Süddeutsche Zeitung

WM 2006:Schweizer Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen WM-Organisatoren

  • Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen die ehemaligen Funktionäre Wolfgang Niersbach, Horst R. Schmidt, Theo Zwanziger und Urs Linsi erhoben.
  • Es geht um den Vorwurf der arglistigen Täuschung in Zusammenhang mit einer Zahlung von 6,7 Millionen Euro.
  • Das Verfahren gegen Franz Beckenbauer - eigentlich zentrale Figur dieses Vorgangs - wurde abgetrennt.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat in der Affäre um die Fußball-WM 2006 Anklage gegen die früheren DFB-Funktionäre Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt erhoben. Zwanziger und Schmidt sowie dem früheren Fifa-Generalsekretär Urs Linsi wird Betrug in Mittäterschaft vorgeworfen. Niersbach wird die Gehilfenschaft zu Betrug angelastet, wie die Behörde am Dienstag mitteilte. Eingestellt wurde im Juli laut Bundesanwaltschaft das Verfahren wegen des Verdachts auf Geldwäscherei. Die Beschuldigten haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen. (Die Mitteilung der BA im Wortlaut)

Das Verfahren gegen den damaligen WM-Organisationschef Franz Beckenbauer war im Juli abgetrennt worden. Als Grund nannte die Bundesanwaltschaft dessen Gesundheitszustand, der "nach derzeitiger Prognose eine Teilnahme oder Einvernahme an der Hauptverhandlung vor Bundesstrafgericht (BStGer) nicht zulässt".

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wird in dem Strafverfahren als Privatkläger auftreten, "um etwaige Ansprüche geltend zu machen und so seiner gesetzlichen Vermögensbetreuungspflicht zu genügen". Das teilte der Verband am Dienstag auf seiner Internetseite mit. "Sollte der DFB durch ein schuldhaftes Verhalten der Beschuldigten Vermögensschäden erlitten haben, so ist er rechtlich verpflichtet, mögliche Ersatzansprüche zu prüfen und durchzusetzen", hieß es auf der DFB-Seite weiter.

Zwanziger kommentierte die Anklage mit deutlichen Worten. "Diese ganze Schweizer Kampagne ist desolat, bösartig und wird völlig scheitern, weil ich mir überhaupt nichts vorzuwerfen habe", sagte der 74-Jährige dem Sportinformationsdienst (SID): "Diese unfähigen Ermittler rasen mit dem Kopf gegen eine Wand - zum Schluss gewinnt immer die Wand. Das Ganze ist inzwischen längst ein Justizskandal und keine wirklich vorwerfbares Verhalten gegenüber den Beschuldigten."

Schmidt erreichte die Neuigkeit im Urlaub. "Ich bin nicht überrascht, dass es zur Anklage kommt. Ich bin aber überrascht, was da alles in der Schweiz abläuft", sagte der 77-Jährige, ohne ins Detail zu gehen.

In dem Verfahren geht es um die weiterhin nicht geklärten Zahlungen von umgerechnet 6,7 Millionen Euro aus den Jahren 2002 und 2005. Beckenbauer hatte vom Unternehmer Robert Louis-Dreyfus einen Kredit in dieser Höhe erhalten. Das Geld floss auf Konten des damaligen Fifa-Funktionärs Mohammed Bin Hammam. Die Rückzahlung drei Jahre später wurde von einem DFB-Konto über die Fifa abgewickelt.

Um die Rückzahlung zu ermöglichen, hätten die Beschuldigten gegenüber dem Präsidialausschuss des WM-OK den Vorgang "wahrheitswidrig als einen Mitfinanzierungsbeitrag des DFB bzw. des OK WM 2006 an die Fifa- Auftaktveranstaltung der WM 2006" ausgewiesen, schrieb die Bundesanwaltschaft in einer Mitteilung. Um eine Verjährung zu verhindern, muss bis April 2020 ein erstinstanzliches Urteil gefällt werden.

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