DFB-Pokal:Bremens Aufbruchsstimmung verfliegt

VfL Osnabrück - SV Werder Bremen 2:0

Traumtor: Bremens Torwart Michael Zetterer schaut dem Schuss von Osnabrücks Sven Köhler zum 2:0 hinterher.

(Foto: Revierfoto/dpa)

In der ersten Pokalrunde trifft Werder nur Pfosten und Latte, kassiert einen Gegentreffer aus mehr als 50 Metern und scheidet gegen Drittligist Osnabrück aus. Derweil bröckelt der Bremer Kader weiter.

Von Ulrich Hartmann

Die ultimative Demütigung erlebten die Fußballer von Werder Bremen in der vierten Minute der Nachspielzeit. Der mit aufgerückte Torwart Michael Zetterer hatte sein Tor verlassen, um die Chancen auf den späten Ausgleich zu erhöhen, als der Osnabrücker Sven Köhler des Balls habhaft wurde und einen Meter vor der Mittellinie, also noch aus der eigenen Spielhälfte, abzog. Der Ball flog etwa 50 Meter hoch und weit über den zurückeilenden Zetterer hinweg ins Bremer Tor.

Der Zweitligist Werder unterlag 0:2 (0:1) beim Drittligisten VfL Osnabrück und schied nach zuletzt zwei Viertel- und zwei Halbfinal-Teilnahmen im DFB-Pokal nach vier Jahren erstmals wieder in der ersten Pokal-Runde aus. "Bei allem Respekt für Osnabrück", sagte der neue Werder-Trainer Markus Anfang hinterher, "wir sind hier heute an uns selbst gescheitert." Ein bisschen Pech war allerdings auch dabei, da die Bremer in der zweiten Halbzeit zwei Pfosten- und einen Lattentreffer zu beklagen hatten. "Wir hätten in der zweiten Halbzeit mindestens vier Tore schießen müssen", befand Anfang. Nach einem 1:1 zum Zweitliga-Auftakt gegen Hannover 96 und einem 3:2-Sieg am zweiten Spieltag bei Fortuna Düsseldorf dürfte die Aufbruchstimmung damit bereits wieder ein bisschen angekratzt sein.

Es ist gerade mal gut drei Monate her, dass Werder in der vergangenen Spielzeit den Einzug ins DFB-Pokal-Finale verpasst hatte. Am 30. April verloren die Bremer ihr heimisches Halbfinale gegen RB Leipzig in der Nachspielzeit der Verlängerung. In den anschließenden Wochen haben sie noch mehr verloren als ein Pokalspiel: die Zugehörigkeit zur Bundesliga, den Trainer Florian Kohfeldt sowie allerhand Spieler, die dringend benötigtes Geld in die leeren Bremer Kassen spülen sollen.

Der Spielmacher Yuya Osako fehlte bereits am Samstag in Osnabrück, damit er mit dem japanischen Verein Vissel Kobe über einen Transfer verhandeln konnte. Am Sonntag gab der SV Werder dann bekannt, dass Osako den Klub verlassen wird. Dem Vernehmen nach erhalten die Bremer allerdings nur eine geringe Ablöse für den Japaner, dessen Vertrag in einem Jahr ohnehin ausgelaufen wäre. "Yuya ist mit dem Wunsch an uns herangetreten, dass er den Verein verlassen und wieder in seine Heimat zurückkehren möchte", erklärt Werder-Sportchef Frank Baumann in einer Vereinsmitteilung. "Mit dem Wechsel nach Kobe haben wir eine für alle Seiten passende Lösung finden können."

Umso wichtiger wäre es daher gewesen, dass der US-amerikanische Mittelstürmer Sargent im Pokal noch mitspielt. Immerhin ging es beim Einzug in die zweite Runde auch um mehr als eine Viertelmillion Euro Prämie. Zwar ist sich Werder wohl mit Norwich City über einen Transfer Sargents weitgehend einig, doch die Pokalpartie in Osnabrück hätte gewissermaßen Sargents Abschiedsspiel werden sollen.

Latte, Pfosten - Bremen hatte seine Chancen

Bereits am Freitag hatte der 21-Jährige bei Werder allerdings darum gebeten, im Pokal nicht mehr auflaufen zu müssen. Der Klub hat offenbar zähneknirschend eingewilligt, auch um den Transfer, der sich im Bereich um elf Millionen Euro bewegen soll, nicht zu gefährden. Man sei gleichwohl enttäuscht gewesen von Sargents Entscheidung, sagte Clemens Fritz aus dem Sportlichen Führungsstab des Profiteams vor dem Spiel dem Sender Sky.

Dass den Bremern, Absteiger in die zweite Liga, beim nur 125 Autobahnkilometer entfernten VfL Osnabrück, Absteiger in die dritte Liga, kein einziges Tor gelingen wollte, hatte mit den Absenzen der Stürmer Milot Rashica (für elf Millionen Euro ebenfalls zu Norwich City), Sargent und Osako ebenso zu tun wie mit der mangelnden Treffsicherheit des verbliebenen Mittelstürmers Niclas Füllkrug. "Ich habe meinen Job als Stürmer heute nicht gemacht", sagte er hinterher selbstkritisch. Kurz nach der Pause traf er aus aussichtsreicher Position per Kopf nur die Latte. Später köpfelte auch der Neuzugang Nicolai Rapp (zuvor von Union Berlin an Darmstadt 98 verliehen) zwei Mal nur an den Pfosten.

Fußball DFB-Pokal 1. Runde VfL Osnabrück - SV Werder Bremen am 07.08.2021 im Stadion an der Bremer Brücke in Osnabrück

Leitete den Favoritensturz ein: Maurice Trapp (Nr. 18) köpft das Tor zum 1:0 für die Osnabrück kurz vor der Halbzeit.

(Foto: Revierfoto/imago)

Maurice Trapp hatte die Osnabrücker kurz vor der Halbzeit mit 1:0 in Führung gebracht. Unter akustischer Mithilfe von gut 5000 Fans brachten die Osnabrücker eine leidenschaftliche Vorstellung mit Köhlers finalem Traumtor über die Zeit, das in der ARD-Sportschau vermutlich zum Tor des Monats August gewählt wird. Vor dem Spiel hatten die Osnabrücker Spieler ihre Fans mit einem Banner begrüßt. "Endlich wieder Brücken-Roar mit Euch", hatte darauf gestanden. Und dieses "Brüllen" der Fans im Stadion "Bremer Brücke" klang den enttäuschten Bremern noch in den Ohren, als sie am Abend wieder heimfuhren.

Am kommenden Sonntag empfangen sie zum dritten Spiel der Zweitliga-Saison jenen SC Paderborn, von dem die Osnabrücker ihren neuen Trainer Daniel Scherning verpflichtet haben. Der 37-Jährige war dort vier Jahre lang Co-Trainer des mittlerweile zum 1. FC Kölns gewechselten Trainers Steffen Baumgart.

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