Süddeutsche Zeitung

WM-Affäre:Landgericht Frankfurt stellt Sommermärchen-Verfahren ein

Auch in Deutschland hat die WM-Affäre damit keine rechtlichen Folgen für die ehemaligen DFB-Funktionäre Horst R. Schmidt, Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat das Verfahren in der Sommermärchen-Affäre rund um die Fußball-WM 2006 gegen die früheren DFB-Funktionäre Horst R. Schmidt, Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach eingestellt. Das bestätigte die Frankfurter Staatsanwaltschaft am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Im Vorjahr war bereits ein Prozess in der Schweiz gescheitert.

In der Schweiz hatten die ehemaligen Spitzenfunktionäre des Deutschen Fußball-Bundes und des Weltverbandes Fifa Entschädigungen erhalten. Die vier ursprünglich Angeklagten bekamen insgesamt rund 705 000 Schweizer Franken (640 000 Euro). Die Summe lag weit unter den Forderungen.

Die Schweizer Bundesstaatsanwaltschaft hatte versucht, den ehemaligen Funktionären Prozesskosten aufzubürden. Sie argumentierte unter anderem, dass die vier das Verfahren erschwert hätten, bevor es im April 2020 wegen Verjährung eingestellt wurde. Angeklagt waren die ehemaligen DFB-Präsidenten Niersbach, 71, und Theo Zwanziger, 77, der frühere DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt, 80, sowie der einstige Fifa-Generalsekretär Urs Linsi, 73. Auch die Frankfurter Staatsanwaltschaft hatte im gleichen Sachzusammenhang gegen das Quartett ermittelt.

Beim DFB läuft noch eine interne Aufarbeitung der Sommermärchen-Affäre

Das Landgericht Frankfurt teilte am Montag mit: "In der angefragten Strafsache werden derzeit keine Auskünfte erteilt." Wegen "eines nicht behebbaren Verfahrenshindernisses", so die Verteidigung von Schmidt, wurde das Verfahren eingestellt. Eine Doppelbestrafung durch ein Gericht in der Schweiz und in Deutschland ist nicht möglich.

Beim DFB läuft noch eine interne Aufarbeitung der Sommermärchen-Affäre - ein aufsehenerregender, teurer Bericht der Kanzlei Freshfields hatte keine weltbewegenden Erkenntnisse gebracht. Die Fifa hatte im Februar 2021 mitgeteilt, dass sie das Ethikverfahren gegen Zwanziger, Franz Beckenbauer, den damaligen WM-Organisationschef, und Schmidt wegen Verjährung nicht weiter verfolgt.

Zwanziger, Schmidt und Linsi waren in der Schweiz wegen Betruges, Niersbach wegen Beihilfe zum Betrug angeklagt. Ein Verfahren gegen Beckenbauer, 77, war wegen seines Gesundheitszustands abgetrennt worden.

Wofür waren die 6,7 Millionen Euro bestimmt?

Im Kern ging es um eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro des DFB über den Weltverband Fifa an den inzwischen gestorbenen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus. Das Geld wurde als Beitrag für eine Gala zur WM 2006 deklariert, die nie stattfand. Im Jahr 2002 hatte Beckenbauer ein Darlehen von Louis-Dreyfus in gleicher Höhe erhalten, das letztendlich auf Konten des einstigen Fifa-Finanzfunktionärs Mohamed bin Hammam verschwand. Wofür, ist bis heute noch unklar.

Schmidts Anwalt teilte am Montag mit, dass das Frankfurter Gericht "zutreffend festgestellt" hatte, "dass durch den Einstellungsbeschluss des schweizerischen Bundesstrafgerichts vom 20. Mai 2021" ein "Strafklageverbrauch nach Art. 54 SDÜ eingetreten ist, da beide Strafverfahren denselben Sachverhalt betrafen". Die Kosten des Verfahrens trage nun die Staatskasse. Nun finde die "strafrechtliche Verfolgung von Herrn Horst R. Schmidt jedenfalls ein vorläufiges Ende", hieß es.

Die Ermittlungen und die parallel in Deutschland und in der Schweiz geführten Verfahren hätten "unseren Mandanten in den vergangenen sieben Jahren sehr belastet". Schmidts Verteidiger legten "großen Wert auf die Feststellung, dass sich Herr Schmidt zu keinem Zeitpunkt und unter keinem Gesichtspunkt strafbar gemacht" hat. "Damit bleibt es dabei: Das Sommermärchen 2006 war die beste WM aller Zeiten", hieß es.

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