Werder Bremen:Werder hat Königsklassenformat - aber nur im Schönreden

RB Leipzig - SV Werder Bremen

Wieder verloren: Bremens Ömer Toprak (Mitte) und seine Teamkollegen

(Foto: dpa)

Von Javier Cáceres, Leipzig

Es gibt mitunter Szenen in einem Fußballspiel, die einerseits vor Irrelevanz nur so zu strotzen scheinen, und die andererseits enthüllen, dass über das Schicksal einer Partie schon entschieden ist. Am Samstag in Leipzig war ein solcher Augenblick in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit zu sehen. Der SV Werder lag bereits und offenkundig hoffnungslos mit 0:2 zurück, als so etwas wie ein Angriff der Bremer zu sehen war.

Bremens Nummer 10, Leonardo Bittencourt, hatte einen Ball einigermaßen scharf und flach vors Tor der Leipziger geschossen, Leipzigs Innenverteidiger Dayot Upamecano bekam den Ball nicht richtig unter Kontrolle und rumpelfüßelte ihn in Richtung eigenes Tor. Torwart Peter Gulacsi aber tauchte ab - und lenkte den Ball um den Pfosten herum. Wie sehr aus Bremer Sicht alles gelaufen war, konnte man an der völligen Abwesenheit von Dringlichkeit erkennen, die Werder walten ließ, um Sekunden vor der Pause noch einen Eckball in den Strafraum zu treten. Als dann die zweite Halbzeit angepfiffen war, dauerte es kaum mehr als 30 Sekunden, bis der Endstand von 0:3 durch Nordi Mukiele feststand. Und das bedeutete am Ende: Werder bleibt im finstersten Tabellenkeller.

"Enttäuscht, aber nicht ratlos"

Seine Mannschaft habe in der Kabine "natürlich enttäuscht" gewirkt, "aber nicht ratlos, schon gar nicht aufgebend", sagte Trainer Florian Kohfeldt hinterher. Er war mit seinem Team schon am Mittwoch nach Leipzig gereist, zu einem Kurztrainingslager, das dem Ziel diente, sich völlig frei von äußeren Einflüssen zu machen. Was auch immer sie (jenseits von erstaunlich öffentlichen Trainingseinheiten) getan haben: Es war nicht genug.

Und wer weiß, vielleicht sollte sich Werder allmählich in Exorzismus üben. Denn am Samstag verletzte sich auch noch der im Winter verpflichtete Innenverteidigter Kevin Vogt am Knie. Die genaue Diagnose stand am Samstag noch aus. Aber "nach einer Lappalie sieht es nicht aus", sagte Kohfeldt. Seine Mannschaft konnte von Glück reden, dass Leipzig am Mittwoch in der Champions League nach London reisen muss. Denn wegen des Champions-League-Duells bei Tottenham Hotspur verzichteten die Leipziger darauf, auch noch das letzte Saft-Tröpfchen aus der Partie herauszupressen. Was es den Bremern erlaubte, sich die eigene Leistung schön zu reden - eine Disziplin, in der die Bremer längst Königsklassenformat haben.

Mit Ausnahme der handelnden Personen der Bremer Expedition bestätigte die Niederlage von Leipzig all jene, die Werder in unabwendbarer Weise auf dem Weg in die zweite Liga sehen. Klar, man kann beim Champions-League-Teilnehmer und möglichen Titelaspiranten verlieren. Womöglich sogar hoch. Das gab Manager Frank Baumann völlig zurecht zu verstehen, ehe er Trainer Florian Kohfeldt neuerlich im Amt bestätigte. Aber: Die echte Wahrheit war, dass Werder in Leipzig nahezu komplett von roten Blutkörperchen befreit auftrat. In einem Zustand der Anämie, der sich nicht so ohne Weiteres beheben lassen wird. Zumal Werder im laufenden Kalenderjahr noch immer auf ein eigenes Tor wartet.

Das bisschen Mut verloren die Bremer dann in der 18. Minute

Mit Wohlwollen konnte man Werder attestieren, dass sie zu Beginn der Partie die Mannschaft sein wollte, die sie sein kann. Das heißt: Ein Team, das gewillt ist, positive Gedanken zu fassen, nach vorne zu spielen, den Ball ins Zentrum des eigenen Tuns zu stellen. Aber es schmolz rasch dahin.

Im Grunde mit jedem Ballbesitz der Leipziger stellte Werder klar, dass sie auch eine Mannschaft ist, die völlig zurecht unten im Tabellenkeller steht. Denn obwohl Leipzig "kein extremes Feuerwerk" abfackelte, und auch kein Spiel aufzog, "dass man sich im Nachgang noch drei Mal anschauen will", wie Trainer Julian Nagelsmann sagte, wirkte Werder jedes Mal ängstlicher als Pinocchio beim Osterfeuer, wenn die Leipziger zum Angriff bliesen.

Das bisschen Mut, das sie hatten, verloren die Bremer dann in der 18. Minute. Einen Freistoß von Angeliño legte Patrick Schick für Verteidiger Lukas Klostermann auf, er drückte den Ball aus drei Metern über die Linie. Rund 20 Minuten später war es Schick selbst, der jubelte: Er köpfelte einen Eckstoß des anderen spanischen Winterzugangs, Dani Olmo, ins Bremer Tor. Das war für Werder in doppelter Hinsicht eine beschämende Marke: der zehnte Gegentreffer nach einer Ecke war auch das 50. Gegentor der Saison insgesamt. Und es folgte ja noch das 0:3.

Eine Geschichte hatte die Partie im Grunde danach nicht mehr. "Ich denke, es war ein solides Spiel von uns. Wir haben drei Tore geschossen und ich erinnere mich nicht an eine Bremer Chance", sagte Leipzigs Stürmer Schick, der in den Schlussminuten Wadenkrämpfe verspürte und den Platz verließ, obschon Leipzig alle drei Wechsel ausgeschöpft hatte. Sein Team beendete die Partie also in Unterzahl - doch das spielte keine Rolle mehr. Denn der erste Sieg nach zuletzt vier Partien ohne Dreier stand schon fest, lange bevor der Schlusspfiff ertönte.

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