Tod von Heidi Biebl:Sie fuhr aus dem Nichts zu Gold

Tod von Heidi Biebl: Olympiasiegerin aus dem Nichts: Heidi Biebl, hier beim Internationalen Skirennen in Grindelwald im Januar 1960, holte mit 19 Jahren Gold in Squaw Valley.

Olympiasiegerin aus dem Nichts: Heidi Biebl, hier beim Internationalen Skirennen in Grindelwald im Januar 1960, holte mit 19 Jahren Gold in Squaw Valley.

(Foto: Horstmüller/imago)

1960 holte Heidi Biebl völlig überraschend als erste Deutsche den Olympiasieg in der Abfahrt. Nun ist sie im Alter von 80 Jahren gestorben.

Heidi Biebl war die erste deutsche Olympiasiegerin in der Abfahrt und schon als Teenager ein Star, doch ihr letzter großer Wunsch blieb unerfüllt. Sie hoffe, sagte Biebl zu ihrem 80. Geburtstag im vergangenen Februar, "dass ich noch möglichst lange Zeit schöne, gute Tage mit meinem Bora habe". Keine zwölf Monate später ist Biebl am vergangenen Donnerstag nach kurzer Krankheit im Klinikum Immenstadt gestorben, wie der Ski Club Oberstaufen bestätigte.

Ihr Name wird für immer mit jenem 20. Februar 1960 verbunden bleiben. Drei Tage nach ihrem 19. Geburtstag fuhr Biebl in Squaw Valley (heute: Olympic Valley) aus dem Nichts zu Gold. Plötzlich war sie berühmt - und wusste nicht, wie ihr geschah. Die Hymne bei der Siegerehrung? "Ich habe die gar nicht gekannt", erzählte Biebl vor einem Jahr und lachte, "ja woher denn, mit 19? Ich wusste gar nicht, was da abläuft."

Biebl ist im beschaulichen Oberstaufen im Allgäu in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, ihre Mutter war eine von Millionen deutscher Kriegerwitwen. "Ich musste mir vieles hart erkämpfen", sagte sie. Auch die Skikarriere. Sie schlug den Rat aus, Abitur zu machen, und setzte voll auf den Skisport. Nach ihrer Triumphfahrt rätselte die Nation: "Wer ist Katzeborle?" Biebl klärte später schmunzelnd auf: Nach ihrem Coup durfte sie aus einem Übertragungswagen mit der Mutter zu Hause telefonieren. "Das war für mich das Allerhöchste, wir hatten doch kein Telefon, keinen Fernseher und nix", berichtete sie, "und am Schluss dachte ich an unseren geliebten Kater und sagte: Grüß mir de Katzeborle."

Schon 1966 beendet Biebl wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem DSV ihre Karriere

Viel habe sie nicht gehabt von ihrer Goldmedaille, die heute im Oberstaufener Heimatmuseum liegt. "Ich war einfach zu unerfahren und konnte sie nicht vermarkten", sagte sie. Andere Olympia-Helden wie Georg Thoma oder Hans-Peter Lanig erhielten von ihrer Gemeinde ein Grundstück, Biebl wurde von ihrer Skifirma eine Armbanduhr angeboten: "Aber ich hatte schon eine." Sie bekam stattdessen den Führerschein bezahlt.

Die Bundesrepublik ehrte Biebl mit dem Silbernen Lorbeerblatt, ihr Heimatort widmete ihr den Heidi-Biebl-Weg, vom Deutschen Skiverband (DSV) gab es die Ehrennadel. "Aber von der kann ich auch nicht runterbeißen", sagte sie zerknirscht. Nach zwei vierten Plätzen bei Olympia 1964 beendete Biebl wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem DSV schon 1966 ihre Karriere: "Ich bin gegangen worden. Ich war zu undiplomatisch."

Biebl wurde Skilehrerin, eröffnete eine eigene Skischule und das Hotel "Olympia" in Oberstaufen. 2008 hatte sie es verkauft, "zum schlechtesten Zeitpunkt". In den vergangenen Jahren ging es ihr gesundheitlich schlechter. Aber ihre "ganzen Leiden aufzählen" in Zeiten der Pandemie? Nein, das wollte sie nicht. Nur, dass sie und ihr Mann Bora, mit dem sie 48 Jahre verheiratet war, so lange auf einen Impftermin warten mussten, das wurmte sie.

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