WM 2010: DFB-Team:Diese Männer braucht das Land

Bundespräsident Wulff kündigt das Bundesverdienstkreuz für Löw an, Zwanziger redet schon wie Wulff, und der Bundestrainer schweigt weiter zur Zukunft: Die Abschluss-Pressekonferenz des DFB-Teams gleicht einem Staatsakt.

Thomas Hummel

Das Velmore Grande Hotel kann den 11. Juli 2010 Schwarz-Rot-Gold einrahmen. Denn es darf mit Recht behaupten, dass es an diesem Tag die wichtigsten Männer beherbergte, die Deutschland in diesem Sommer zu bieten hatte. Den wichtigsten: Bundestrainer Joachim Löw. Den zweitwichtigsten: Kapitän Philipp Lahm. An dritter Stelle: Ko-Kapitän Bastian Schweinsteiger. In der Mitte des Podiums, aber hierarchisch mit einigem Abstand folgte Bundespräsident Christian Wulff. Als Beiwerk saß DFB-Chef Theo Zwanziger dabei.

Da hätte nur noch Lena Meyer-Landrut gefehlt, dann wären alle Deutschen, die in diesem Jahr für nationales Aufsehen sorgten, zusammen. Doch die 19-Jährige hatte vor einem Monat verlautbart: "Für mich ist Fußball nicht so wichtig." Womit sie für diesen Anlass ausschied.

Der letzte öffentliche Termin des Deutschen Fußball-Bundes in Südafrika, er hatte etwas von einem Staatsakt. Wulff begann mit tragenden Worten: "Unser Land kann dankbar sein für diese Mannschaft", weil sie füreinander gespielt habe statt miteinander und weil "viele in der Welt beeindruckt waren" ob der Leistungen auf dem Platz.

Löw will erstmal Ruhe

Dann hob der neue Bundespräsident an, dass er mit der Erlaubnis von Zwanziger (die Regularien sind schließlich einzuhalten!) der Mannschaft gerne im Schloss Bellevue das Silberne Lorbeerblatt als höchste sportliche Auszeichnung in Deutschland überreichen würde. Außerdem Herrn Joachim Löw den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Wie er die Mannschaft zusammengestellt, motiviert, die Ausfälle ausgeglichen habe, da habe er seine Qualitäten als Trainer bewiesen, lobte Wulff. "Ich hoffe, Sie wissen, dass man in Deutschland weiß, welche Verdienste sie erworben haben", schloss der Bundespräsident. Was als kleiner Hinweise zu verstehen war, dass in der Heimat weniger als 0,5 Prozent der Bevölkerung derzeit dagegen sind, Löws Vertrag noch heute zu verlängern.

Womit das Licht auf ein Thema gelenkt wurde, welches die Fußballnation mehr als alles andere beschäftigt. Macht Löw weiter? Der Befragte antwortete darauf, wie er immer geantwortet hat in den vergangenen Wochen: "Ich habe dieses Thema absolut beiseite geschoben", sagte der 50-Jährige, "und so wie ich mich kenne, brauche ich jetzt erst einmal ein paar Tage der Ruhe." Bei seinem Vorgänger Jürgen Klinsmann sei schon während des Turniers 2006 der Entschluss gereift, zurückzutreten, doch ihn habe diese Reise nach Südafrika zu sehr in Anspruch genommen.

Ob es wirklich völlig offen sei, dass Löw beim nächsten Test-Länderspiel in Kopenhagen die DFB-Elf befehligt? Löws Reaktion ließ darauf schließen, dass es tatsächlich noch keine Tendenz gibt. Er müsse sich nun von der Anstrengung des Turniers erholen, um dann zu spüren, "ob ich noch einmal neue Visionen habe, neue Kraft, um die Mannschaft weiterzubringen".

Immerhin hat sich Joachim Löw nach diesem teils fulminanten Turnier für den DFB in die Lage versetzt, selbst über seine Zukunft entscheiden zu können. Er sei "enorm stolz auf die Spieler, die unglaublich intensiv und hart gearbeitet" habe. Er sprach von einer "emotionalen Intelligenz", mit welcher der Spielerrat die Mannschaft kommunikativ angeleitet habe. Die Mannschaft habe "ein weltmeisterliches Turnier gespielt, auch wenn wir den ganz großen Coup verpasst haben". Die Spielfreude und die Spielkunst, mit der seine Elf spielte, habe Bewunderung in der ganzen Welt erhalten. "Die Mannschaft hat alles abgerufen, was möglich war."

Ratschläge für Berlin

Präsident Theo Zwanziger, mit dem sich der DFB-Trainerstab vor einigen Monaten bitter überworfen hatte, ist da in einer wesentlich schwächeren Position. Es sieht danach aus, als müsste er im Zweifel die Vorstellungen von Löws Betreuerteam diesmal umsetzen, selbst wenn ihm diese als exorbitant hoch erscheinen würden. Im Vemore Grande reagierte er deshalb staatstragend unverbindlich. "Wir werden in den kommenden Wochen Gespräche führen, damit das Team weiterhin bestens geführt wird." Ob er denn sein Schicksal mit dem von Bundestrainer Löw verbinde, schließlich folge im Herbst ein DFB-Bundestag, in dem auch Zwanziger zur Wahl steht. "Nein, das schließe ich aus."

Während dem DFB-Bundestag eine durchaus rege Debatte bevorstehen könnte, hatte Bundespräsident Wulff für den vom Volk gewählten Bundestag sowie für die Regierungskoalition in Berlin noch einen Ratschlag: "Ich hoffe, es waren von dort ein paar Scouts da, die zu Hause mitteilen, wie miteinander umgegangen wird." Der eine oder andere habe sich vielleicht abgeguckt, wie hier jeder seine Position ausfüllte und dennoch teamfähig war. Und falls das nicht so sei, können die Herren Lahm und Schweinsteiger ja gleich ganz die Brance wechseln. Er habe ihre klugen Interviews gehört, sagte Wulff, die könnten auch von einem Politiker sein.

Vielleicht wird man irgendwann sagen, dass dieser 11. Juli im Vemore Grande Hotel in der südafrikanischen Steppe nicht nur den Werdegang der Nationalmannschaft, sondern auch den Werdegang der Bundesrepublik Deutschland entscheidend mitgestaltet hat.

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