Süddeutsche Zeitung

Werder Bremen:"Ich habe für diese Leistung wenig Verständnis"

  • Der Werder Bremen wird die Kritik an der Mannschaft lauter.
  • Nach dem 0:1 gegen Union Berlin kritisiert Geschäftsführer Baumann: "Wir haben gestandene Spieler auf dem Platz, die einfach zu viel über sich ergehen lassen. Das müssen wir verändern und da sind die Jungs in der Pflicht."
  • Die Mannschaft war gegenüber dem Pokalerfolg gegen Dortmund nicht wiederzuerkennen.

Unterschiedlicher hätten die Bilder nicht sein können. Nach dem Pokal-Coup gegen Borussia Dortmund war Florian Kohfeldt noch voller Adrenalin auf den Platz gestürmt und hatte mehrmals euphorisch die Faust geballt. Nach dem nächsten Tiefschlag in der Bundesliga vier Tage später gegen Union Berlin stampfte der Bremer Trainer mit gesenktem Kopf vom Rasen und hob vor den Zuschauern entschuldigend beide Hände.

Der Erfolg gegen den BVB im Pokal als Wende? Pustekuchen. Beim 0:2 (0:0) gegen den Aufsteiger traten die Bremer am Samstag wieder als völlig lebloser Haufen auf. Nahezu ohne Gegenwehr ließen die Spieler die bereits siebte Heimniederlage der Saison über sich ergehen, durch die die Situation im Abstiegskampf noch einmal dramatischer geworden ist. In diesem Zustand wird Werder die Klasse nicht halten, das merken nun auch Kohfeldt und Geschäftsführer Frank Baumann.

Weshalb die Verantwortlichen ihre Mannschaft nun verbal etwas härter angehen. "Wir haben immer gesagt, dass das ein anderer Wettbewerb ist und dass wir da Probleme haben. Und wenn ich da Probleme habe, dann muss ich mich anders verhalten und anders auftreten", sagte Baumann über die beiden völlig unterschiedlichen Gesichter der Werder-Teams am Dienstag und Samstag.

Deutlich vernehmbare Pfiffe von den Rängen

Der Ex-Profi ist für seine ruhige und sachliche Art bekannt. Doch nach der erneuten Nicht-Leistung gegen den cleveren Liga-Neuling merkte man ihm an, wie sehr es in ihm brodelte: "Die Spieler sind jetzt in der Pflicht. Ich habe für diese Leistung wenig Verständnis."

Kohfeldt steht dagegen nach wie vor nicht zur Disposition. "Das brauchen wir jetzt nicht nach jedem Spiel zu wiederholen. Das steht", sagte Baumann. Vielmehr will er gemeinsam mit dem Chefcoach erörtern, wie in den verbleibenden 13 Partien doch noch der Sprung auf einen Nichtabstiegsplatz gelingen kann. "Ich glaube nicht, dass wir bislang zu lieb zu den Spielern waren, aber wir werden sehen, wie wir die nächsten Tagen vorgehen", kündigte Kohfeldt Konsequenzen bis zum nächsten schweren Auswärtsspiel bei RB Leipzig am Samstag an.

Vor allem von den Führungsspielern fühlte sich Kohfeldt am Samstag im Stich gelassen. Dass dem Pokal-Rausch gegen Dortmund harter Alltag im Abstiegskampf der Liga folgen würde, musste eigentlich allen klar gewesen sein. Umso erstaunlicher war das emotionslose Gekicke der Grün-Weißen. "Es war ganz nett. Aber nett ist in dieser Situation nicht das, was wir brauchen", kritisierte Baumann. Vielmehr ist in der durch die Punktgewinne der Konkurrenz nun immer prekärer werdenden Lage Widerstandskraft gefragt. "Wir haben gestandene Spieler auf dem Platz, die einfach zu viel über sich ergehen lassen. Das müssen wir verändern und da sind die Jungs in der Pflicht", sagte Baumann in seinem Rundumschlag: "Florian und ich können die Tore nicht schießen und sie auch nicht verhindern."

Die Frage ist, ob es für Konsequenzen nicht bereits zu spät ist. Zumal der Kader nicht wirklich viele Alternativen hergibt, auch wenn in den kommenden Wochen nach und nach einige Verletzte zurückkehren. Ob Profis wie Ludwig Augustinsson oder Theodor Gebre Selassie aber im Alleingang plötzlich für die Wende sorgen, darf stark bezweifelt werden. Zu allem Übel wendeten sich am Samstag nach den beiden Toren von Marius Bülter (52., 72. Minute) auch noch die Fans von der Mannschaft ab, es gab erstmals deutlich vernehmbare Pfiffe. "Wir haben Dienstag die Fans ein stückweit mitgenommen und da heute auch wieder einiges kaputtgemacht", sagte Baumann. Und das war vielleicht noch schlimmer als die verlorenen drei Punkte.

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