WM 2010: Aus für Adler:Warten auf die Nummer 1

René Adler ist verletzt, nun sprießen die Spekulationen um die deutsche Nummer eins bei der WM in Südafrika. Rückt Neuer nach oder kommt doch der alte Mann aus Stuttgart?

Thomas Hummel

Natürlich musste sich nun auch Sepp Maier äußern zu dem Dilemma um die deutsche Nummer eins. Er selbst begründete ja eine Torwart-Epoche, 14 Jahre lang war Sepp Maier die letzte deutsche Versicherung auf dem Fußballfeld. Noch einmal 16 Jahre lang trainierte er dann seine Nachfolger in der Nationalmannschaft - bis ihn Jürgen Klinsmann vor der WM 2006 vor die Tür setzte, weil der Bayer aus Anzing den Torwart des FC Bayern, Oliver Kahn, zu sehr dem Kontrahenten Jens Lehmann vorgezogen hatte.

Rene Adler WM absage Reuters

René Adler.

(Foto: Foto: Reuters)

Nun hat also Sepp Maier seine Worte zum Ausfall von René Adler für die WM in Südafrika kundgetan. Im SWR-Radio sagte der 66-Jährige: Er lehne eine Rückkehr von Jens Lehmann ab, dieser "hat jetzt seinen Rücktritt bekanntgegeben und irgendwann muss Schluss sein."

Dass Sepp Maier Stellung beziehen, würde gegen den Klinsmann/Löw-Günstling von 2006 war zu erwarten. Lehmann hat sich in seiner streitbaren Karriere einige Feinde gemacht, vor allem beim FC Bayern. Doch wie denkt Bundestrainer Joachim Löw nun über Jens Lehmann? Nun, da ihm René Adler, den er vor nicht einmal zwei Monaten zum Stammtorhüter der WM ernannt hatte, ausfällt?

Adler teilte dem Bundestrainer am Dienstagmorgen mit, dass er aufgrund eines Rippenbruchs auf die WM verzichten müsse. Der 25-Jährige von Bayer Leverkusen nannte es "die schwierigste Entscheidung meines Lebens". Die Schmerzen seien so erheblich gewesen, " dass ich auf Dauer sowohl im Training als auch in den Spielen keine Bestleistung hätte bringen können". Sein Berater Jörg Neubauer sagte dem Sport-Informations-Dienst (SID), "Rene war brutal enttäuscht, denn er wäre ja als Nummer eins nach Südafrika gefahren. Da ist eine solche Diagnose natürlich ein Schock."

Der Bundestrainer will sich nun mit seinem Trainerteam beraten, "wer als weiterer Torhüter mit nach Südafrika fährt" und dies am Donnerstag bei der Vorstellung des vorläufigen WM-Kaders in Stuttgart bekannt geben, ließ der 50-Jährige über den Deutschen Fußball-Bund (DFB) verlauten. Zu einzelnen Kandidaten sagte Löw nichts, der Begriff "weiterer Torwart" kann aber darauf schließen lassen, dass er nicht sogleich an Jens Lehmann dachte. Denn als "weiterer Torwart" wird Lehmann nicht in den Airbus 380 nach Johannesburg steigen. Wenn, dann nur als DER Torwart.

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Logische Wahl: Butt?

Eine Nummer drei Jens Lehmann ist bei dessen äußerst ehrgeiziger Grundhaltung fast unvorstellbar. Der 40-Jährige glaubt, dass er immer noch der beste deutsche Torhüter ist, nach der Rückrunde beim VfB Stuttgart geben ihm auch viele Experten in dieser Einschätzung recht. Und dass er einen Bewusstseinswandel durchmacht wie Oliver Kahn vor der WM 2006, als dieser die Reservistenrolle annahm, gilt als unwahrscheinlich.

Lehmann würde es sich bestimmt ohne Einschränkung zutrauen, noch eine WM zu spielen. Am Dienstag wurde er in Stuttgart zwischen zwei Trainingseinheiten zu Adlers Ausfall befragt und sagte: "Dazu möchte ich nichts sagen." Nach Absage klang das nicht. Sein VfB-Trainer Christian Gross hatte aber schon vor zwei Wochen erklärt: "Jens Lehmann hat das Thema Nationalmannschaft nie ganz abgeschlossen."

Ob Löw und sein Torwarttrainer Andreas Köpke tatsächlich mit dem Gedanken spielen, Lehmann vor seinem Karriereende noch einmal zur Nummer eins zu machen? Jedenfalls öffnete sich mit der Nachricht aus Leverkusen eine neue Baustelle, nachdem am Morgen schon wie erwartet Simon Rolfes nach mehreren Operationen am Knie abgesagt hatte für die WM, und damit Löw im defensiven Mittelfeld ein Loch stopfen muss.

Sollte Lehmann keine Einladung bekommen, steht im ersten Gruppenspiel gegen Australien vermutlich der Torhüter mit der geringsten Länderspiel-Erfahrung der deutschen WM-Geschichte seit Wolfgang Fahrian 1962 in Chile zwischen den Pfosten. Fahrian bestritt damals an seinem 21. Geburtstag sein erst zweites Länderspiel, die bisherigen Adler-Ersatzleute Manuel Neuer (Schalke) und Tim Wiese (Bremen) kamen bislang immerhin schon auf je zwei. Indes hat Löw bisher nie die Unerfahrenheit seiner Torhüter beklagt, auch Adler bestritt erst neun Länderspiele.

Sucht der Bundestrainer nach einem dritten Torwart hinter Neuer und Wiese, wäre der stille 35-jährige Hans-Jörg Butt von Bayern München eine logische Löw-Wahl. Unkompliziert im Umgang, würde Butt sicher nicht gegen die herrschende Hierarchie aufbegehren. Der Dortmunder Roman Weidenfeller hat den Ruf, ein Unruhefaktor sein zu können, und ein weiterer völlig unerfahrener Torwart wie der U21-Keeper Tobias Sippel aus Kaiserslautern wäre wohl doch der Unerfahrenheit zu viel.

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