Werder Bremen:So stark wie zuletzt 2004

SV Werder Bremen v Sport-Club Freiburg - Bundesliga

„Es ist ein anderes Gefühl“: Torschütze Theodor Gebre Selassie ist bereit für die Spiele gegen die Bayern.

(Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images)

Nach dem 2:1 gegen Freiburg denkt Werder sofort an das nächste Spiel gegen den FC Bayern.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Nach dem Schlusspfiff sangen sie wieder dieses beliebte norddeutsche Lied, das besagt, dass den Bayern die Lederhosen ausgezogen gehören. So laut sangen sie, dass es klang wie ein kleiner Orkan, der durch das Weserstadion zog. Und das, obwohl es wenige Minuten zuvor vereinzelte Pfiffe gegeben hatte. Die Bremer Fans freuten sich weniger über dieses mühsame 2:1 (0:0) ihres SV Werder gegen den SC Freiburg, sie freuten sich auf zwei Duelle mit dem FC Bayern - erst am Karsamstag in München und vier Tage später im Halbfinale des DFB-Pokals daheim. Das Lied mit den Lederhosen haben sie in Bremen oft gesungen in den vergangenen Jahren, doch am Samstag klang es nicht so wie in den vergangenen sechs Jahren, als dieser Song zwischen Ergebnissen gegen die Münchner wie 0:6, 0:7 oder 0:5 eher die Hoffnung auf weit entfernte bessere Zeiten ausdrückte. Diesmal sagte Verteidiger Theodor Gebre Selassie zu den anstehenden Spielen: "Es ist ein anderes Gefühl."

Die Bremer gehen in die Duelle mit dem FC Bayern mit dem Wissen, in der Rückrunde unbesiegt sowie neben Frankreichs Meister Paris St. Germain das einzige Team in den großen europäischen Ligen zu sein, das in jedem Spiel mindestens einen Treffer erzielt hat. Die Hanseaten durchleben die beste Phase seit ihrem letzten Titelgewinn 2004.

Der Sieg gegen Freiburg, durch den Werder zumindest am Samstag auf einen Europa-League-Tabellenplatz rückte, war jedoch eine schwierige Angelegenheit, mit vielen Fehlern. Mittelfeldspieler Maximilian Eggestein fasste es so zusammen: "Es war ein Geduldspiel gegen einen Gegner, der mit elf Mann verteidigt hat." Wobei das stark ersatzgeschwächte Team des Freiburger Trainers Christian Streich sich nicht nur mit elf Mann an den eigenen Strafraum zurückzog, sondern auch einige Konter mit vier, fünf Leuten fuhr, die durchaus zum 0:1 hätten führen können. Streich hatte lange darüber nachgedacht, "wie wir uns auf den Max einstellen" - als sei sein früherer Spieler Max Kruse halb Werder. Er nahm dann den Bremer Spiellenker zum Teil mit einer Art Manndeckung aus dem Spiel. So brauchten die Gastgeber ein bisschen Glück und eine Ersatzbank, mit der sich auch Siege einfahren lassen.

Zunächst das Glück: In der 76. Minute flankte Milot Rashica, und Davy Klaassen schraubte sich zwischen drei Freiburgern hoch. Nach Klaasens Kopfballtor dachten viele Beobachter, der Torschütze wäre im Abseits gewesen. Das Video, das auf der Stadiontafel gezeigt wurde, löste das nicht auf. Eggestein fand es "nicht besonders schlau", die Szene zu zeigen und so die Freiburger anzuheizen. Doch die Experten in Köln wiesen mit der kalibrierten Linie nach, dass Klaassen sich im richtigen Moment einen Zentimeter aus dem Abseits entfernte. Acht Minuten später stellte Werder mit einem Kopfballtor von Gebre Selassi den Sieg sicher. Der wurde auch durch das Anschlusstor von Luca Waldschmidt in der Nachspielzeit nicht gefährdet.

Was die Ersatzbank anging: Dort saß bis zur 63. Minute "ein junger Peruaner", wie Trainer Florian Kohfeldt den 40-jährigen Claudio Pizarro vergnügt beschrieb. Dieser brachte nach seiner Einwechslung wieder einmal "etwas Besonderes" auf den Rasen, wie Klaassen es nannte. Die zuvor vermisste souveräne Ruhe, aber auch Raffinesse. Fast hätte Pizarro mit einem Kopfball noch sein 196. Bundesligator erzielt.

In der zweiten Halbzeit wurde zudem nachgewiesen, dass Sportchef Frank Baumann nicht nur einen guten Torwart verpflichtet hat. Stammtorhüter Jiri Pavlenka hatte in der 35. Minute bei einer Rettungsaktion gegen Vicenzo Grifo einen Schlag abbekommen und wurde durch Stefanos Kapino, 25, ersetzt. Der Grieche zeigte in mehreren Situationen, dass er mal "eines der größten Torhüter-Talente Europas war", wie Kohfeldt den Nationalspieler adelte. Gegen die Bayern sollte Pavlenka wieder fit sein - gerade deshalb war Kohfeldt froh, dass alle im Kader zuweilen "beweisen können, dass sie etwas können". Das stärke den Teamgeist.

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