Wettmanipulation in Österreichs Fußball:Gift aus Grödig

Lesezeit: 3 min

Ein Spieler des österreichischen Erstligisten SV Grödig ist in einen Manipulations-Skandal verwickelt. Im Internet kursiert eine verdächtige Spielszene von Dominique Taboga. Eine Geschichte, die zeigt, wie nah die Wettmafia auch in Mitteleuropa am bezahlten Fußball ist.

Von Michael Smejkal

Die Szenen hätten besser in einen Tatort gepasst denn in die Salzburger Provinz: Eine Sondereinheit der Polizei nahm am Dienstag bei einer geplanten Geldübergabe drei Personen im Salzburger Vorort Grödig fest - und der Vorgang hält seitdem die österreichische Sportöffentlichkeit in Atem: Es geht um Wettbetrug, Erpressung und mafiöse Zustände im Fußball, die in dieser Art in Europa wohl einmalig sind.

Dominique Taboga vom Salzburger Aufsteiger SV Grödig wurde nach eigenen Aussagen vom 20-fachen ehemaligen Nationalteamspieler Sanel K. erpresst, um Spiele zu manipulieren. Taboga sei nach eigenen Aussagen am Montag zur Polizei gegangen, darauf wurden am Dienstag K. und zwei Tschetschenen bei der Geldübergabe verhaftet. Einer der beiden Tschetschenen wurde am Mittwoch auf freien Fuß gesetzt, gegen die anderen zwei Verdächtigen prüft die Salzburger Staatsanwaltschaft die Verhängung der Untersuchungshaft.

Es ist eine Geschichte, in der immer noch viel unklar ist, die aber eindrücklich zeigt, wie nahe die Wettmafia auch in Mitteleuropa schon am bezahlten Fußball ist. Die Wege von Taboga und K. kreuzten sich einst in Kapfenberg. Beide waren dort bis 2012 als Spieler tätig, unter Trainer und Sportdirektor Thomas von Heesen. Kapfenberg rückte schon öfters in das Zentrum von Betrugsvorwürfen.

Bereits im Jahr 2004 ermittelte die Staatsanwaltschaft, weil ein Profi vor dem Spiel gegen den Linzer ASK Alarm geschlagen hatte: "Wenn wir gewinnen, passiert meinen Kindern etwas", meinte Dragan Bodul damals. Von einer ähnlichen Drohung berichtete später Torhüter Manfred Gollner. Und ein weiterer Kapfenberg-Spieler gestand im Frühjahr Spielmanipulationen.

Den Verdacht darauf hatte auch die Staatsanwaltschaft Salzburg nach dem Zweitliga-Match zwischen dem SV Grödig und Kapfenberg am 5. April 2013 und erstattete Anzeige gegen unbekannte Täter. Taboga war mittlerweile von Kapfenberg zu Grödig gewechselt, das auf dem besten Weg ins Oberhaus war. Überraschend verlor der Spitzenreiter jedoch an diesem Tag daheim 0:1 gegen Kapfenberg.

Das Spiel machte auch außerhalb von Österreich Schlagzeilen: Kurz nach Spielbeginn schlug ein Wettradar in London Alarm, da in Asien mehrere hunderttausend Euro auf die Partie gesetzt worden seien. Inhalt der Wetten: Kein Sieg von Grödig - das trat ein. Die Vorwürfe taten der Österreichische Fußball-Bund (ÖFB) und der betroffene SV Grödig als absurd ab, doch zu diesem Zeitpunkt dürfte es schon Kontakt zwischen Taboga und K. gegeben haben.

K. hatte zwischenzeitlich nach einem Kreuzbandriss seine Karriere beenden müssen und seine Spielleidenschaft war in der Szene Gesprächsthema. Angeblich soll der Kicker, der es bis zu Austria Wien und zu einem Gastspiel in der Schweiz gebracht hat, eine Villa in Salzburg verspielt haben. Wie der weitere Kontakt zwischen Taboga und K. verlief, das versucht die Staatsanwaltschaft zu ermitteln: Nach Schilderung von Taboga hatte der ehemalige Mitspieler versucht, ihn zu erpressen.

Taboga wollte sich angeblich nicht darauf einlassen und zahlte - nach seiner ersten Aussage - mindestens 70.000 Euro an die Erpresser, weil er Angst um das Leben seiner Zwillinge hatte. In einer zweiten Aussage korrigierte er die Summe nach unten, auf etwa 30.000 Euro. K. behauptet dagegen, es habe sich um die Rückzahlung privater Schulden gehandelt. Nach weiteren Ermittlungen am Mittwoch sickerte inzwischen durch, dass nun auch gegen Taboga ermittelt wird. Die Geschichte vom Opfer, das zehntausende Euro bezahlt, um kein Spiel manipulieren zu müssen, will ihm die Staatsanwaltschaft offenbar nicht mehr so recht abkaufen.

Schon mehrmals war Österreichs Liga in den Verdacht von Spielmanipulationen geraten, bewiesen konnte kaum etwas werden. Obwohl es seit Jahren beim österreichischen Bundeskriminalamt eine Task Force zu dem Thema gibt, wurden bisher nur zwei Fälle amtsbekannt - zuletzt in der fünften burgenländischen Liga.

Wie eine derartige Geschichte auch ausgehen kann, zeigt aber das Beispiel SW Bregenz. Der Traditionsklub aus Vorarlberg wurde im Zusammenhang mit dem Wettpaten Ante Sapina genannt. Das traf den Klub hart: Mitten in einer sportlichen Talfahrt sprangen Sponsoren ab, und der ÖFB achtete besonders penibel auf Bregenz. Am Ende stieg der Klub ab, bekam vom ÖFB auch keine Lizenz für die zweite Spielkasse mehr, damit waren alle Spieler frei und dem damals über 70-jährigen Klubchef blieb nur der Weg zum Konkursrichter. "Mein Lebenswerk wurde zerstört, obwohl es keine Anklage in der ganzen Causa gab", meinte er später.

Im Internet kursiert derweilen eine der letzten Spielszenen Tabogas: Unbedrängt holte er am Sonntag in der 86. Minute im Strafraum einen Rapid-Spieler von den Beinen, den Elfmeter verwertete Steffen Hofmann zum glücklichen 2:2-Endstand für die Wiener. Das Gift des Zweifels zersetzt nun allmählich die Liga, denn Grödig war schon die ganze Spielzeit über durch kuriose Resultate aufgefallen. Mittlerweile hat Grödig Taboga freigestellt. Und K.? Für den ist die ganze Sache auf eine gewisse, ironische Weise so etwas wie eine Rückkehr zu den eigenen Wurzeln: Er begann seine Karriere einst beim Polizeisport-Verein Salzburg.

© SZ vom 14.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: