Winterspiele: Von 1924 bis 2010:Ein Olymp aus Eis

Beginn ohne Ski alpin, schwerer Anderl im Bob, Kati aus Karl-Marx-Stadt, ein Biest, ein Miracle on Ice und viele Skandale. Ein Rückblick auf die Winterspiele seit 1924.

Rebecca Schäfer

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Vancouver 2010, dpa

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Vancouver 2010

Vancouver 2010 wirft seine Schatten voraus. Wir werfen den Blick zurück: Auf Geschichten, Gesichter und große Gefühle aus 86 Jahren olympischer Wintersporthistorie: Beginn ohne Ski alpin, schwerer Anderl im Bob, Carmen aus Karl-Marx-Stadt, ein Biest, ein Miracle on Ice und viele Skandale.

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Chamonix 1924, Getty Images

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Chamonix 1924

Gruppenbild mit Damen: Ein eher seltenes Motiv bei der "Internationalen Wintersportwoche" - so der offizielle Name der im Februar 1924 durchgeführten Wettbewerbe. Frauen dürfen in Chamonix nur im Eiskunstlauf starten. Eiskunstlaufen dürfen die Männer auch, für sie steht außerdem nordischer Skisport, Bobfahren, Eishockey und Eisschnelllauf auf dem Programm. Ski alpin wird erst 1936 olympisch. Deutschland erhält sechs Jahre nach Ende des ersten Weltkrieges als "Kriegstreiber" keine Einladung zu den Wettbewerben.

Die "Internationale Wintersportwoche" findet im Rahmen der Sommerspiele von Paris 1924 statt. Erst 1926 erhalten sie nachträglich vom IOC den offiziellen Namen "Olympische Winterspiele".

Medaillenvergabe:

Den drei Medaillengewinnerinnen im Bild (v.l.n.r.: Herma Planck-Szabo, Österreich; Ethel Muckelt, Großbritannien; Beatrix Loughran, USA) stiehlt im Eiskunstlauf die erst elfjährige Norwegerin Sonja Henie die Show - obwohl die spätere Dreifacholympiasiegerin, vom deutschen Volksmund liebevoll "Häseken" genannt, hier nur Achte wird. 50 Jahre muss der amerikanische Skispringer Anders Haugen auf seine Bronzemedaille warten: In Chamonix springt er hinter Thorleif Haug auf Platz vier. 1974 stellt sich heraus: Die Jury hatte sich verrechnet. Im selben Jahr überreicht Anne-Marie Magnusson, die Tochter Haugs, dem inzwischen knapp 86-jährigen Haugen seine Medaille.

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Skijöring in St. Moritz 1928, Getty Images

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St. Moritz 1928

Ob es an der Kälte liegt? Skijöring, das Winterpendant zum Wasserski, wird bei den Spielen in St. Moritz als Demonstrationswettbewerb durchgeführt, in späteren Jahren aber nicht ins olympische Wettkampfprogramm aufgenommen. Rennpferde des Reitvereins von St. Moritz ziehen acht Athleten im Galopp über den zugefrorenen St. Moritzersee. Dabei kommt es zu zahlreichen Unfällen. Doch die Organisatoren haben mitgedacht: Alle Skijöring-Sportler müssen eine Unfallversicherung vorweisen, um am Wettkampf teilzunehmen.

Medaillenvergabe:

Eiskunstläuferin Sonja Henie, inzwischen 15 Jahre und 315 Tage alt, gewinnt in St. Moritz ihre erste von drei olympischen Goldmedaillen. 74 Jahre bleibt sie die jüngste Gewinnerin eines Einzelwettbewerbs. 1998 wird sie von Tara Lipinski (USA), ebenfalls Eiskunstlauf, abgelöst. Bei den Männern hat William Fiskes (Bobfahren/USA) Rekord - olympisches Gold mit 16 Jahren und 260 Tagen - 68 Jahre Bestand. Der finnische Skispringer Toni Nieminen bricht ihn 1992 in Albertville. Er ist bei seinem Olympiasieg einen Tag jünger als Fiske.

