Wetter in Sotschi:Auftritt der weißen Suppe

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Wintersport in Sotschi: Geplagt von Nebel und Wärme (Foto: dpa)

Die Wetterturbulenzen haben Sotschi fest im Griff. Erst weichen hohe Temperaturen die Pisten auf, dann kommt der Nebel. Erste Rennen werden abgesagt. Fans und Athleten lernen die Tücken der Bergregion kennen.

Von Carsten Eberts, Krasnaja Poljana

Wie es wohl am Schießstand aussieht? Vielleicht scheint dort drüben die Sonne. Vielleicht herrschen dort 25 Grad. Vielleicht wurde ein Strand aufgeschüttet, eine Palme installiert. Vielleicht spielen Ole Einar Bjørndalen und Erik Lesser gerade Beachvolleyball.

Das Problem der Fans auf der Tribüne ist, dass sie nicht bis zum Schießstand schauen können. Nicht mal bis zur Strecke, die direkt vor ihnen liegt. Nur 15, vielleicht 20 Meter reicht der Blick am Montagmorgen in der Laura-Biathlon-Arena. Danach schlägt die weiße Suppe gnadenlos zu.

Sotschi hat am Sonntag und Montag seine ersten Absagen erlebt. Alles ist weiß in den Bergen über Krasnaja Poljana, und das liegt nicht etwa daran, dass es endlich geschneit hätte. Dicker Nebel hängt im Tal zwischen den Wettkampfstätten, die Luft ist schwer und nass. Mit zunehmender Höhe wird es immer schlimmer. Hier können tatsächlich keine olympischen Wettkämpfe stattfinden.

Probleme mit der Loipe

Betroffen sind vor allem die Biathleten. Der Massenstart der Männer wurde erst von Sonntagnachmittag auf Montagmorgen, dann von Montagmorgen auf Montagmittag verschoben. Laut IBU-Renndirektor Franz Berger sollte sich der Nebel rechtzeitig verziehen, die Sicht wieder zwei bis vier Kilometer betragen. Auf nahezu spektakuläre Weise traf diese Prognose nicht ein - es wurde sogar noch schlimmer.

Gegen 11 Uhr deutscher Zeit dann die Absage. Die Sicht war zu schlecht, die Piste durch die Feuchtigkeit aufgeweicht. Die Entscheidung sei "klug", sagte Bundestrainer Mark Kirchner, "die Strecke war in weiten Teilen totale Pampe". Auch Arnd Peiffer lobte: "Mir ist so eine konsequente Entscheidung viel lieber, als wenn wir immer wieder von Stunde zu Stunde warten müssten. Das stört die Vorbereitung enorm, denn dann muss man in der Kabine warten und die Anspannung stets hochhalten." Der Massenstart der Männer soll nun am Dienstag nachgeholt werden, um 11.30 Uhr deutscher Zeit.

Der Massenstart der Frauen wird nach derzeitigem Stand wie geplant am Montagnachmittag (16 Uhr deutscher Zeit) ausgetragen. 15 Minuten vor der vorgesehenen Startzeit will die Jury auf einer Sitzung in Krasnaja Poljana endgültig grünes Licht für den Wettbewerb geben. Rund zweieinhalb Stunden vor Rennbeginn hatte sich der Nebel in den Bergen oberhalb von Sotschi gelichtet.

An dem Kurs wird nach wie vor aber hart gearbeitet. "Zwar haben sie die ganze Strecke gesalzen, doch das Salz hat nicht die erhoffte Wirkung gezeigt", sagte Jury-Mitglied Fabrizio Curtaz.

Die Biathlon-Enthusiasten, die sich auf den Massenstart der Männer gefreut hatten, müssen nun erstmal warten. Sie stehen zwischen den Getränkebuden herum, trinken Kaffee oder Bier. Manche sind nicht mehr ganz so enthusiastisch, haben die Arena auch mit dem Lift schon wieder verlassen. Die Organisatoren versuchen, mit extrem lauter Musik gute Stimmung zu verbreiten. "Help" wird gespielt, von den Beatles.

So lernen Sportler und Fans die Tücken der Wintersportregion oberhalb Sotschis kennen. Erst war es die Sonne mit Temperaturen bis zu 20 Grad, die die Pisten aufweichte. Dann kam der Nebel. Der kann sich in dieser Gegend bis zu drei Tage halten, ohne dass sich die Sicht verbessert. Kurz nach dem Massenstart wurde auch der Snowboardcross-Wettbewerb abgesagt. Die Rennen sind selbst bei guter Sicht schon gefährlich genug.

Sotschi befindet sich damit in guter Gesellschaft. Auch bei vergangenen Winterspielen mussten Wettbewerbe verschoben werden - etwa 1998 in Nagano, als ein Schneesturm aufzog und den Terminplan durchwirbelte. Die Kombinationsabfahrt sowie die klassische Abfahrt der Männer mussten aus Terminnot schließlich an einem Tag ausgetragen werden. Auch der Sprint der Biathleten wurde nach 40 Minuten wegen Schneefalls und Nebels abgebrochen.

Bislang verwiesen die Organisatoren in Sotschi stets stolz darauf, dass alle Wettkämpfe wie geplant durchgeführt werden konnten. Mit diesem Nimbus ist es nun vorbei. Zumindest in dieser Hinsicht finden in Sotschi ganz normale Winterspiele statt.

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