Werder überrascht die Bundesliga:Bremer Aufschwung dank Max & Maxi

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Hanseatisches Erfolgsduo: Maximilian Eggestein (links) und Max Kruse sind die treibenden Kräfte beim SV Werder Bremen.

(Foto: imago/Moritz Müller)
  • Beim 2:0-Sieg der Bremer kann sich Schalke nur wenig behaupten. Ein Rückschritt nach den zuletzt besseren Ergebnissen.
  • Werder muss sich fragen, ob sie mit dem Ziel Europacup nicht zu tief stapeln. Schließlich könnte es mit der aktuellen Platzierung in die Champions League gehen.
  • Während das Bremer Duo Kruse und Eggestein mit einer erstaunlichen Sebstverständlichkeit spielte, war insbesondere der Schalker Mendryl symptomatisch für die fehlende Konsequenz im Team der Gelsenkirchener.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Maximilian Eggestein, 21, gilt als Laufwunder, seit er für Werder Bremen in der Bundesliga spielt, auch am Samstag im Spiel beim FC Schalke 04 war er wieder fleißig. Nur die Schalker Alessandro Schöpf und Weston McKennie waren mehr unterwegs als Eggestein, der 12,38 Kilometer zurückgelegt hatte.

Noch wichtiger als diese vielen Meter waren aber womöglich die Meter, auf die er glücklicherweise verzichtet hat, wie Werder-Manager Frank Baumann hervorhob: Seiner Theorie zufolge ist Eggestein neuerdings nicht mehr ständig darum bemüht, überall gleichzeitig zu sein, "ab und zu macht er auch mal einen Lauf weniger", hat Baumann erfreut festgestellt, und damit erklärt er sich Eggesteins plötzliche Torjägerqualitäten: Zielgenauigkeit durch Energieersparnis. Am Samstagabend schoss der formell defensive, inzwischen dezidiert angriffsfreudige Mittelfeldspieler beide Tore beim Bremer 2:0-Sieg in Gelsenkirchen, drei weitere Saisontreffer in Liga und Pokal untermauern Baumanns These.

Der Betroffene äußerte allerdings eine ganz andere Mutmaßung. "Wenn's läuft, dann läufts", erläuterte er seine Trefferbilanz. Zweimal schoss Eggestein aufs Schalker Tor, zweimal traf er ins Eck, er verkörperte damit eine Effektivität, die bislang eher eine typische Eigenschaft des Bremer Gegners war. Doch am Samstagabend vollzogen die beiden Opponenten einen quasi demonstrativen Rollenwechsel.

Auf Schalke wartet in der Champions League Istanbul mit "zünftiger" Stimmung

Während die Schalker sich nach der sechsten Saisonniederlage der bitteren Wirklichkeit stellen mussten und der Manager Christian Heidel eine neue Orientierung verordnete ("zuallererst geht es darum, da unten rauszukommen"), fühlen sich die Bremer nach all den Jahren des Krebsens und Knappsens in ihren gehobenen Ambitionen bestätigt. Die Mannschaft dokumentierte mit einer reifen Leistung, dass die guten Vorsätze berechtigt sind. "Wir haben immer gesagt, dass unser Ziel Europa ist, da brauchen wir uns nicht kleiner zu machen, als wir sind", sagte Eggestein. Schon kamen Fragen, ob man die Ziele in Bremen nicht revidieren müsse, vom Europacup Richtung Champions League.

Einstweilen sind es aber noch die Schalker, die am Mittwoch in Istanbul in der Champions League beim türkischen Meister Galatasaray antreten werden. Ob dies im Rahmen der aktuellen Probleme in der Liga eher der Pflicht oder Kür entspricht, das wird sich zeigen. Es bedarf offenbar bereits einiger Anstrengungen, bei den Spielern die nötige Vorfreude zu wecken: In Istanbul gehe es "zünftig" zu, sagte Heidel und meinte damit die zusätzliche Herausforderung, die durch das extrem laute Publikum entstehe, "man muss in die Köpfe bekommen, sich darauf zu freuen".

Jegliches Dirigieren Tedescos half nichts

Spielfreude ist nun aber gerade nicht das, was die Schalker ausstrahlen. Trotz des ehrenwerten Vorsatzes von Trainer Domenico Tedesco, dem Publikum besseren, ansehnlicheren und offensiveren Fußball zu bieten als bei den auf minimalistische Weise gewonnen Begegnungen mit Mainz, Moskau und Düsseldorf, waren die Schalker ihrem Gegner spielerisch unterlegen. Erst als sich Mark Uth zur zweiten Halbzeit dem einsamen Guido Burgstaller in der Sturmspitze zugesellte, wurde es ein bisschen gefährlich vor dem Bremer Tor.

Bis dahin schien auch Tedesco manchmal schon den Spaß verloren zu haben: Als Dirigent fiel er eher durch Gesten der Verzweiflung als der Ermunterung auf, besonders dann, wenn der Außenverteidiger Hamza Mendyl wieder das Gegenteil von dem tat, was der Trainer wünschte. Der 20-Jährige, im Sommer aus Frankreich gekommen, besitzt eigentlich beste Anlagen: Tempo, Durchsetzungskraft und Offensivdrang. Wenigstens ein halbes Dutzend Mal brachte er sich durch gelungene Flügelläufe in die Position für eine gute Hereingabe, wenigstens ein halbes Dutzend Mal landete der Ball aber beim ersten Gegenspieler.

Nuri Sahin erinnert allerdings auch an die Mannschaftsleistung bei Werder

Immerhin hatte Mendyl damit aber für ein paar Momente in der ersten Halbzeit, die ansonsten, so Eggestein, lediglich "Taktikgeplänkel" zu bieten hatte: "Da war nichts los." Das änderte sich dann kurz vor der Pause mit seinem Tor zum 1:0, mit dem er Alexander Nübel, den Stellvertreter des kurzfristig verletzt ausgefallenen Stammtorwarts Ralf Fährmann kurzfristig überraschen konnte. Die Vorlage zum Schuss kam von Max Kruse, nicht nur deshalb konnte man als Betrachter versucht sein, den Bremer Aufschwung unter dem Titel Max & Maxi zu rubrizieren, wobei Kruse im Gegensatz zu Eggestein kein Problem damit hat, ein paar Meter weniger zu laufen.

Kruse macht lieber die richtigen, als die überflüssigen Meter, und wenn das dem Bremer Meisterhirn gelingt, dann funktioniert das Werder-Spiel. Entscheidend sei, Kruse "ins Rollen zu bekommen", gab Mittelfeldspieler Nuri Sahin den Spielverlauf wieder, um sich politisch korrekt zu revidieren: "Nicht nur Max und Maxi haben das Spiel gewonnen, heute waren elf bis 14 sehr, sehr gute Werder-Spieler auf dem Platz." Baumann betonte dennoch, man habe "in fast allen Bereichen Steigerungsmöglichkeiten". Was sollen dann erst die Schalker sagen?

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