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Birger Ruud in Lake Placid 1932, Getty Images

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Lake Placid 1932

Die Mutter aller Wirtschaftskrisen macht auch vor den ersten olympischen Winterspielen auf dem amerikanischen Kontinent nicht halt: Die Spiele von Lake Placid leiden unter Athletenmangel. Die wenigsten Länder können gut ausgerüstete und trainierte Mannschaften in den Nordosten der USA schicken. Rund 250 Teilnehmer - Negativrekord in der Olympia-Geschichte.

Medaillenvergabe:

Der Norweger Birger Ruud (im Bild oben) gewinnt in Lake Placid zum ersten Mal olympisches Gold. Noch mehr als mit seinen insgesamt zwei Olympiasiegen (er triumphiert auch 1936 in Garmisch-Partenkirchen) beeindruckt der Skispringer aber durch seine Integrität: Er weigert sich Jahre später im besetzten Norwegen mit den Nazis zu kollaborieren, wird inhaftiert. Doch weder Gefängnis noch die Nationalsozialisten können den Überflieger stoppen: Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges holt Ruud mit 36 Jahren in St. Moritz 1948 noch einmal Silber.

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Olympische Spiele 1936 Garmisch-Partenkirchen, Getty Images

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Garmisch-Partenkirchen 1936

Salutieren für den Führer: Die österreichische Nationalmannschaft (im Foto) bei der Eröffnungsfeier der Winterspiele von Garmisch-Partenkirchen. Knapp ein halbes Jahr vor den Sommerspielen in Berlin lassen die Nationalsozialisten ihre Propagandamaschine anlaufen: Rund 2,6 Millionen Reichsmark kosten die Wettkämpfe. Perfide inszeniert das Hitler-Regime das Bild eines weltoffenen Deutschlands: Die allgegenwärtigen "Für Juden und Hunde verboten"-Schilder werden kurzerhand abgehängt, internationale Pressefotos erst nach Zensur durch das Propagandaministerium autorisiert, der jüdische Eishockeyspieler Rudi Ball ins deutsche Nationalteam aufgenommen. Die Illusion wirkt: Die Spiele brechen alle bisherigen Rekorde. 756 Athleten aus 28 Ländern, mehr als eine halbe Million Zuschauer und Einnahmen in Höhe von 2,4 Millionen Reichsmark.

Medaillenvergabe:

Eine der kuriosesten Geschichten der Olympiahistorie: Der Auftritt des Finnen Kalle Jalkanen. Als Schlussläufer der 4x10-Kilometer-Langlaufstaffel überholt er den führenden Norweger Bjarne Iversen in einem Rennen gleich zweimal. Nachdem er direkt nach dem Wechsel die Führung übernimmt, taucht Jalkanen plötzlich im Schnee ab. Wenig später ist er zurück, läuft erneut am inzwischen wieder führenden Iversen vorbei und siegt souverän. Im Ziel verrät er den Grund seines unfreiwilligen Zwischenstopps: Er hatte ein Stück seiner teuren dritten Zähne verloren.

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Gustaf Lindh, ap

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St. Moritz 1948

Nachdem die Spiele 1940 ursprünglich in Sapporo und 1944 in Cortina d'Ampezzo stattfinden sollten, aber aufgrund des Krieges abgesagt wurden, wählt das IOC 1946 die neutrale Schweiz als Austragungsort für die ersten Olympischen Spiele nach dem Zweiten Weltkrieg. Sportstätten und Unterkünfte sind vom Krieg unversehrt. 713 Teilnehmer aus 28 Nationen reisen nach St. Moritz. Deutsche, japanische und sowjetische Athleten sind nicht dabei. Während die UdSSR von sich aus verzichtet, sind die Kriegsverursacher Deutschland und Japan von den Spielen ausgeschlossen.

Medaillenvergabe:

Der Schwede Gustaf Lindh (im Bild beim Zieleinlauf im Reiten) gewinnt Gold in einer Disziplin die danach nie wieder ins olympische Programm aufgenommen wird: der Winter-Pentathlon, ein Kombinationswettbewerb aus Skilanglauf, Abfahrt, Schießen, Reiten und Fechten. Ob es an der blutigen Premiere des 1948 erstmals ausgetragenen Wettkampfes liegt? Neben zahlreichen schweren Verletzungen der Teilnehmer im Abfahrtslauf schießt Gustaf Lindh beim Pistolenschießen nicht nur am häufigsten ins Ziel, sondern durch eine unglückliche Bewegung auch einem Schweizer Polizisten ins Bein.

