Werder Bremen:Das nächste Schleudergang-Spiel

Werder Bremen: Djibril Sow erzielte das zwischenzeitlche 4:2 für die Eintracht.

Djibril Sow erzielte das zwischenzeitlche 4:2 für die Eintracht.

(Foto: IMAGO/nordphoto GmbH / Teresa Kroeger/IMAGO/Nordphoto)

Nach der aufregenden Partie in Dortmund folgt die aufregende Partie gegen Frankfurt. An einem wilden Sonntagnachmittag fallen in Bremen sieben Tore - doch diesmal bleibt das Werder-Comeback knapp aus.

Von Thomas Hürner, Bremen

Es war klar, dass vor dem Anpfiff dieses Rahmenprogramm gewählt werden musste. Szenen aus glorreichen Zeiten des SV Werder flimmerten am Sonntagabend über die beiden Anzeigetafeln im Bremer Weserstadion, was für die Heimfans auch deshalb eine tolle Sache war, weil diese Zeiten nur exakt acht Tage zurücklagen. Zu sehen waren Bremer Spieler in lachsfarbenen Auswärtstrikots, die enthemmt über den Rasen flitzen, und aus den Stadionboxen dröhnte die Stimme eines Kommentators, der auf Englisch von einem "devastating victory" sprach, als Werder in den Schlussminuten ein 0:2 mal eben in einen 3:2-Sieg zurechtgebogen hatte.

Es lässt sich nicht leugnen, dass dieser "zerstörerische Sieg" bei Borussia Dortmund für den SV Werder und seinen Anhang ein riesengroßes Ereignis war, das auch in jedem Saisonrückblick Erwähnung finden wird. Das war aber nur die Ouvertüre. Denn kaum hatte sich das Publikum vom Highlight-Clip aus der Vorwoche erholt, ging schon das nächste Spektakel los, nur diesmal live auf dem Rasen und mit dem aus Bremer Sicht schlechteren Ende: Werder verlor in einem wilden Spiel 3:4 gegen Eintracht Frankfurt.

Zwischen dem Dortmund-Spiel und dem Frankfurt-Spiel gab einen weiteren eklatanten Unterschied, denn es fehlte an einer kohärenten Dramaturgie, nach der sich die Geschehnisse hätten ordnen lassen können. Es ging so schnell hin und her, drunter und drüber, dass Beobachter das Gefühl bekommen konnten, sie seien in eine Waschmaschine mit der "Schleudern"-Funktion geraten. Insofern passte es ganz gut, dass in der zweiten Minute ein Spieler das erste Tor erzielte, der in seiner Karriere selbst kennengelernt hat, wie sich die Dinge nach vorne und wieder zurück entwickeln können: Frankfurts Mario Götze traf aus dem Rückraum mit einem Flachschuss, der für den Werder-Torwart Jiri Pavlenka haltbar gewesen wäre.

Frankfurt trifft am Ende noch zwei Mal fast ins eigene Tor

Es ließ sich nicht genau sagen, welche Mannschaft von nun an spielbestimmend war, und das will was heißen, da Werder wenig später das Kunststück gelang, innerhalb von nur drei Minuten den Ausgleich zu bewerkstelligen. Natürlich hatte sich der Drehbuchautor auch ein paar besondere Details einfallen lassen: Der Linksfuß Anthony Jung traf per Rechtsschuss (14. Minute) und der nur 1,70 Meter große Leonardo Bittencourt per Kopf (17.). Nun waren die Rollen also wieder vertauscht, aus dem Jäger wurde der Gejagte und andersrum. Das Problem für die Bremer war bloß, dass das Spiel - anders als in der Vorwoche - noch eine Weile weiterging und die Eintracht keinerlei Anstalten machte, Protagonist in der nächsten Werder-Comeback-Geschichte zu werden. Im Gegenteil: Frankfurt ging die Sache mit einer gewissen Coolness an, verschaffte sich ein Übergewicht im Mittelfeld und stellte die Räume so clever zu, dass die Bremen eine erhebliche Streuung in ihr ansonsten solides Passspiel bekamen.

Entgegen kam der Gästemannschaft zwar, dass der Bremer Spielmacher Bittencourt verletzt raus musste und der später ausgewechselte Defensivmann Christian Gross nicht seinen besten Tag hatte. Aber es zeigte sich schon auch die Qualität des Champions-League-Teilnehmers Frankfurt im Vergleich zum Aufsteiger Bremen. Als permanente Unruheherde traten etwa die beiden pfeilschnellen und wendigen Angreifer Randal Kolo Muani und Jesper Lindström in Erscheinung, die zusammen die erneute Führung für die Eintracht herstellten: Kolo Muani schnappte sich vor seinem Rechtsschuss einen schlimmen Bremer Fehlpass (32.), Lindström chippte den Ball stilvoll über Pavlenka ins Tor (39.).

Besonders erstaunlich war an diesem Spiel, dass das enorme Tempo, das von beiden Teams auch in der zweiten Hälfte aufrecht erhalten wurde, nicht in noch mehr Treffern resultierte. Denn Werder hielt sich gewissenhaft an die Maßgabe, dass ein Spiel mindestens 90 Minuten dauert und ließ sich auch nicht davon beirren, dass sie nach dem Treffer von Djibril Sow zwischenzeitlich 2:4 hinten lagen. Die Bremer warfen nun alles nach vorne und setzten bei ihren Dauerangriffen alle Bordmittel ein, die in der Offensive zur Verfügung stehen. Stürmer Niclas Füllkrug gelang in der Nachspielzeit per Elfmeter sogar noch der Anschlusstreffer, weshalb sich in den Schlussminuten alle Blicke auf den eingewechselten Joker Oliver Burke richteten, der in dieser Saison schon zwei Last-Minute-Treffer erzielen konnte.

Burke blieb diesmal erfolglos, aber dafür traf die Eintracht zweimal fast selbst ins eigene Tor - und das wäre eigentlich alles gewesen, was dieser Partie noch gefehlt hätte: ein Eigentor.

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