Christian Hansen ist Mannschaftsführer der Tennis-Regionalliga-Mannschaft des MSC Köln. Er war gerade im Urlaub, als er verwundert Meldungen aus England vernahm: Die Nummer eins seines Teams hatte sich tatsächlich für die 130. Championships in Wimbledon qualifiziert. Marcus Willis heißt der 25-jährige Brite aus Slough, der Anfang dieses Jahres als Profi aufhören und sich ganz dem Beruf des Tennislehrers hingeben wollte. Dann aber verliebte sich Willis, hörte auf den Rat seiner Freundin, doch bitte weiterzuspielen - und tritt an diesem Mittwoch zum Spiel seines Lebens an: Der siebenmalige Wimbledon-Champion Roger Federer ist sein Gegner.
SZ: Herr Hansen, was sagen Sie zu Ihrem Spieler, der gerade die Schlagzeilen in den britischen Blättern, sozialen Medien und Fernsehsendern so prägt: Ist das Ihr Marcus Willis, der Regionalliga spielt?
Hansen: Er ist es, absolut. Genau so spielt er. Aber wieso er plötzlich so weit gekommen ist, kann ich mir auch nur schwer erklären. Ich denke, es hat mit seinem Selbstvertrauen zu tun, dass ihm vieles gelingt. Er schwebt förmlich von Spiel zu Spiel. Eine tolle, unglaubliche Geschichte.
Beschreiben Sie ihn bitte.
Er ist genau so, wie er in England rüberkommt. Witzig, fröhlich, er verbreitet gute Laune, hat einen leichten Humor. Marcus ist immer positiv. Er ist ein britischer Lukas Podolski. So einen brauchst du in der Mannschaft, ein Gutelaunebär schweißt zusammen.
Wie sind Sie an diesen Gutelaunebär gekommen? Willis hat sich wahrscheinlich nicht selbst in der dritthöchsten deutschen Tennisliga angeboten.
Der Kontakt kam über ein, zwei Ecken über unseren Coach zustande. Marcus kam schon 2014 zu uns und es hat von Anfang an gepasst. 2015 hat er dreimal gespielt, in diesem Jahr zweimal. Er kam auch in unserem wichtigsten Spiel zum Einsatz, allerdings konnte er am Ende nicht selbst entscheidend eingreifen. Wir haben den Klassenerhalt im Grunde ohne ihn in diesem Spiel geschafft. Er hatte den Flieger verpasst und kam erst zum Doppel rechtzeitig.
Was ist da schiefgelaufen?
Wir waren abstiegsbedroht und mussten gegen Grün-Weiß Aachen gewinnen. Das gelang uns dann auch, mit 7:2. Marcus wollte kommen, aber aus irgendeinem Grund klappte der gebuchte Flug nicht, ich weiß bis heute nicht, warum. Er sagte dann, er könne einen anderen Flug nicht bezahlen, auf seiner Kreditkarte waren zu hohe Belastungen. Er war knapp bei Kasse. Wir haben dann im Klub alles hin und her besprochen und dann habe ich den Flug mit meiner Kreditkarte bezahlt. Marcus kam dann nur im Doppel zum Einsatz. Es war trotzdem ein gelungenes Spiel. Wir sind froh, dass er da war.
Sie nehmen viel in Kauf. Was hat er davon, lohnt sich das?
Naja, so verdient er sich schon einiges dazu. Ich kann die genauen Zahlen nicht nennen, aber pro Einsatz erhalten die Topspieler in der Regionalliga schon zwischen 600 und 1500 Euro. Die Reisekosten und die Unterkunft übernehmen wir natürlich auch.
Willis wird jetzt sicher weiterspielen auf der Tour und einen Sprung in der Weltrangliste machen. Vor Wimbledon war er die Nummer 772 der Welt. War's das jetzt mit Ihrer Zusammenarbeit?
Nein, wir sind eigentlich so verblieben, dass er auch 2017 wieder für uns spielt, es gibt da schon Abmachungen.
Haben Sie schon gratuliert?
Per Handy, klar. Ich werde es aber vor dem Federer-Match nochmal versuchen, ich möchte ihm einen Matchplan geben (lacht).
Ist das nicht verrückt: Jetzt geben Sie ihrem Regionalliga-Spieler Tipps für das Match gegen die Legende Federer?
Ja, aber ich sehe das auch realistisch. Vielleicht hat er eine Chance, einen Satz zu gewinnen, oder es geht gar mehr. Es ist bekannt, dass Federer gegen Mega-Underdogs mal ein bisschen wackeln kann. Und der Druck ist diesmal ja komplett auf seiner Seite. Sie spielen in England, Marcus wird viele Fans auf seiner Seite haben, er pusht sich ständig, er hat einen Lauf. Wie auch immer, wenn er wieder zu uns kommt, werden wir das alles richtig feiern. Wir sind stolz auf Marcus.
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