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Andreas Ostler Oslo 1952, ap

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Oslo 1952

Zum ersten Mal macht Olympia 1952 Station im Mutterland des Skisports: Norwegen ist Gastgeber der VI. Olympischen Spiele und ehrt bei der Eröffnungsfeier einen Mann, ohne den der moderne Skisport undenkbar wäre: Sondre Norheim erfand wenige Jahre zuvor die Seilzug-Skibindung, die als Grundlage der modernen Skibindung gilt. Das olympische Feuer wird folgerichtig im Geburtshaus Norheims in der Provinz Telemark entzündet und von 94 Skifahrern auf Skiern ins Olympiastadion gebracht. Erstmals sind auch (west-)deutsche Olympioniken wieder am Start - denn die DDR weigerte sich noch, in einer gesamtdeutschen Mannschaft anzutreten.

Medaillenvergabe:

Der deutsche Bobfahrer Andreas "Anderl" Ostler überrascht die Weltelite und gewinnt zweimal olympisches Gold. In einem 17 Jahre alten Bob namens "Cognac" triumphiert er gemeinsam mit seinem Bremser Lorenz Nieberl in der Zweierbob-Konkurrenz und auch im Viererbob "Grainau" ist er im Team mit Nieberl, Friedrich Kuhn und Franz Kemser unschlagbar. Der bayerische Regisseur Marcus H. Rosenmüller bringt 2006 die Geschichte des übergewichtigen Ostler bei den Winterspielen 1952 unter dem Titel Schwere Jungs ins Kino.

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Toni Sailer Cortina d'Ampezzo 1956, ap

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Cortina d'Ampezzo 1956

"Wir sind 60 Jahre ohne Fernsehen ausgekommen, und wir werden dies auch noch weitere 60 Jahre tun", kommentiert IOC-Präsident Avery Brundage skeptisch die olympische TV-Revolution: Umgerechnet zwei Millionen Mark zahlt das Organisationskomitee von Cortina d'Ampezzo an den Staatssender RAI für die Übertragungen der Spiele. Was der Amerikaner Brundage wohl zu den 2,2 Milliarden US-Dollar gesagt hätte, die sein Heimatsender NBC für die Übertragungsrechte der Spiele 2010 in Vancouver zahlt?

Medaillenvergabe:

Baumhoch thront der "Blitz vom Kitz" über der Konkurrenz: Toni Sailer (im Bild) aus Kitzbühel dominiert alle drei alpinen Skiwettbewerbe, gewinnt mit sechs (Riesenslalom), vier (Slalom) und dreieinhalb (Abfahrt) Sekunden Vorsprung. Zwei seiner drei Goldmedaillen verschenkt der erfolgreichste Athlet der Spiele an seine Eltern. Das Gold-Tripple von Cortina bedeutet gleichzeitig auch das Ende seiner Olympiakarriere: 1958 erklärt er mit 22 Jahren seinen Rücktritt vom Skisport. Sailer besucht eine Berliner Schauspielschule und fliegt fortan nur noch auf der Leinwand die Hänge hinunter und den Mädchenherzen entgegen.

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Georg Thoma Squaw Valley 1960, ap

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Squaw Valley 1960

Winterspiele im Sonnenstaat: Viele Skeptiker befürchten ein olympisches Fiasko im für seine Wetterkapriolen bekannten "Tal der Indianerfrau" (Squaw Valley). Doch das Hochplateau am Rande der kalifornischen Sierra Nevada zerstreut schnell alle Bedenken: "Die großartigsten Spiele aller Zeiten" - so das Fazit nach der Schlussfeier. Verantwortlich dafür sind zwei Männer: Großgrundbesitzer Alexander Cushing, der mit Unterstützung des Staates und privater Investoren 20 Millionen Doller in die Spiele steckt. Und, wie sollte es in der Heimat des Entertainments anders sein: Hollywood-Produzent Walt Disney. Er ist persönlich für Eröffnungs- und Schlussfeier verantwortlich.

