WM 2010: Aus für Kuranyi:Keine treffsichere Verbindung

Die WM-Absage an Kevin Kuranyi wird dem Bundestrainer bei Misserfolgen um die Ohren fliegen. Doch aus Löws Sicht ist es die richtige Entscheidung.

Thomas Hummel

Der 33. Spieltag hat für Bundestrainer Joachim Löw einen idealen Verlauf genommen, um sich eines der heikelsten Themas entledigen zu können. Er musste ja schon bangen, dass er am kommenden Donnerstag bei der Benennung seines erweiterten Kaders für die WM in Südafrika Kevin Kuranyi ausladen würde, und dieser Kevin Kuranyi zwei Tage später den FC Schalke 04 zur Meisterschaft schießt. Das wäre nun wirklich schwer zu erklären gewesen und hätte dem Bundestrainer Löw einigen Ärger bereitet.

Kevin Kuranyi Reuters

Kevin Kuranyi darf nicht mit zur WM.

(Foto: Foto: Reuters)

Nun aber hat es sich gefügt, dass der 28-jährige Stürmer samt seines Teams gegen Werder Bremen (0:2) verlor und ein königsblauer Jubelrausch im Ruhrpott ausbleiben wird. Drei Punkte und 17 Tore Rückstand auf die Bayern sind zu viel. Außerdem hat der Kandidat zum vierten Mal in Folge kein Tor erzielt, die Dynamik der Pro-Kuranyi-Welle im Land der Fußball-Lichtgestalten nahm in dieser Zeit merklich ab und so nutzte Löw die Möglichkeit: Er sagte dem Stürmer erst persönlich und dann öffentlich ab. Eine Entscheidung, die er wohl schon vor drei Wochen getroffen hatte, als sich der DFB-Trainer- und Betreuerstab in einem Hotel in Baiersbronn im Schwarzwald zurückgezogen und einen WM-Plan entworfen hatte.

Es ist eine durchaus mutige Entscheidung, die der Bundestrainer da nun preisgibt. Eine, die ihm um die Ohren fliegt, falls seine Stürmer in Südafrika nichts zustande bringen. Vor allem, wenn die von ihm sehr geförderten Miroslav Klose und Lukas Podolski auf dem Niveau weiterspielen, das sie über weite Strecken in der Bundesliga zeigten. Die Zahlen alleine genügen als Anklage: Kuranyi: 18 Tore, Klose: drei Tore, Podolski: zwei Tore. Und auch Stefan Kießling, 21 Tore, hat seine Nominierung ja noch keineswegs sicher.

Doch es ist aus Löws Sicht die richtige Entscheidung. Ein Trainer muss einem Spieler vertrauen, der Spieler muss das Vertrauen spüren, nur so kann eine fruchtbare, im Stürmersinne treffsichere Verbindung entstehen. Vor allem bei der durchaus sensiblen Seele des Kevin Kuranyi. Und Löw vertraut eben anderen mehr als dem Schalker.

Das hat wohl tatsächlich nichts mit dessen berühmter Stadionflucht zur Halbzeitpause eines wichtigen WM-Qualifikationsspiels zu tun. Sondern eher damit, dass Kuranyi in der Nationalmannschaft weder unter Klinsmann noch unter Löw je Entscheidendes gelang. Dass Kuranyi Probleme im Kombinationsspiel hat und Löw gerne mit Stürmern arbeitet, die das Kombinationsspiel beherrschen. Um diese Vorbehalte zu entkräften, hätte Kuranyi nichts weniger geholfen, als wenn er Schalke mit Toren am Fließband zur Meisterschaft geschossen hätte.

Am Kader-Nominierungs-Donnerstag sind im Mercedes-Benz-Museum nun kaum noch Überraschungen zu erwarten. Zumindest nicht in der Offensive: Löw glaubt, dass er in der WM-Vorbereitung seine Lieblingsschüler Klose und Podolski an ihre Leistungsgrenze trainieren kann, er wird einen neuen Anlauf mit Mario Gomez unternehmen. Dazu dürfen wohl Cacau und Stefan Kießling die erste Trainingsphase mitmachen, einer von den beiden dürfte auch nach Südafrika reisen. Vier Stürmer, dazu die sehr angriffslustigen Mittelfeld-Kräfte Thomas Müller, Marko Marin und Mesut Özil - so könnte die deutsche WM-Offensive aussehen.

Für Kevin Kuranyi bleibt da wie bei der WM 2006 nur der Platz vor dem Fernseher. Er gesteht, darüber "sehr traurig" zu sein. Und er reiht sich damit nahtlos in das Schicksal seines Vereins Schalke 04 ein, der zuletzt ein Talent dafür entwickelte, knapp zu scheitern. Man könnte auch sagen: Kevin Kuranyi ist in diesem Jahr definitiv der "Stürmer der Herzen".

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