus mehr Instinkt bewies als Englands taumelnder Abwehrchef Terry und wie er sein Höllentempo auf der Jagd nach dem Ball beibehielt, als Upson rempelte, an ihm zog und zupfte, und wie er dann nach einem Haken im Grätschschritt den Außenrist hinhielt zum Führungstor - das zeugte von jenem ungeheuerlichen Behauptungswillen, der den Musterprofi Klose auszeichnet.

Als Miroslav Klose hinterher darüber reden sollte, kratzte er sich verlegen hinterm Ohr, "ich habe spekuliert und es umgesetzt", sagte er.

Stürmer Nummer eins

Niemals zweifele er an sich, das hatte Klose neulich erzählt, nachdem er beim Auftakt gegen Australien ein Tor beigesteuert und damit das manchmal bis an Sturheit grenzende Vertrauen des Bundestrainers Löw gerechtfertigt hatte. Dabei hätten es ja durchaus ein, zwei Tore mehr sein können beim stimmungsvollen Start der Deutschen, und als Klose dann gegen Serbien nach zwei diskutablen Foulspielen Gelb-Rot sah, wurde schon wieder an ihm gezweifelt.

Doch seit Sonntag wird niemand mehr seine Stellung als Stürmer Nummer eins in Frage stellen. An allen wichtigen Szenen ist Klose anfangs beteiligt gewesen, vor dem 2:0 verdingte er sich sogar als Anspielstation an der Mittellinie - welche den Tor-Assistenten Müller auf die Reise schickte, mit einem einzigen, klugen Ballkontakt. Kurz zuvor hatte Müller nach einem Doppelpass mit Khedira den Kollegen Klose eingesetzt, und Englands Keeper James parierte, ausnahmsweise.

Nicht nur physisch

Wem Klose nun besonders dankt, das ist bei seiner Auswechslung nach 72 Minuten wieder gut zu erkennen gewesen: Klose schloss Löw kurz, aber sehr, sehr fest in die Arme. Und beim Bundestrainer muss es sich ja wohl wirklich um einen Stürmerflüsterer handeln, wie das zweite Sorgenkind Podolski hat er auch Klose wieder in Form gebracht, nicht nur physisch.

An Kloses professioneller Einstellung zweifelt ohnehin niemand, so hat er in den Ferien häufiger den persönlichen Fitnesstrainer dabei. Und als Klose im Herbst, van Gaal dürfte sich daran noch erinnern, nach eigenem Empfinden nicht gut in Schuss war wegen einer Verletzung - zog er sich einfach aus dem Spielbetrieb für knapp zwei Wochen zurück und beschied, er lege jetzt erst mal Sonderschichten im Training ein.

Zwölf Tore, wie Pelé

Gut, beim FC Bayern hat das nicht mehr wirklich viel an seinem Status geändert (obwohl sein Kopfballtor zum 1:1 in Mönchengladbach als Tor zur Meisterschaft gilt). Aber nun werden vielleicht auch in München die Karten neu gemischt, wo van Gaal künftig weiter auf einen Stoßstürmer setzt.

Klose hat ja nun auch wirklich etwas vorzuweisen, im 99. Länderspiel ist ihm sein 50. Tor gelungen, womit er national auf Rang drei liegt hinter Gerd Müller (62 Spiele/68 Tore) und Joachim Streich (102/55). Mit seinem zwölften WM-Tor zog Klose zudem mit einem gewissen Pelé auf Platz vier der internationalen Rangliste gleich, Platz eins belegt hier Ronaldo mit 15 Treffern zwischen 1998 und 2006. Drei Tore Rückstand, für den Klose aus Bloemfontein ist das eher nicht die Welt.

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