Medaillenvergabe:

Auch seine Leistung ist filmreif: Georg Thoma (im Bild oben beim Zieleinlauf), Briefträger aus Hinterzarten (Schwarzwald) und Onkel des Skispringers Dieter Thoma, gewinnt Gold in der Nordischen Kombination. Es ist das erste Mal, dass ein Nichtskandinavier eine Goldmedaille in der Nordischen Kombination erringt.

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Deutschland Innsbruck 1964, ap

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Innsbruck 1964

Ende der Gemeinsamkeit: Zum letzten Mal bis zur Wiedervereinigung marschiert in Innsbruck ein gesamtdeutsches Team (im Bild) in ein winterliches Olympiastadion ein. Fahnenträger der 1960 eingeführten deutschen Olympiaflagge (Schwarzrotgold mit den olympischen Ringen im roten Streifen) ist Georg Thoma. An den Sommer- und Winterspielen 1968 sollten zum ersten Mal zwei deutsche Mannschaften teilnehmen, allerdings noch unter der gemeinsamen deutschen Olympiaflagge und mit derselben Hymne (aus Beethovens 9. Symphonie: Ode an die Freude). Bei den Spielen 1972 sollten erstmalig eine Mannschaft der Bundesrepublik Deutschland und eine der Deutschen Demokratischen Republik unter ihren jeweiligen Flaggen und Hymnen starten.

Medaillenvergabe:

Albtraum für das Traumpaar: Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler gewinnen ihr zweites olympisches Silber (nach Squaw Valley 1960) im Eiskunstlauf. Doch das IOC erkennt ihnen die Medaille später wieder ab: Kilius/Bäumler haben vor den olympischen Spielen einen Profivertrag mit der Eis-Revue "Holiday on Ice" unterschrieben, was gegen die Amateur-Statuen des IOC verstößt. Erst zwei Jahrzehnte später, 1987, werden sie vom Internationalen Olympischen Komitee rehabilitiert und erhalten ihre Medaillen zurück. Die Zeit dazwischen versüßt ihnen die Showkarriere: Beide werden unter anderem als Schlagerstars (Honeymoon in St. Tropez) und als Filmpaar (Die große Kür) gefeiert.

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Jean-Claude Killy Grenoble 1968, Getty Images

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Grenoble 1968

Eine von vielen Premieren in Grenoble: Das IOC führt neben Dopingkontrollen zum ersten Mal bei Olympischen Spielen Geschlechtstests durch. Zuvor sind mehrere Athletinnen verdächtigt worden, männliche Merkmale zu besitzen. Durch den Test soll der Start von Hermaphroditen in den Frauenwettbewerben verhindert werden. Nachdem der Beschluss über die Einführung der Geschlechtstests im Vorfeld der Spiele bekannt wird, beendet die haushohe Favoritin im Skilanglauf, Klawdija Bojarskich (UdSSR), ihre Karriere.

Bei einem für die Olympischen Spiele durchgeführten Chromosomentest wird außerdem festgestellt, dass die österreichische Abfahrtsweltmeisterin von 1966, Erika Schinegger, genetisch männlich ist. Schinegger tritt zurück, entscheidet sich zu einer Operation und lebt seitdem als Erik Schinegger. Er schreibt eine Biographie, die in Österreich auch verfilmt wird. Seit 2007 arbeitet Hollywood an einem Film über sein Leben.

Medaillenvergabe:

Ein Franzose wird König von Frankreich: Jean-Claude Killy gewinnt in Grenoble alle drei alpinen Skiwettbewerbe. Sein Sieg im Slalom (im Bild oben) ist allerdings umstritten. Er profitiert von der nachträglichen Disqualifikation des Erstplatzierten Österreichers Karl Schranz.

