Süddeutsche Zeitung

Werder Bremen und die AfD:Klare Haltung gegen Hetzer ist richtig

Darf ein Fußball-Klub einem Fan die Dauerkarte verweigern, weil er der AfD nahesteht? Nein. Aber selbstverständlich sollen Profis und Fans ihren Einsatz für Toleranz und Humanismus laut kundtun.

Kommentar von Peter Burghardt

Darf ein Fußball-Bundesligist einem Fan und vormaligen Mitglied die Dauerkarte verweigern, weil er der AfD nahesteht? Natürlich nicht. Das weiß auch Werder Bremen, so doof sind der Klub und seine Führung nicht. Die Debatte ist ein bizarres Missverständnis, ausgelöst durch einen unglücklichen Mailwechsel sowie einen Zeitungstext - und wurde von der Vereinsführung schnell klargestellt. Nein, es gebe keine neue Regeln für die Dauerkarten, erklärte der Präsident und Jurist Hubertus Hess-Grunewald. Fall beendet? Ja. Und nein.

Für billigen Populismus, wie die AfD ihn schätzt, taugt die Sache nicht. Aber interessant ist die Debatte trotzdem. Es geht mal wieder um diese Frage: Wie politisch darf, wie politisch soll der Sport sein, vor allem unter viel beachteten Profis?

Heikles Thema. Hätten Spitzenfunktionäre ein stets verlässliches Gewissen, dann wäre kein Olympia 1936 in Hitler-Deutschland über die Bühne gegangen und keine Fußball-WM 1978 vor Argentiniens Folterknechten. Weit hergeholt die Beispiele, vielleicht, aber die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland sind dramatisch. Die AfD ist demokratisch gewählt und die größte Oppositionspartei im Bundestag, sie vertritt eine Menge Menschen. Doch die Rechtsradikalen und Rassisten in ihren Reihen werden immer mächtiger, siehe Chemnitz. Mit angezettelt wurden die Ausschreitungen gegen Ausländer dort von Hooligans des Viertligisten Chemnitzer FC, womit wir wieder beim Fußball wären. Die Vereine der Bundesliga tun gut daran, Haltung zu zeigen gegen Brandstifter im Parlament, die keinen dunkelhäutigen Nationalspieler als Nachbarn haben wollen und den Holocaust unbedeutend finden.

Die Bremer vertreten ein traditionell eher linkes Milieu

Profis und Fans sollen ihren Einsatz für Toleranz und gegen Hetze laut und deutlich kundtun. Sie sollen sich positionieren, nicht nur ihrer Marke zuliebe; die Bremer vertreten ein traditionell eher linkes Milieu. Sie sollen sich von einer AfD distanzieren, die sich nicht von Gewalt, Hass und Neonazis distanziert. Aber selbstverständlich können Dauerkartenbesitzer und wohl auch Mitglieder nicht daran gemessen werden, welcher Partei sie nahestehen, sofern sie sich benehmen. Juristisch gibt es eine klare Linie zwischen Haltung und Verbot. Das weiß der Rechtsanwalt und Werder-Chef Hess-Grunewald genau, vermutlich ist er künftig bei seinen E-Mails vorsichtiger. Dass Werder und AfD nicht gut zusammenpassen, das darf er aber ohne Weiteres sagen.

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Quelle:
SZ vom 10.10.2018/schma
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