Wettskandal im Fußball:Polizei verhaftet erstmals Spieler

Die Wettaffäre weitet sich aus: Ein Spieler eines Würzburger Landesliga-Vereins ist verhaftet worden, und nach SZ-Informationen steht auch ein Spiel der Mönchengladbacher Amateur-Elf unter Verdacht. Womöglich ist der VfL Osnabrück wegen Manipulationen aus der zweiten Bundesliga abgestiegen.

Die neue Wett-Affäre, die den deutschen und den europäischen Fußball erschüttert, breitet sich aus. Am Freitagabend ist erstmals ein Spieler festgenommen worden. Der Landesligist Würzburger Kickers teilte mit, dass einer seiner Akteure im Zusammenhang mit dem Wettskandal verhaftet worden sei.

Wettskandal im Fußball: Die Affäre um Wettbetrug weitet sich aus.

Die Affäre um Wettbetrug weitet sich aus.

(Foto: Foto: dpa)

Der Fußballer war laut dem Klub bereits in eine frühere Wettaffäre verwickelt. Damals habe er auf Bitten eines asiatischen Wettbetrügers einen anderen Spieler gebeten, bewusst schlecht zu spielen, was dieser aber abgelehnt habe. Der Klub verhängte eine Geldstrafe von 8400 Euro und gab dem Spieler eine zweite Chance.

In Deutschland stehen insgesamt 32 Spiele unter Verdacht, darunter auch vier Spiele der zweiten Liga. Zu den verdächtigen Partien zählen nach SZ-Informationen ein Freundschaftsspiel des SSV Ulm gegen Fenerbahce Istanbul, ein Spiel der Amateure von Borussia Mönchengladbach gegen den SC Verl sowie nach Informationen der Osnabrücker Zeitung zwei Partien des VfL Osnabrück.

Im Osnabrücker Fall verdächtigt die Staatsanwaltschaft als Drahtzieher einen Mann aus Lohne, der mit zwei Spielern des VfL zwei Spiele aus der letzten Zweitliga-Saison manipuliert haben soll: die beiden Auswärtsspiele beim FC Augsburg (0:3) am 17. April 2009 und beim 1. FC Nürnberg (0:2) am 13. Mai. "Wenn das stimmt, wäre das eine Katastrophe - das könnte dann ein Grund für den Abstieg gewesen sein", sagte Osnabrücks Präsident Dirk Rasch.

Claus-Dieter Wollitz, einst Trainer des VfL Osnabrück: "Das ist für mich das Allerschlimmste. Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, weil man jede einzelne Szene durchgeht. Ich bin nicht nur erschüttert, sondern am Boden zerstört. Ich habe immer gedacht, der Fall Hoyzer wäre ein Einzelfall. Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen."

Eine Bande von mehr als 100 Wettbetrügern aus ganz Europa soll allein im Laufe dieses Jahres mindestens 200 Fußballpflichtspiele manipuliert oder dieses wenigstens versucht haben. Betroffen vom versuchten oder vollendeten Betrug seien zudem zahlreiche erst- und zweitklassige Meisterschaftsspiele in Belgien, Kroatien, Slowenien, Ungarn, Bosnien, Österreich, der Schweiz und der Türkei. Sogar zwölf Spiele im laufenden europäischen Wettbewerb Europa League sowie drei Champions-League-Spiele seien manipuliert worden oder dafür vorgesehen gewesen.

Seit Juni arbeiten Polizei und Uefa an diesem Fall zusammen. 15 Festnahmen in Deutschland und zwei in der Schweiz sowie mehr als 50 Hausdurchsuchungen in Deutschland, Österreich, England und der Schweiz am Donnerstag durch insgesamt mehr als 300 Polizisten sind der vorläufige Höhepunkt jener verdeckten Ermittlungen, die von Bochum aus seit Jahresbeginn in Zusammenarbeit mit der Polizei in der Schweiz und Österreich sowie mit der Police of London und Scotland Yard vorgenommen wurden. Berlin, Nürnberg und das Ruhrgebiet sind die deutschen Zentren des Betrugs. Zu den verdächtigen Personen und den manipulierten Spielen machen die Behörden keine Angaben, um die "umfangreichen weiteren Ermittlungen" nicht zu gefährden.

Einen Fall solchen Ausmaßes habe er im Sport noch nicht erlebt, sagte Andreas Bachmann, leitender Ermittler der Bochumer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität. In früheren Verfahren vorgenommenen Telefonüberwachungen sowie weitere Abhörungen im Zuge der Ermittlungen gegen die Wettbetrüger hätten all jene Indizien geliefert, die zu einer solch umfassenden und präzisen Auflistung jener 200 Spiele verhalf, die manipuliert worden sein sollen.

Geldwetten bei europäischen und asiatischen Wettbüros sollen den Betrügern Gewinne im zweistelligen Millionenbereich beschert haben, aber diese "vielleicht zehn Millionen", so der Ermittler Friedhelm Althans, "sind wohl nur die Spitze des Eisbergs".

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