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Karl Schranz Sapporo 1972, dpa

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Sapporo 1972

Ein Blick sagt mehr als tausend Worte: In Sapporo steht wieder Karl Schranz (hier auf dem Weg zum Training auf der Olympiastrecke) im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion - vielmehr ein von ihm getragenes T-Shirt mit Kaffee-Werbung. Dem IOC wird ein Foto zugespielt, das Schranz mit dem Corpus Delicti bekleidet zeigt. IOC-Präsident Avery Brundage schließt den Österreicher daraufhin von den Spielen aus, da Schranz "seinen Namen und seine Fotografie zu Reklamezwecken verwendet habe" - ein Verstoß gegen das geltende Amateurgesetz und ein vom IOC statuiertes Exempel gegen die Kommerzialisierung des Sports. Schranz, der seinen Traum von olympischem Gold nun nicht mehr verwirklichen kann, tritt nach seinem Ausschluss sofort zurück. Doch bei seiner Rückkehr nach Wien wird er von Hunderttausenden Österreichern auf dem Wiener Ballhausplatz begeistert empfangen.

Medaillenvergabe:

Das Team der DDR platziert sich bei seinen ersten Olympischen Spielen unter Hammer, Zirkel und Ehrenkranz auf Platz vier im Medaillenspiegel, zwei Plätze vor der Mannschaft der BRD. Entscheidenden Anteil daran haben die Rodler: Die DDR-Sportler holen acht von neun in den Rodelwettbewerben zu vergebenen Medaillen. Nur im Doppelsitzer mussten sie sich die Goldmedaille mit den Italienern "teilen".

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Rosi Mittermaier Innsbruck 1976, imago

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Innsbruck 1976

Zehntausende Soldaten werden gebraucht, um Innsbruck - zum zweiten Mal nach 1964 - in Rekordzeit zur Olympiastadt zu machen. Der Grund: Die Spiele sind eigentlich an Denver (USA) vergeben worden. Doch die Bürger des US-Bundesstaates Colorado fürchten die hohen Kosten, zu deren Deckung Steuergelder verwendet werden sollen und die durch den Sportstättenbau drohende Umweltzerstörung. In einer Volksbefragung stimmen sie eindeutig gegen die Ausrichtung der Spiele. Nun wird Innsbruck innerhalb von nur drei Jahren und mit einem vergleichsweise günstigen Etat von rund 40 Millionen Dollar (viele Sportstätten von 1964 sind noch intakt) wieder fit für Olympia gemacht.

Medaillenvergabe:

Rosi Mittermaier (im Bild) fährt sich in Innsbruck an die Spitze der Skiwelt und in die Herzen der deutschen Wintersportfans. Sie gewinnt Gold in der Abfahrt, Gold im Slalom und Silber im Riesenslalom. In Vancouver könnte es Felix Neureuther, der Sohn von Rosi Mittermaier und Ehemann Christian Neureuther, seiner erfolgreichen Mutter nachmachen: Er gehört im Slalom zum erweiterten Favoritenkreis.

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Miracle on Ice Lake Placid 1980, ap

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Lake Placid 1980

"Do you believe in miracles?" ("Glauben Sie an Wunder?") schreit der amerikanische Fernsehreporter Al Michaels Sekunden vor dem Schlusspfiff noch ins Mikrofon. Der Rest ist grenzenloser Jubel und Geschichte: Als Underdog gewinnt das Team der USA (im Bild) vor eigenem Publikum in der Finalrunde des olympischen Eishockeyturniers gegen den haushohen Favoriten UdSSR (Olympiasieger der vorherigen vier Turniere) und wird später Olympiasieger.

Das Miracle on Ice ist für die Amerikaner mehr als ein sportliches Wunder: Der Einmarsch der UdSSR in Afghanistan, der Nato-Doppelbeschluss und der sich abzeichnende Olympiaboykott der USA bei den Sommerspielen von Moskau 1980 - die Eishockey-Olympiasieger sind für das Amerika der frühen achtziger Jahre Helden im Kalten Krieg.

Medaillenvergabe:

Zum amerikanischen Helden wird in Lake Placid auch Eisschnellläufer Eric Heiden: Bei seinen ersten und letzten olympischen Spielen gewinnt er Gold auf allen fünf Olympischen Strecken, viermal in olympischer und einmal in Weltrekordzeit (10.000 m). Heute arbeitet Heiden als Sportmediziner. 2002 und 2006 betreut er als Teamarzt die amerikanische Eisschnelllaufmannschaft bei Olympia.

