Wettskandal: Sapina packt aus:150.000 Euro für zwei Tore

Der mutmaßliche Wettbetrüger Ante Sapina macht beim Bochumer Prozess eine brisante Aussage. Er gesteht Bestechung im großen Stil - sogar 2009 bei einem Spiel in der WM-Qualifikation. Auch beim FC St. Pauli herrscht weiterhin große Aufregung.

Den zweifelhaften Spitznamen "Zockerkönig" hat er in den Boulevardmedien schon lange weg, echte Zweifel bestanden an seiner Verwicklung ins kriminelle Wettmilieu ohnehin nicht. Wenn man so will, hat Ante Sapina am Mittwochmorgen etwaige Restzweifel endgültig ausgeräumt.

Ante Sapina soll im Prozess um Fussball-Wettskandal aussagen

"Cichon war für mich der Häuptling": Der mutmaßliche Wettbetrüger belastet sich und andere vermeintliche Protagonisten schwer.

(Foto: dapd)

Sapina musste vor dem Bochumer Landgericht in den Zeugenstand - und hat seine Beteiligung am größten Wettskandal im europäischen Fußball gestanden. Schon nach der WM 2006, kurz nach seiner Haftstrafe wegen des Hoyzer-Skandals 2005, habe er große Summen auf angeblich manipulierte Fußballspiele gesetzt. Später habe er auch selbst Spieler und Schiedsrichter bestochen.

Sapinas Aussage war lange erwartet worden - und sie enthielt weitere brisante Passagen. Den früheren Profi Thomas Cichon etwa belastete Sapina schwer. "Cichon war für mich der Häuptling", sagte Sapina in Bochum. Wenn Fußballspiele des VfL Osnabrück manipuliert werden sollten, habe VfL-Profi Cichon unbedingt auf dem Platz stehen müssen.

Bei der Partie gegen Augsburg im April 2009 habe Cichon in den Spielverlauf eingegriffen. "Das erste Tor ging meiner Meinung nach glasklar auf die Kappe von Cichon", sagte Sapina. Die Partie des 1. FC Nürnberg gegen den VfL Osnabrück im Mai 2009 sei entgegen der Anklage jedoch nicht manipuliert worden. "Wenn ich davon ausgegangen wäre, dass das Spiel manipuliert ist, hätte ich 200.000 bis 300.000 Euro gesetzt", sagte Sapina. Tatsächlich habe sich sein Einsatz aber auf nur 15.000 Euro belaufen.

Cichon hat eine Verwicklung stets bestritten - er spielt mittlerweile beim südafrikanischen Klub Moroka Swallows. Dem Radiosender NDR Info sagte er am Mittwoch: "Ich habe nie Kontakt zu Sapina gehabt, weder telefonisch, noch per SMS. Zu 99,9 Prozent habe ich Sapina auch nicht von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden."

Sapina gab indes auch an, er habe nach dem Hoyzer-Skandal wieder damit begonnen, Schiedsrichter zu bestechen. So habe ein bosnischer Referee 40.000 Euro erhalten, damit er beim WM-Qualifikationsspiel zwischen Liechtenstein und Finnland am 9. September 2009 dafür sorgte, dass nach der Halbzeit zwei Tore fielen. Der pfiff einen zweifelhaften Elfmeter nach der Pause, zudem fiel in der Schlussphase der 1:1-Ausgleich.

Er habe zudem einem ukrainischen Schiedsrichter "30.000 bis 50.000 Euro" gezahlt, damit beim Europa-League-Spiel zwischen dem FC Basel und ZSKA Sofia "zwei Tore in der zweiten Halbzeit fallen". Die Partie am 5. November 2009 endete 3:1, zwei Treffer fielen nach der Pause. Er habe damit rund 150.000 Euro Wettgewinne verbucht, sagte Sapina weiter.

"Es ist eine Frechheit"

Es sind bewegte Tage im deutschen Wettbetrügermilieu. Schon vor dem Geständnis Sapinas hatte der frühere St. Pauli-Profi René Schnitzler dem Stern gestanden, er habe von einem Wettpaten aus Amsterdam über 100.000 Euro kassiert, um fünf Spiele des damaligen Zweitligisten zu manipulieren. Das gelang ihm nachweislich nur sehr bedingt, weil Schnitzler in drei dieser fünf Partien gar nicht auf dem Platz stand. Die vergleichsweise heile Fußballwelt bei den Hamburgern ist jedoch dahin. "Ich möchte dazu gar nicht groß Stellung nehmen", sagte Trainer Holger Stanislawski, "ich werde mir sicher Gedanken machen, aber erst einmal abwarten, bis der Fall abgeschlossen ist."

Ein weiteres Detail aus diesem Fall wollten die Verantwortlichen des Klubs dann doch nicht unkommentiert lassen: Schnitzler soll weitere 10.000 Euro erhalten haben, um seinen damaligen Torhüter Mathias Hain vor einem Spiel gegen den FC Augsburg zu bestechen. St. Pauli verlor 2:3, Hain unterlief vor einem der Gegentore tatsächlich eine unglückliche Aktion.

Teammanager Christian Bönig nahm den Torhüter vehement in Schutz: "Er ist seit zwei Jahrzehnten ein absolut ehrbarer Spieler, einer der immer seine Meinung sagt und ehrlich ist. Es ist eine Frechheit, seinen Namen zu nennen." Hain selbst sagte dem Hamburger Abendblatt: "Auch wenn jeder, der mich kennt, weiß, dass ich mich niemals bestechen lassen würde, ist für mich die Tatsache, dass mein Name in einem solchen Zusammenhang auftaucht, extrem schlimm. Man kann es auch eine Höchststrafe nennen."

Der Torwart erwägt rechtliche Schritte gegen Schnitzlers Aussagen. Bei Sport 1 sagte Hain: Schnitzler könne von Glück sagen, dass er nicht versucht habe, ihn mit 10.000 Euro zu bestechen: "Ich hätte ihn vor die Mannschaft gezerrt, die Polizei gerufen und gewartet, bis sie da ist."

Auch ein anderer Fall erfährt dieser Tage seine Fortschreibung - wenn auch seine möglicherweise letzte. Der frühere Schiedsrichter Robert Hoyzer, der 2005 mehrere Fußballspiele manipuliert und bereits eine Freiheitsstrafe verbüßt hat, hat sich offiziell bei DFB-Präsident Theo Zwanziger entschuldigt. "Die persönliche Entschuldigung war ein Mosaikstein, der mir noch fehlte, um mit allem weiter abzuschließen", sagte Hoyzer nach dem geheimen Treffen, das bereits vor Heiligabend in der DFB-Zentrale stattfand.

Zum Glück für Hoyzers Seelenfrieden: Zwanziger nahm die Entschuldigung an.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: