Werder Bremen:Kein Wunder, nur Klose

Der Nationalspieler fliegt gegen Barcelona früh vom Platz und Werder Bremen deshalb sang- und klanglos aus dem Uefa-Pokal.

Ralf Wiegand

Der Mann des Tages und der Woche wurde weder auf Händen vom Platz getragen, noch musste er durch ein Spalier freudetrunkener Fans schreiten. Werders Mitarbeiter des jungen Monats Mai wisperte sich stattdessen selbst ein paar Worte zu, so leise und zaghaft, dass Lippenleser sie niemals entziffern werden.

So schlich Miroslav Klose vom Platz, allein, ins Gespräch mit sich selbst vertieft und vor allem: viel zu früh. Der wechselwillige und irgendwie doch wieder vereinstreue Nationalspieler sah bereits in der 19. Minute des Halbfinal-Rückspiels der Bremer gegen Espanyol Barcelona seine zweite gelbe Karte, in der Summe ein Platzverweis.

Sogar Werder-Wunder, von denen die Fußballgeschichte einige kennt, sind nicht beliebig strapazierbar - und das gegen die Spanier fiel folgerichtig aus. Durch das 1:2 (1:0) gegen Barcelona, das das Hinspiel schon 3:0 gewonnen hatte, zog Espanyol ins Endspiel am 16. Mai in Glasgow ein. Der Hampden Park darf sich nun auf den Leckerbissen Espanyol Barcelona - FC Sevilla freuen. Ganz Schottland steht Kopf. Bestimmt.

Während also Spanien schon feiert, räumt Bremen noch auf. Selten war ein Wurm, der im Spiel einer Mannschaft steckt, so eindeutig zu identifizieren: Klose, Vorname Miroslav. Der 28-jährige Angreifer, der am Tag vor der Partie erklärt hatte, er wolle nun bis Ende der nächsten Saison in Bremen bleiben, wie es im übrigen auch in seinem Vertrag steht, wird doch zur tragischen Figur im Team des SV Werder Bremen.

Erst blockierte der vorrübergehend stillgelegte Torjäger, der zuletzt nur noch sporadisch traf, sich selbst mit offenbar unerfüllbaren Wechselwünschen ins Ausland und schließlich diletantisch getarnten Geheimtreffen mit Bayern München.

Dumm genug für Gelb-Rot

Am Donnerstag, im ersten Spiel nach dem Wechselhickhack samt erzwungenem Treueschwur, hätte Klose die Bremer Anhänger zurückgewinnen können. Sie empfingen ihn verhalten freundlich, nur wenige Pfiffe mischten sich bei seiner Namensnennung in den Klangteppich im Weserstadion. "Wir können unsere Ziele erreichen, wenn Verein, Mannschaft und Fans zusammenhalten", hatte Sportdirektor Klaus Allofs vor der Partie gesagt.

Den Schiedsrichter hatte er bei seiner Aufzählung vergessen. Der Franzose Bertrand Layec machte bereits in der zweiten Minute klar, dass er nicht als Heimschiedsrichter geführt werden wollte und zeigte Miroslav Klose nach einem durchschnittlich aufregenden Zweikampf die gelbe Karte. "Nie und nimmer eine gelbe Karte", sagte Allofs zur Pause, "Miro geht da ganz normal hin".

Wie dem auch sei: 17 Minuten später ging Klose ganz und gar nicht normal nirgendwo hin, sondern ließ sich, nachdem ihm der Ball vom Fuß gesprungen war, fallen. Da ein spanischer Verteidiger in der Nähe war, musste es sich um eine Schwalbe gehandelt haben. Obwohl in der Ausführung eher halbherzig, auf der nach oben offenen Andi-Möller-Schwalbenskala also im unteren Ranking zu führen, dazu noch außerhalb des Strafraums und nahe der Grundlinie: Die Aktion war dumm genug, um von Monsieur Layec mit gelb-rot geahndet zu werden.

Schon da dürfte es sich ausgewundert gehabt haben an der Weser. Nur die größten unter den 35 000 Optimisten im Stadion glaubten da noch, der schwungvolle Auftakt ihrer Elf, die durch Hugo Almeida schon in der sechsten Minute in Führung gegangen war, würde tatsächlich noch in das vierte so genannte Werder-Wunder münden. Dreimal haben die Bremer in der Europacup-Geschichte schon Drei-Tore-Rückstände aufgeholt, und nach dem frühen 1:0 nach einer hanebüchenen Fehlerkette im Team von Barcelona schienen sie auch die Gäste aus Spanien einfach überrollen zu wollen. Schließlich hatte Sportdirektor Allofs ja den wunderschönen Satz geprägt: "Vor Wundern ist man niemals sicher."

Nach Kloses Platzverweis schon im ersten Viertel des Spiels konnte Werder in dieser Hinsicht allerdings nicht mehr allzu viel passieren. Zwar präsentierte sich Espanyol, ohne ihren (kahlköpfigen, weil verletzten Kopf de la Pena, wie eine rosarote Wand aus Angst, hielt den zunehmend verzweifelten Angriffen der Bremer aber stand.

Den Rest erledigte nach der Pause Werder Torwart Andreas Reinke mit einem Beitrag aus der Reihe "Torwartfehler, klassische" - er griff an einer flachen Flanke vorbei, Coro glich aus (50.), Espanyol konterte sich schließlich noch zum Sieg (Lacruz, 61.) und Werders Trainer Thomas Schaaf begann, seine wichtigsten Leute für das sonntägliche Bundesligaspiel in Berlin zu schonen. So wie diese Saison zu Ende zu gehen scheint, sollte er sie sofort in Watte packen.

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