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Jane Torvill Christopher Dean Sarajevo 1984, dpa

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Sarajewo 1984

Zum ersten Mal werden 1984 Olympische Spiele auf dem Balkan ausgetragen. Sogar die Bürger Sarajewos helfen bei der Finanzierung der Spiele mit: Bis zum Beginn der Wettkämpfe verzichten sie auf ein Prozent ihres Bruttoeinkommens. Die Winterspiele von 1984 sind ein freudiger Höhepunkt in der ansonsten so traurigen Geschichte der Stadt. 1914 wurde hier Österreichs Thronfolger Franz Ferdinand Opfer eines tödlichen Attentats, das zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges beitrug. Ab 1992 sollte in Sarajewo, das inzwischen zur Hauptstadt des unabhängigen Staates Bosnien-Herzegowina ausgerufen worden war, der Bürgerkrieg toben. Knapp vier Jahre dauerte die Belagerung der Stadt, nach offiziellen Angaben verloren mehr als 10.000 Menschen im Krieg ihr Leben. Davon zeugen noch heute die Grabreihen an den olympischen Sportstätten.

Medaillenvergabe:

Die Kür ihres Lebens: Das britische Paar Jayne Torvill und Christopher Dean (im Bild) tanzt sich zu den Klängen von Maurice Ravels Bolero zu olympischem Gold. Publikum und Preisrichter sind begeistert: Die Eistänzer erhalten in der B-Note, der Note für den künstlerischen Ausdruck, neun von neun Mal die Höchstnote 6,0 (insgesamt wird ihre Kür zwölf Mal mit 6,0 bewertet). Es ist das erste und einzige Mal, dass diese Wertung in der Eiskunstlaufgeschichte vergeben wird.

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Katarina Witt Calgary 1988, imago

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Calgary 1988

Olympia im traditionsreichen Wintersportland Kanada - das sind die Spiele der Exoten: Michael "Eddie the Eagle" Edwards (Großbritannien) hüpft im Skispringen auf den letzten Platz, doch das Publikum tobt. Britische Medien nennen die Sprünge des übergewichtigen Engländers mit der Glasbausteinbrille eine "Nahtoderfahrung". Zurück in der Heimat müssen 30 Polizisten Eddie "The Eagle" durch die Fanmassen am Flughafen Heathrow eskortieren. Nun soll sein Leben verfilmt werden. Ins Kino schafft es auch der Viererbob Jamaikas. Die Geschichte der Männer aus der Karibik, die in Calgary zum ersten Mal an olympischen Winterspielen teilnehmen, zeigt eines: Das Publikum liebt die "Eddie the Eagles" und "Cool Runnings". Diese Antihelden, die den Hochleistungssport für einen Moment wieder menschlich werden lassen.

Medaillenvergabe:

Da liegt sie. Ganz ruhig im Moment ihres größten sportlichen Triumphs: Als "Carmen" stirbt Katarina Witt (im Bild) am Ende ihrer Kür den Showtod und wird unsterblich: In Calgary gewinnt sie zum zweiten Mal nach 1984 olympisches Gold. Sie ist die erste Eiskunstläuferin nach Sonja Henie, der es gelingt, ihren Olympiasieg zu wiederholen. Das amerikanische Time Magazine kürt die Athletin aus der damaligen Karl-Marx-Stadt daraufhin zum "schönsten Gesicht des Sozialismus". Heute arbeitet die inzwischen 44-jährige Witt als TV-Expertin im ARD-Olympiateam von Vancouver 2010.

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Deutschland Albertville 1992, dpa

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Albertville 1992

Gemeinsam unschlagbar: Bei den ersten Spielen nach der Wiedervereinigung holt das gesamtdeutsche Team mit 26 Medaillen (10 x Gold, 10 x Silber, 6 x Bronze) Platz eins im Medaillenspiegel. Erfolgsgaranten sind dabei zwei Athleten aus der ehemaligen DDR: Eisschnellläuferin Gunda Niemann gewinnt zweimal Gold (3000 m/5000 m) und einmal Silber (1500 m). Die gleiche Medaillenausbeute gelingt dem Thüringer Mark Kirchner (Gold im Sprint und in der Staffel; Silber im Einzel) im immer populärer werdenden Biathlon.

