Wettskandal:Hoyzer wird immer konkreter

Lesezeit: 3 min

Der Schiedsrichter erhebt schwere Vorwürfe gegen andere Referees, während die Staatsanwaltschaft Berlin nun auch Spuren ins Ausland verfolgt.

Von Thomas Kistner, Hans Leyendecker und Johannes Nitschmann

Die Staatsanwaltschaft Berlin verfolgt im Wettskandal neue Spuren. Die Ermittler interessieren sich nun für Verbindungen der drei inhaftierten kroatischen Brüder Ante, Milan und Philip S. ins Ausland. Dabei soll festgestellt werden, ob die Berliner Zelle eigenständig arbeitete oder Teil eines international operierenden Netzwerks war.

Im Mittelpunkt des Wettskandals: Robert Hoyzer. (Foto: Foto: AP)

Bei Razzien in Wohnungen und Büros der Brüder waren auch Transfers von britischen und italienischen Wettbüros festgestellt und Wettscheine aus dem Ausland gefunden worden. Ein- und Auszahlungen werden derzeit von Polizeiexperten mit Wetteinsätzen verglichen.

Die Strafverfolger hegen auch den Verdacht, dass es in anderen deutschen Städten zugegangen sein könnte wie im berüchtigten Cafe King. Belege dafür haben sie nicht, doch vermutet wird, dass Betrügereien nicht nur aus Berlin gesteuert wurden. Dabei fällt auf, dass die mit auffälligen Wettmustern versehene Zweitliga-Partie Aue-Oberhausen vom 18. Dezember bisher keine Rolle spielte bei den Ermittlungen.

Interessanterweise besteht ein Teil des ausgewerteten Materials aus Beschlagnahmungen in einem anderen Verfahren, das vom Berliner Landeskriminalamt, Dezernat 311 GFG, seit Sommer 2004 gegen Ante S. geführt wird. Dabei geht es um Geldwäsche.

Falsch gewettet

Auch verfolgen die Ermittler offenbar Spuren ins Rotlichtmilieu. So sollen einige Schiedsrichter Stammgast in einem Frankfurter Bordell gewesen sei. Aus Schiedsrichterkreisen wird bestätigt, es sei zumindest eine Zeit lang üblich gewesen, dass Profiklubs etwa in Frankfurt oder Berlin Betreuer abgestellt hätten, die für Versorgung und Wohlergehen der schon am Vortag anreisenden Schiedsrichter-Gespanne zuständig gewesen seien.

In Einzelfällen habe es dabei Sonderwünsche gegeben - auch dies sei in Teilen der Schiedsrichterszene bekannt.

Der in den Blickpunkt der Ermittlungen geratene Schiedsrichter Jürgen Jansen will indes seinen Unschuldsbeweis auf ungewöhnliche Art führen und bei einer Video-Pressekonferenz am Freitag in Passau die Manipulationsvorwürfe widerlegen. Anwalt Stephan Reiffen bestätigte dies gestern der SZ.

Auf einer Videoleinwand sollen Szenen von umstrittenen Bundesliga-Partien mit Jansen als Schiedsrichter gezeigt werden, darunter wohl auch die fraglichen Spiele Kaiserslautern - Freiburg von November 2004 sowie das Zweitliga-Spiel Dynamo Dresden - Unterhaching.

Manipulationen auch fehlgeschlagen

Derweil hat Hoyzer bei der Staatsanwaltschaft weiterführende, teils auch neue Angaben gemacht. Er korrigierte Angaben aus der ersten Vernehmung, bei denen er nicht richtig verstanden worden sei. Zudem beantwortete er Fragen, die Staatsanwältin Leister (Abteilung 68) schriftlich gestellt hatte, und präzisierte Angaben zu mutmaßlichen Verstrickungen von einzelnen Spielern.

Für die Ermittler gestaltet es sich schwierig, der Frage nachzugehen, welche Summen bei welchem Spiel gewettet wurden, wie oft die Kroaten gewannen und wann sie verloren haben. Tatsächlich ist manches auch schiefgelaufen. So hat Hoyzer eingeräumt, Manipulationsversuche beim Regionalligaspiel Paderborn - Chemnitz sowie dem Zweitliga-Spiel Unterhaching - Saarbrücken seien fehlgeschlagen.

Bei letzterer Partie am 28. November 2004, welche die Saarländer 3:1 gewannen, hatte Hoyzer den Hachingern beim Stand von 1:2 einen Strafstoß zugeschanzt, den Copado allerdings an die Torlatte setzte statt ins Netz. Kurz darauf trafen die Gäste zum 3:1.

Beim Match Paderborn - Chemnitz im Mai sei es ihm misslungen, eine Führung des Heimteams bis zur Halbzeit herzustellen. In beiden Fällen, heißt es aus Berliner Kreisen, habe Hoyzer bereits kassierte Summen zurückzahlen müssen.

Zerrissene Dokumente

Nach einem Bericht des Spiegel habe Hoyzer zudem ausgesagt, sein Kollege Dominik Marks habe 5000 Euro für einen Sieg der Hertha-Amateure im Regionalligaspiel gegen die Bielefelder Amateure kassiert. Weiter soll Marks auch 30.000 Euro nach dem 3:0 des MSV Duisburg im Zweitligaspiel beim Karlsruher SC von Ante und Milan S. bekommen haben.

Über Paderborns Mannschaftskapitän Thijs Waterink habe Hoyzer ausgesagt, er sei über den Kontaktmann Ante S. in die Manipulationen eingeweiht gewesen. Die beschuldigten Spieler und Schiedsrichter bestreiten die Vorwürfe.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft erscheint nicht ausgeschlossen, dass einige Spieler auch Kontakte zu Zocker-Kreisen in Kroatien und Rumänien unterhielten. In dem Zusammenhang fielen Merkwürdigkeiten bei der vorübergehenden Festnahme des von Cottbus zu Aachen gewechselten Spielers Laurentius Reghecampf auf.

Der gebürtige Rumäne war Mittwoch Morgen gegen 6.30 Uhr von fünf Durchsuchungsbeamten dabei überrascht worden, wie er auf der Toilette seines Aachener Hotels "Quellenhof" hastig zerrissene Dokumente vernichten wollte. Reghecampf war kurz zuvor, gegen sechs Uhr morgens, von den vergeblichen Durchsuchungsbemühungen in Cottbus informiert worden, die Polizei hatte seine dortige Wohnung verschlossen vorgefunden.

"Immer nur auf die eigene Mannschaft gesetzt"

Helmut Reiz, der Anwalt des Spielers, sagte gestern, er kenne zwar die beschlagnahmten Papiere noch nicht, die zum Teil wieder zusammengepuzzelt werden müssten. Doch habe sein Mandant gesagt, es handle sich dabei um Beträge, die Reghecampf für einen Hausbau in seine rumänische Heimat überwiesen habe. Ein Teil sei auch an einen dortigen Restaurant-Geschäftspartner der Ehefrau des Spielers gegangen. Die Staatsanwaltschaft habe am Donnerstag zugesichert, dass allen Beschuldigten-Vertretern die Akten bereits zugesandt werden.

Bei Regehcampf übrigens beschlagnahmte die Polizei auch einen Laptop, auf dem sich dessen "oddset-online-Name" für das Einloggen für Fußballwetten befindet. Laut Anwalt Reiz habe der Profi bei Spielen, an denen er selbst mitwirkte, "immer nur auf die eigene Mannschaft gesetzt".

© SZ vom 4.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: