WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Der Kapitän und sein Seebär

Schweinsteiger gibt beim 3:2 gegen Uruguay den sicheren Ersatz-Lahm, Mertesacker ruht wie in der Hafenbar, Friedrich ist fast ein Torjäger und Müller bleibt anarchistisch. Die deutsche Elf in der Einzelkritik.

Thomas Hummel

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WM 2010: Uruguay - Deutschland

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Schweinsteiger gibt beim 3:2 gegen Uruguay den sicheren Ersatz-Lahm, Mertesacker ruht wie in der Hafenbar, Friedrich ist fast ein Torjäger und Müller bleibt anarchistisch. Die deutsche Elf in der Einzelkritik.

Jörg Butt (Bayern München)

Der Abschluss eines formidablen Spieljahres für Jörg Butt. Weil bei Tim Wiese sich ein Schleimbeutel im Knie entzündete, kam der 36-Jährige aus Oldenburg zu seinem ersten Länderspiel seit vier Jahren. Klagte nach 25 Minuten über Druckstellen am Spann, so viele Bälle musste er durch den Regen nach vorne jagen. Bei den Gegentoren ohne Chance. Musste im Gegenteil einige Male für seine an diesem Abend von Port Elizabeth schläfrige Verteidigung retten.

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Jerome Boateng (Hamburger SV)

Phillip Lahm beschwert sich bisweilen, dass es seinem Spiel nicht zuträglich sei, wenn er ständig vom Posten links hinten auf den Posten rechts hinten und wieder zurück wechseln muss. Nun, Jerome Boateng verteidigte nun vier Partien links, und weil Lahm diesmal wegen Grippe ausfiel, ging er nun kommentarlos auf Rechts. Spielte dort genauso wie auf der anderen Seite: zumeist Sieger im Zweikampf, zumeist schöne Pässe aus der Abwehr heraus, schlug eine wunderbare Flanke zum 2:2. Doch hier und da streute er Unsicherheiten ein, Stellungsfehler. Hatte bisweilen große Probleme mit Cavani. Warum? Frag' nach bei Lahm.

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Per Mertesacker (Werder Bremen)

Hat irgendwann einmal jemand behauptet, dieser Per Mertesacker wäre ein Sicherheitsrisiko in der deutschen Abwehr? Das muss Jahre her sein. Seit dem Pausenpfiff gegen Ghana wieder der grundsolide Stratege in der Abwehr, mit der Ruhe eines Seebären nach dem vierten Pils in der Hafenbar. Konnte aber auch mit dieser Ruhe nicht verhindern, dass seine Abwehr bei den Kontern Uruguays häufig die Orientierung verlor.

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Arne Friedrich (Hertha BSC)

Jetzt aber halblang, Mister Fridrick (wie der Kollege aus Südafrika ihn aussprach)! Es reicht schon, nun als ausgewiesener Weltklasse-Innenverteidiger zu gelten. Dann wäre Friedrich nach 16 Minuten auch noch fast zum Torjäger aufgestiegen: Nur die Latte verhinderte sein zweites Länderspiel-Tor nach dem 3:0 gegen Argentinien. Hinten wie immer stark im Zweikampf, auch wenn er bei den Angriffen Uruguays diesmal bisweilen am falschen Ort stand. Verantwortlich für einige Lücken, die an die Lücken in der Abwehr von Hertha BSC erinnerten.

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Dennis Aogo (Hamburger SV)

Löw hatte vorher verlautbart: Deutschland habe noch viele gute Spieler, die man in Südafrika noch gar nicht gesehen habe. Dennis Aogo zum Beispiel. Nun sah Südafrika Dennis Aogo, und wusste bald, warum Löw den Hamburger bislang dem Publikum vorenthalten hatte. Führte sich mit einem schlimmen Foul ein, bemühte sich danach, zusammen mit Jansen über links nach vorne zu spielen, offenbarte aber in diesem Bemühen viele Schwachpunkte.

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Bastian Schweinsteiger (Bayern München)

Durfte endlich Kapitän sein, hatte dann aber das Pech, Fifa-Chef Sepp Blatter seine Mannschaft vorstellen zu müssen. Wer will schon Sepp Blatter jemanden vorstellen? Begann wie gewohnt als König des Mittelfelds, unverwundbar im Zweikampf. Bereitete dann auch das 1:0 mit einem Gewaltschuss vor. Doch dann, hoppla, was war das? Ereilte ihn der Übermut? Irritierte ihn der Regen? Er verlor den Ball gegen Perez und der folgende Konter führte zum 1:1. Verlor auch anschließend mehr Bälle im Mittelfeld als bisher im Jahr 2010 zusammen. Ob es an der Binde lag? Oder etwa an Joseph Blatter?