Medaillenvergabe:

"La Bomba" explodiert erneut: Italiens Skilegende Alberto Tomba fährt in Albertville zu seiner dritten olympischen Goldmedaille. Er wiederholt sein Riesenslalom-Gold (im Slalom holt er zusätzlich die Silbermedaille) von Calgary 1988 und ist damit der erste Skirennläufer dem es gelingt, zweimal nacheinander das gleiche Rennen bei Olympia zu gewinnen.

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Nancy Kerrigan Tonya Harding Lillehammer 1994, dpa

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Lillehammer 1994

In Lillehammer schreiben "die Schöne" und "das Biest" olympische Mediengeschichte: Die Eiskunstläuferinnen Nancy Kerrigan (im Bild rechts) und Tonya Harding (im Bild links) bestimmen die Schlagzeilen vor und während der heiteren Spiele in Norwegen. Rückblick: Im Vorfeld der US-Meisterschaften 1994 ist Kerrigan von einem Unbekannten mit einer Eisenstange schwer am Knie verletzt worden. Polizeiermittlungen ergeben, dass der Ex-Ehemann von Kerrigans schärfster Konkurrentin, Harding, den Angreifer engagiert hatte. In Abwesenheit von Kerrigan gewinnt Harding die US-Meisterschaften und damit die Olympiaqualifikation. Doch Kerrigan wird vor Lillehammer wieder fit und vom US-Verband nachnominiert. Der Publikumsliebling holt in Hamar Silber. Harding wird Achte. Nach den Spielen wird sie wegen Behinderung der Ermittlungen unter anderem zu drei Jahren Freiheitsentzug auf Bewährung und 160.000 Dollar Strafe verurteilt - das Ende ihrer Eiskunstlaufkarriere. 2003 gibt Harding, übereinstimmenden Medienberichten zufolge ohne Eisenstange, ihr Debüt im Boxring.

Medaillenvergabe:

Das Highlight der Spiele aus deutscher Sicht: Markus Wasmeier gewinnt nach einem enttäuschenden 36. Platz in der Abfahrt völlig überraschend Gold im Super-G und im Riesenslalom. Nach Franz Pfnür (1936) ist er erst der zweite deutsche Olympiasieger im Alpinski.

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Katja Seizinger Hilde Gerg Martina Ertl, dpa

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Nagano 1998

Die drei Damen von der Kombination: Die deutschen Skifahrerinnen Katja Seizinger (Mitte), Martina Ertl (links) und Hilde Gerg (rechts) haben mit ihrem Dreifachtriumph maßgeblichen Anteil daran, dass Deutschland in Nagano wieder auf Platz eins im Medaillenspiegel steht. Die deutsche Bilanz: 12 x Gold, 9 x Silber und 8 x Bronze. Seizinger, die erfolgreichste deutsche Skirennläuferin aller Zeiten, steuert zudem noch eine Goldmedaille in der Abfahrt hinzu. Hilde Gerg gewinnt den Slalom. Auch bei den Eisschnellläuferinnen stehen über 3000 Meter drei Deutsche auf dem Treppchen: Gunda Niemann-Stirnemann vor Claudia Pechstein und Anni Friesinger.

Medaillenvergabe:

Es ist die Szene dieser Spiele und gleichzeitig die Geburtsstunde des "Herminators": Der Österreicher Hermann Maier hebt in der Abfahrt nach einer Kurve unkontrolliert ab, fliegt rund 40 Meter waagerecht durch die Luft und schlägt am Rande der Piste auf. Sekunden später rappelt er sich auf und streckt den Daumen in die Höhe - alles okay! Mit leichten Verletzungen in Schulter und Knie gewinnt Hermann Maier wenige Tage darauf zwei olympische Goldmedaillen (Super-G und Riesenslalom) und auch "Terminator" Arnold Schwarzenegger gratuliert.

