Werner Lorant in der Bezirksliga:"Jetzt reicht's aber mit dir, du kleine Wurst!"

10 08 2014 Fussball 2 Bundesliga 2014 2015 2 Spieltag TSV 1860 München RB Leipzig in der Allia; Werner Lorant

Werner Lorant ist eigentlich schon in Pension - beim Bezirksligisten TSV Waging am See arbeitet er noch einmal an seinem Legendenstatus.

(Foto: imago/MIS)

Hunderte Zuschauer, Megafone und sogar ein bisschen Feuerwerk: Die Relegation in einer bayerischen Bezirksliga begeistert die Menschen - dank der wortgewaltigen Trainerlegende Werner Lorant.

Von David Weber

Hinter der Bierbank hat sich eine kleine Fangemeinde versammelt, und das liegt nicht am zweifellos vorhandenen rustikalen Charme der Bierbank, sondern daran, dass diese Bierbank auch die Trainerbank ist. Diese Trainerbank wiederum ist heute die Trainerbank von Werner Lorant. Sie steht am Spielfeldrand beim TSV Großhadern, und das ist die Bezirksligamannschaft, gegen die Lorants Bezirksligamannschaft, der TSV Waging am See, zum ersten Relegationsspiel antritt.

Der Sportplatz an der Heiglhofstraße ist gut gefüllt, rund 600 Zuschauer sind da. Darunter etwa 70, 80 frenetische Anhänger aus dem Kurort Waging, alle in Blau-Weiß, mit Trommel, Megafon, Sirene und sogar ein bisschen Feuerwerk. Volle Lautstärke für den Klassenerhalt. Sympathisanten der Heimmannschaft fehlen natürlich auch nicht.

"Jetzt reicht's aber mit dir, du kleine Wurst!"

Und dann gibt es hier tatsächlich ein paar Leute, die nur wegen Lorant gekommen sind. Sie machen halb-heimlich Fotos und Videoclips mit ihren Handykameras, schicken sie direkt hinaus in die Welt, lassen sich Autogramme geben, kichern bei jedem Wort, bei jedem Blick von Lorant, dem Kulttrainer des TSV 1860 München, dem Original, der Legende.

Da! Der Außenverteidiger vom TSV Großhadern hat schon wieder gefoult. "Jetzt reicht's aber mit dir, du kleine Wurst!", ruft Lorant. Der Fanklub ist begeistert. Das war ein echter Lorant!

Anfang April hat er den TSV Waging übernommen. Auf sieben Spiele war die Mission ausgerichtet, sieben Spiele, um den Abstieg zu verhindern, für das Wunder von Waging. Hat nicht ganz geklappt. Bei Amtsantritt waren es zwei Punkte Abstand zum Relegationsplatz, vier zum Klassenerhalt. Lorant, 66, der eigentlich am See seine Rente genießen will, holte 10 Punkte aus sieben Spielen, ordentlich, aber zwei zu wenig, um einen Platz gutzumachen. Dass aus sieben Spielen doch noch neun wurden, sprich die Relegation erreicht wurde, war dem Rückzug einer Mannschaft aus dem Tabellenmittelfeld zu verdanken. Glück gehabt, Werner.

Am Mittwoch steigt das nächste Spiel

"Das sind meine Spiele", ruft Lorant kurz vor Anpfiff einem Zuschauer zu, "jetzt geh' ich noch einen Espresso trinken, und dann geht's los." Rauchverbot an der Seitenlinie war mal. Ist ja auch nervenaufreibend, die Relegation, zumal da gleich drei Mannschaften um einen Bezirksligaplatz kämpfen, aber Lorant, der ist nicht nervös, "ich weiß ja, was meine Mannschaft kann".

Sie kann Fußball spielen, verteidigen, angreifen, alles nicht so gut wie die Bundesligisten, aber das war Lorant bewusst, als er die Mannschaft übernahm, er kannte sie gut. Jetzt trainiert er halt den "Sterni" und "Berni" statt den Häßler und Czerny, "Fußball", hat Lorant nach seinem ersten Spiel gesagt, "ist immer das Gleiche".

Noch ein Sieg, dann ist Lorant der Retter vom See

Zweimal geht Waging in Führung. Zweimal gleicht Großhadern aus. "Da werd' ich verrückt", schimpft Lorant und spielt Hundeschule: "Kommt ihr weiter raus? (lauter) Kommt ihr weiter raus? (sehr laut) Kommt ihr wohl weiter raus???" - "Herr Lorant, jetzt ist Ruhe!", ruft der Schiedsrichter. "Was, Herr Lorant!?", äfft Lorant. Drei Minuten noch, da fällt das 3:2 für Waging. Wenig später der Schlusspfiff. Drei Punkte für Waging. Sieht gut aus für den Klassenerhalt.

Noch ein Sieg am nächsten Mittwoch gegen den ESV München, vielleicht reicht ein Unentschieden, ganz vielleicht sogar eine Niederlage, dann ist es doch noch geschafft, die Mission erfüllt, und der Campingplatz am See - Lorant wohnt gleich nebenan - kann als Wallfahrtsort in den Reiseführer eingetragen werden, für die Lorantianer.

Sie haben ihn alle gut gesehen heute, ganz aus der Nähe. Ein Mann im Löwentrikot läuft aufgeregt hin und her und zeigt sein Handy herum. Er hat Lorant in der Halbzeit an der Kabinentür abgepasst, seine Frau durfte ein Foto von den beiden machen. Nur er und Lorant, sonst niemand. Gutes Bild, loben die Umstehenden, "aber da hast du ja ganz schön die Plauze rausgestreckt". "Egal", sagt der Mann. "Hauptsache, er ist gut drauf". Er, das ist Werner Lorant: der Retter vom See.

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