Sommermärchen-Affäre:Blatter soll im WM-Prozess aussagen

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Soll im Prozess rund um die WM-Vergabe 2006 nach Deutschland aussagen: Sepp Blatter, hier im Juni 2022 vor einem Schweizer Gericht. (Foto: Fabrice Coffrini/AFP)

Der nächste Prominente, bitte: In der Millionen-Affäre um die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 will das Landgericht Frankfurt den früheren Fifa-Chef als Zeugen anhören. Doch für dessen Befragung gilt eine Besonderheit.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Im Steuerprozess zu den Millionen-Schiebereien um die Fußball-WM 2006 und den damaligen WM-Chef Franz Beckenbauer wird die Zeugenliste um einen prominenten Namen länger. Wie sich aus einem Beitrag der Vorsitzenden Richterin während der Verhandlung am Montag ergab, will das Landgericht Frankfurt bald den früheren Präsidenten des Fußball-Weltverbandes (Fifa), Sepp Blatter, befragen. Allerdings soll der 88-Jährige demnach nicht persönlich im Justizzentrum an der Konstablerwache erscheinen, sondern in Zusammenarbeit mit der eidgenössischen Justiz in seinem Wohnort in der Schweiz via Skype vernommen werden. Ein genauer Termin steht bisher nicht fest.

Damit verstärkt die Kammer ihren Kurs, den originären Sachverhalt dieser bis heute unaufgeklärten Millionen-Affäre möglichst gut auszuleuchten. Seit Anfang März läuft in Frankfurt die Hauptverhandlung gegen die drei früheren DFB-Funktionäre Wolfgang Niersbach, Horst R. Schmidt und Theo Zwanziger, weil sie dafür verantwortlich sein sollen, dass eine im April 2005 erfolgte Zahlung über 6,7 Millionen Euro an die Fifa zu Unrecht als Betriebsausgabe angesetzt worden sei. Offiziell war sie als Beitrag zu einer später abgesagten WM-Gala deklariert worden, tatsächlich habe sie dazu gedient, ein zehn Millionen Franken schweres Privatdarlehen von Franz Beckenbauer beim früheren französischen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus zu tilgen.

Der bis heute unaufgeklärte Hintergrund dieses im Jahr 2002 gewährten Darlehens bildet den Kern der WM-Affäre. Im Frühjahr 2002 war mit Überweisungen von einem Franz Beckenbauer zugeordneten Konto eine kompliziertere Transaktionskette in Gang gesetzt worden, an deren Ende einige Monate später insgesamt zehn Millionen Schweizer Franken beim katarischen Fifa-Funktionär Mohammed bin Hammam landeten. Beckenbauer blieb auf seinen Kosten allerdings nicht sitzen, stattdessen sprang Louis-Dreyfus als Kreditgeber ein.

In Kürze sollen neben Blatter weitere maßgebliche Protagonisten von damals als Zeugen gehört werden

Der Zweck der Millionen-Überweisungen nach Katar ist bis heute unklar; nach der bisher bekannten Indizienlage ist die wahrscheinlichste Variante, dass sie im Zusammenhang mit einem TV-Rechte-Deal zu sehen sind, von dem Beckenbauer persönlich profitierte. Blatters Befragung wird unter anderem deswegen interessant, weil aus dem Kreis der Angeklagten und auch von dem inzwischen verstorbenen Franz Beckenbauer stets erklärt wurde, dass die Zahlung der zehn Millionen Franken als eine Art Provisionszahlung für den Organisationszuschuss der Fifa für die WM 2006 zu sehen sei. Sepp Blatter, Fifa-Präsident von 1998 bis 2015, hingegen hat in der Vergangenheit stets erklärt, dass es so etwas beim Weltverband nicht gegeben habe.

In den nächsten Wochen sollen neben Blatter noch mehrere maßgebliche Protagonisten der damaligen Zeit als Zeugen gehört werden: Dies ist am 23. Mai zunächst der frühere Fußball-Nationalspieler und spätere Dreyfus-Vertraute Günter Netzer, am 10. Juni folgen der frühere Fifa-Generalsekretär Urs Linsi sowie Fedor Radmann, der über viele Jahre der engste Wegbegleiter von Franz Beckenbauer war. Auch Beckenbauers langjähriger Manager Marcus Höfl soll nach Angaben des Landgerichtes befragt werden. Der nächste Verhandlungstermin ist am 16. Mai.

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