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Steven Bradbury Salt Lake City 2002, dpa

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Salt Lake City 2002

Skandal ist vielleicht das Wort, das im Zusammenhang mit den Spielen von Salt Lake City am häufigsten fällt. Und zwar im doppelten Sinn: Drei Jahre vor Beginn der Spiele kam heraus, dass IOC-Mitglieder bei der Wahl zur Vergabe der Spiele vom Bewerbungskomitee der Stadt bestochen worden waren. Neun IOC-Mitglieder traten daraufhin zurück oder wurden suspendiert. Während der Spiele beherrscht dann das Thema Doping die Schlagzeilen. Prominenten Athleten wie dem für Spanien startenden dreifachen Olympiasieger Johann Mühlegg (Langlauf) oder der russischen Erfolgs-Langläuferin Larissa Lasutina wird die Einnahme der Epo-verwandten Substanz Darbepoetin alfa nachgewiesen. Sie regt die Produktion der Sauerstoff in die Muskeln transportierenden roten Blutkörperchen an. Mühlegg und Lasutina müssen ihre Medaillen zurückgeben.

Medaillenvergabe:

Wer zu spät kommt holt olympisches Gold: Der Australier Steven Bradbury (im Bild vorne) kann sein Glück kaum fassen. Er liegt in der letzten Runde des 1000-Meter-Shorttrackfinals aussichtslos auf dem letzten Platz, hat fast eine viertel Bahn Rückstand auf die Konkurrenz. Dann das Unglaubliche: Das dicht beieinander liegende Führungsquartett um den amerikanischen Superstar Apolo Anton Ohno gerät in der letzten Kurve ins straucheln, alle vier Läufer stürzen und Steven Bradbury fährt an ihnen vorbei als Olympiasieger über die Ziellinie.

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Turin 2006, imago

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Turin 2006

Hier ist noch ein Plätzchen frei: Passion lives here - das offizielle Motto der Spiele 2006. Zu sehen ist davon in Turin wenig: Viele Wettkämpfe finden vor halbleeren Zuschauerrängen statt, olympische Atmosphäre kommt selten auf. Die Gründe: Lange Anfahrtswege zwischen den Wettkampfstätten und hohe Ticketpreise verderben den Italienern die Lust auf Olympia. Keine Entscheidung in Turin ist restlos ausverkauft, nach offiziellen Angaben werden 700.000 Tickets, 85 Prozent des Kontingents, abgesetzt.

In Vancouver soll alles besser werden: Das Organisationskomitee VANCOC rechnet mit ausverkauften Spielen und will leere Sitzreihen unbedingt ausschließen. Vor allem soll vermieden werden, dass Sponsoren ihre Plätze verfallen lassen. "Wir arbeiten eng mit all unseren Partnern zusammen, um sicherzustellen, dass auf jedem Platz jemand sitzt", sagt Caley Denton, Direktor des Ticketing. Insgesamt stehen in Vancouver 1,6 Millionen Eintrittskarten zur Verfügung. Der Andrang auf die Tickets des Eishockeyturniers ist in der Eishockeynation Kanada besonders groß: 155.000 Anfragen gab es für die 6000 Karten im freien Verkauf.

Medaillenvergabe:

Trotz halbleerer Ränge voll im Soll: Die deutschen Biathleten. Sie erzielen in Turin ein starkes Mannschaftsergebnis. Von den insgesamt elf deutschen Medaillen holt ein Mann gleich dreimal Gold: Michael Greis aus Nesselwang im Allgäu triumphiert im 20-km-Einzelrennen, im 15-km-Massenstart und mit der Staffel.

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Vancouver 2010, Reuters

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Vancouver 2010

Das Olympia der Zukunft? Ab Freitag will Vancouver neue olympische Maßstäbe setzen. Ob es - wie fast jedes Mal - später heißen wird "Die besten Spiele aller Zeiten"? Davon können sich zwei Millionen Fans vor Ort und geschätzte drei Milliarden TV-Zuschauer weltweit selbst ein Bild machen. IOC-Präsident Jacques Rogge verspricht schon jetzt "16 Tage pure Magie". Und damit 16 Tage olympische Geschichten, Gesichter und große Gefühle.

Foto: Reuters

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