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Sami Khedira (VfB Stuttgart)

Fiel ein wenig ab von seinen Leistungen zuvor bei diesem Turnier. Aber was heißt das schon? Hatte sich zuvor in die Reihe der besten Mittelfeldspieler auf diesem Globus gespielt. Hielt auch diesmal die deutsche Zentrale halbwegs zusammen, auch wenn seine Wege nicht mehr so endlos waren wie noch gegen England und Argentinien. Belohnte sich mit dem 3:2 selbst für eine herausragende WM-Leistung.

Uruguay v Germany: 2010 FIFA World Cup - Third Place Play-off

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Thomas Müller (Bayern München)

Endlich spielte Müller wieder! Im Halbfinale vermisst, gab er zu Beginn gleich den gewohnten Angriffs-Anarcho. Schoss den Ball schon nach drei Minuten ins Tor, stand da aber vorher abseits. Als Torwart Muslera den Gewaltschuss von Schweinsteiger abprallen ließ, hätte kein Buchmacher auf dieser Welt eine Wette darauf angenommen, dass Müller genau dort steht, wo der Ball hinrollt. Müller stand natürlich genau dort und machte sein fünftes WM-Tor. Nahm sich dann aber lange Verschnaufpausen. Von was er sich nur erholen musste?

WM 2010: Uruguay - Deutschland

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Mesut Özil (Werder Bremen)

Wer die Brillanz in seinen Füßen noch nicht kannte, der sah sie auch in diesem Spiel. Hin und wieder gelang dem 21-Jährigen ein Pässchen, dass Fußball-Ästheten den Atem anhielten. Aber gerade ihm sah man an, dass nur noch 70 Prozent Leistungskraft in seinem Körper und Kopf übriggeblieben war nach diesem emotionalen Turnier. Schaffte es aber auf wundersame Weise, sich nach dem Rückstand wieder auf 90 Prozent hochzuziehen und dirigierte wieder einmal auf diese wunderbare Özil-Art die deutsche Offensive.

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Marcell Jansen (Hamburger SV)

Erster Auftritt von Beginn an, weil auch Podolski an der Grippe litt. Merklich bemüht, wollte dem Bundestrainer und dem ganzen Fußballland beweisen, was er alles drauf hat. Das Bemühen mündete manchmal in schönen Angriffen über den linken Flügel, manchmal in einem Anflug von Übereifer, der zu hektischen Aktionen führte. Brachte seine Elf nach dem Rückstand zurück ins Spiel, als er die Boateng-Flanke ins Netz köpfte.

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Cacau (VfB Stuttgart)

Was man noch nicht wusste: Hat beim Einbürgerungstest, den er im Februar 2009 ordnungsgemäß ablegte, offenbar den Text der deutschen Hymne gelernt. Sang das ganze Lied. Durfte zum zweiten Mal für Miroslav Klose beginnen, weil dieser wegen einer Rückenblessur ausfiel. Versuchte, wie immer zu wuseln, zu stören, zu zweikämpfen, zu kombinieren mit den Mitspielern. Doch vieles bleibt nicht hängen von diesem zwölften Länderspiel von Cacau.

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Stefan Kießling (Bayer Leverkusen)

Endlich Kießling! Alle, die an die Aussagekraft der Bundesliga glauben, forderten schon lange diesen Kießling. War mit 21 Treffern in der vergangenen Saison mit Abstand bester WM-Stürmer. Kam nach 74 Minuten, hatte nach 120 WM-Sekunden eine schöne Szene, als er per Übersteiger Uruguays Abwehr narrte und nur an Torwart Muslera scheiterte. Vergab drei Minuten vor Schluss alleinstehend das 4:2.

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Toni Kroos (Bayer Leverkusen)

Fügte sich wie immer tadellos ein ins deutsche Spiel.

WM 2010 - Deutschland Training

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Serdar Tasci (VfB Stuttgart)

Kam für Özil auf das Feld als Dankeschön für viele Wochen stiller Trainingsarbeit. Durfte 120 Sekunden WM-Luft schnuppern, wie es so schön heißt. Und durfte noch Forlans Lattenfreistoß aus nächster Nähe bewundern.

© sueddeutsche.de
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