Süddeutsche Zeitung

Werder Bremen:Rakete rennt los

Milot Rashica entwickelt sich gerade zu einem der begehrtesten Bundesligaprofis. Aber wie lange kann der Klub den Stürmer noch halten?

Von Carsten Scheele

Milot Rashica haftet nun ein erstes Preisschild an, auch wenn nicht alle Summen stimmen müssen, die im Fußball so verbreitet werden. Bis zu 50 Millionen Euro könnte der Verkauf des Kosovaren im Sommer bringen, wurde in dieser Woche berichtet; die Bild berief sich dabei auf Überlegungen aus der Werder-Chefetage. Selbst wenn es ein paar Millionen weniger werden würden: Der bisherige Werder-Top-Verkaufswert - für den Brasilianer Diego, den es 2009 für 27 Millionen Euro zu Juventus Turin zog - gerät in Gefahr.

Milot Rashica (ausgesprochen: "Raschitza") aus der kosovarischen Stadt Vushtrria ist 23 Jahre alt; seit sein Muskelfaserriss aus dem Spätsommer ausgeheilt ist, macht er sich endgültig auf, zu einem der begehrtesten Spieler in der Bundesliga aufzusteigen. Rashica ist schnell, explosiv, manchmal noch ein kleines bisschen zu verspielt - aber sehr torgefährlich. "Milot ist ein Spieler, der Spiele entscheiden kann. Und das findest du nicht so häufig", lobte sein Trainer Florian Kohfeldt nach dem jüngsten Auftritt des Profis, als Rashica in Wolfsburg tatsächlich das Spiel entschied.

Durch seine beiden Treffer beim Bremer 3:2-Sieg kommt er nun, vor dem Heimspiel gegen Paderborn am Sonntag, auf sechs Tore und zwei Vorlagen in den vergangenen acht Spielen - eine Quote, die zumindest nahe dran ist an der vom Münchner Robert Lewandowski. In seinem Nationalteam, der jungen Mannschaft des Kosovo, für die Rashica seit 2016 spielt, ist er der beste Torschütze. Und auch in Bremen merken sie jede Woche, dass Rashica vieles richtig macht. Klar, dass Kohfeldt sagt: "Ich bin froh, dass ich ihn habe." Doch wie so oft droht im Umkehrschluss die Gefahr, dass es mit der Freude auch bald vorbei sein kann.

Sollte Werder, und danach sieht es aktuell aus, das internationale Geschäft verpassen, könnte der Klub für Rashica bald zu klein werden. Dass dieser Spieler nach Höherem strebt, klingt nur logisch, es gebe auch "mehrere interessierte Klubs", kokettiert sein Berater, der frühere Profi Altin Lala. Rashica selbst sagte dem Weserkurier: "Wenn wir in nächster Zeit eine Lösung finden können, die gut für mich und für Werder ist, dann setzen wir uns zusammen und sprechen darüber."

Rashica sagte aber auch, er habe keine Eile - und sein Verein auch nicht. Schließlich läuft der Vertrag bei Werder noch bis 2022, theoretisch ließe sich auch im Sommer 2021 noch eine hübsche Ablöse erzielen. So besteht die Hoffnung, dass Rashica noch etwas bleibt - denn er ist aktuell sehr wichtig für die Mannschaft. "Rakete" wird er genannt, weil er einen unverzüglichen Antritt hat, mit dem wenige Abwehrspieler mithalten können. Ein Ranking zeigt, dass er, was die reine Spielzeit betrifft, im laufenden Jahr 2019 sogar der effizienteste Profi ist. Alle 60 Minuten ist Rashica im Schnitt an einem Tor beteiligt, Timo Werner steht bei 79 Minuten, Lewandowski bei 86.

Sein Coach schätzt an ihm, dass sich Rashica seit seinem Wechsel von Vitesse Arnheim im Januar 2018 vom klassischen Flügelakteur immer mehr zum Kombinationsspieler entwickelt. Rashica sei "total egal, ob er oder sein Nebenmann das Tor schießt", lobt Kohfeldt die Uneigennützigkeit seines besten Torschützen. Läuft das Bremer Spiel mal nicht (und das kommt derzeit manchmal vor), kann es reichen, Rashica den Ball zu geben - in der Hoffnung, dass ihm etwas einfällt, für sich oder eben für Mitspieler.

Werders Sportchef Frank Baumann erwartet noch mehr von ihm. "Milot ist nicht am Ende seiner Entwicklung", sagte Baumann der Bild: "Er wird noch besser, da er bereit ist, zu lernen und viel zu investieren." Die Frage wird sein, ob Milot Rashica und sein Berater zu dem Schluss kommen, dass er in Bremen mittelfristig am besten für sein weiteres Profileben lernen kann. Oder ob "Rakete" schon bald den Schritt zu einem Champions-League-Klub wagt.

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Quelle:
SZ vom 08.12.2019
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