Winterspiele in Pyeongchang:Heftiger Wind bedroht Olympia

Winterspiele in Pyeongchang: Pistenhelfer auf dem Weg nach unten: Der Riesenslalom der Frauen musste aufgrund der Windverhältnisse verschoben werden.

Pistenhelfer auf dem Weg nach unten: Der Riesenslalom der Frauen musste aufgrund der Windverhältnisse verschoben werden.

(Foto: AP)
  • Nach der Männer-Abfahrt muss bei den Winterspielen in Südkorea auch der Riesenslalom der Frauen verschoben werden - der Wind weht einfach zu stark.
  • Im Slopestyle-Finale der Frauen herrschen teilweise irreguläre Bedingungen, viele Starterinnen stürzen.
  • Hier geht es zum Olympia-Liveticker.

Von Johannes Knuth, Yongpyong

Der Übeltäter gab kurz Ruhe. Für einen Moment meinte man sogar, alles sei gut. Dann rollte der nächste Schwung heran. Der Wind schickte eine Böe durch den Zielraum von Yongpyong, die es in sich hatte, sie drückte all jenen Schnee und Kälte ins Gesicht, die sich ihr in den Weg stellten. Die minus 14 Grad, die das Thermometer auswies, fühlten sich jetzt an wie minus 54.

Kurz darauf fiel eine Kamera vom Stahlgerüst, klatschte rund fünf Meter in die Tiefe; ein Mitarbeiter einer TV-Crew stand wenige Meter daneben. Es zeigte noch mal, wie richtig diese Entscheidung gewesen war: dass sie den olympischen Riesenslalom der Frauen am Montag längst abgesagt hatten.

Rebensburg bleibt in der Gondel sitzen

"Wir hätten keine Chance auf ein faires Rennen gehabt, es geht um Olympia. Diese Entscheidung ganz in der Früh zu treffen, finde ich sehr gut", sagte Jürgen Graller kurz darauf, der Cheftrainer der deutschen Frauen. Seine Fahrerin Viktoria Rebensburg, eine der Favoritinnen, ergänzte: "Es ist schade, ich wäre wirklich sehr gerne ein Rennen gefahren. Aber wichtig ist, dass die Bedingungen gut sind und fair für alle." Sie war auf dem Weg zum Berg, in der Gondel, als sie von der Absage erfuhr. Rebensburg blieb also sitzen und fuhr mit derselben Kabine wieder ins Tal.

Die Organisatoren schoben den Riesenslalom kurz nach der Absage auf den Donnerstag, der erste und zweite Lauf finden vor bzw. nach der Abfahrt der Männer statt, die bereits am Sonntag dem Wind zum Opfer gefallen war. Die größten deutschen Alpin-Hoffnungen treten nun also an einem Vormittag an, erst die erstarkten Abfahrer, dann Rebensburg. Das ist zumindest der Plan.

Organisatorisch ist das (noch) kein Problem, zwei Rennen an einem Tag gab es bei Olympia immer wieder, zuletzt 2006 in Turin. Das Programm in Pyeongchang ähnelt jetzt einem Wochenende im Weltcup, an dem mehrere Rennen dicht hintereinander geknüpft sind. Auch die Fahrer kennen das, die Technikerinnen etwa, die nun am Mittwoch Slalom und am Donnerstag Riesenslalom fahren. Rebensburg, die nicht im Slalom startet, ist gegenüber Doppelstarterinnen wie der Amerikanerin Mikaela Shiffrin freilich noch mehr im Vorteil.

"Wahrscheinlich werden wir erst mal ein bisschen frei fahren", sagte Graller über den weiteren Fahrplan seiner Fahrerin, "relativ gemütlich das Ganze angehen." Rebensburg wirkte ebenfalls recht gemütlich, sie kennt das Warten ja von ihren Dienstreisen zu den schnellen Disziplinen, die wegen Streckenlänge und Tempo wetteranfälliger sind. "Witzigerweise habe ich heute extrem gut geschlafen, das war vor den letzten Riesenslaloms nie der Fall", sagte sie. Sie sei zumindest gut erholt.

Viele Slopestyle-Athletinnen stürzen

Die Organisatoren der Winterspiele waten da schon durch größere Probleme. Viele Ausfälle können sich die Alpinen nicht mehr leisten. Die Männer fahren am Dienstag ihre Kombination, erst Abfahrt, dann Slalom. Doch die Abfahrt wackelt kräftig, am Dienstag soll es weiter winden. Immerhin kann die Jury den schnellen Part der Kombination bis in den Nachmittag schieben - den Slalom könnten sie unter Flutlicht fahren, das im unteren Teil der Schnellpiste in Jeongseon installiert ist.

Am (ebenfalls windigen) Mittwoch folgt der Slalom der Frauen, dann Abfahrt und Riesenslalom am Donnerstag, schließlich der Super-G der Männer am Freitag. Anschließend müssen sie die Abfahrtspiste für die Frauen präparieren, die am Wochenende vom Technikberg in Yongpyong ins 20 Kilometer entfernte Jeongseon umziehen und am Sonntag ihr erstes Training fahren. Das ist zumindest der Plan.

Was passiert, wenn man bei widrigen Bedingungen einen Wettbewerb durchdrückt, dafür bot der Montag ein warnendes Beispiel. Die Slopestyle-Snowboarderinnen wurden trotz heftiger Böen auf den Parcours in Bokwang geschickt. mit seinen mächtigen Rails und Rampen. Viele Athletinnen stürzten, Silvia Mittermüller, einzige deutsche Starterin, stürzte im Probelauf und zog sich einen Meniskusriss zu. Die Spiele sind für sie damit beendet, ebenso für die Australierin Tess Coady, die im Training einen Kreuzbandriss erlitt und danach den Wind in Haftung genommen hat. Der australische Verband fragte beim Weltverband Fis an, der die Wettkämpfe unmittelbar überwacht, ob das Training überhaupt hätte stattfinden dürfen.

Am Ende gewann die Amerikanerin Jamie Anderson ein Finale, das nur bedingt Werbung für den Sport betrieb. "Ich hatte Angst um mein Leben", sagte die viertplatzierte Norwegerin Silje Norendal unter Tränen. "Es war ziemlich gefährlich. Man wusste nicht, was einen erwartet", erklärte auch die Finnin Enni Rukajarvi, die Dritte wurde: "Sie hätten es absagen oder verschieben sollen."

Ein Sprecher des Internationalen Olympischen Komitees sagte am Montag bei einer Pressekonferenz: "Für das IOC hat die Sicherheit der Athleten die größte Priorität." Währenddessen verbreiteten sich die Bilder vom Slopestyle im Saal, von den schweren Stürzen. Darauf angesprochen, sagte Adams: Die Organisation vor Ort sei Sache der Fachverbände, wie dem Ski-Weltverband Fis, der auch die Snowboarder betreut. Aber ob der sich zu einer Absage durchringen kann, wenn der Zeitplan drängt - und an einem Montagvormittag bereits andere Wettbewerbe ausgefallen waren?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: