Süddeutsche Zeitung

Werder Bremen:Borowskis cleverer Tipp

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Der 19 Jahre alte Debütant Eren Dinkci trifft zum wichtigen 1:0-Auswärtssieg im Bundesliga-Kellerduell gegen die Mainzer - deren Verzwergung geht unter Trainer Lichte geht derweil nahtlos weiter.

Von Frank Hellmann, Mainz

Eren Sami Dinkci hat bisher wohl nur an seinem 18. Geburtstag so viele Umarmungen empfangen wie in der Mainzer Arena. Dem Bundesliga-Debütanten schien die körperliche Nähe nach dem Abpfiff fast unheimlich zu sein. Der junge Mann mit der Trikotnummer 43 nahm einfach hin, dass ihm jeder aus dem Werder-Tross gratulierte. Erst in der 85. Minute eingewechselt, köpfelte Dinkci in der 90. Minute den Siegtreffer zum so wichtigen Bremer 1:0 beim FSV Mainz 05.

Den Tipp zur Hereinnahme des Youngsters, räumte Bremens Chefcoach Florian Kohfeldt später ein, hatte Co-Trainer Tim Borowski gegeben: "Er hat den ganzen Tag gesagt: Heute ist 'Eren-Dinkci-Tag'. Da habe ich ausnahmsweise mal auf einen Nationalspieler gehört", schilderte der erleichterte Kohfeldt gut gelaunt.

Die Story war ein kleines Bremer Weihnachtsmärchen. Dinkci, den Kohfeldt als schüchtern beschrieb ("er redet nicht so viel"), war gar nicht für die Reise zum Tabellenvorletzten Mainz vorgesehen. Doch im Abschlusstraining verletzte sich Leonardo Bittencourt. "Beim Warm-up der U23", erzählte Kohfeldt, "habe ich Eren am Freitag zu uns rüber geholt." Der bislang nur in der zweiten Werder-Mannschaft in der Regionalliga erfolgreich eingesetzte Stürmer ist seit sechs Tagen 19 Jahre alt, und er stammt vom SC Borgfeld. Das ist ein für seine gute Jugendarbeit bekannter Verein aus einem betuchten Bremer Stadtteil, aus dem einst auch Julian Brandt hervorging, der aber nie für Werder spielte.

Den gut ausgebildeten Dinkci hatte Kohfeldt eigentlich erst für die Rückrunde im Auge: "Aber wenn Füllkrug, Rashica und Selke fehlen, kann man so etwas auch vorziehen." Dinkci habe noch Probleme im Passspiel, sagte Kohfeldt, er könne auch an der Kräftigung von Oberkörper und Beinen arbeiten und in vielen Dingen noch zulegen. Doch für drei Kernqualitäten stehe er bereits: "Geschwindigkeit, Tiefe und Torriecher." Letzteren stellte Dinkci nach Maßflanke des ebenfalls eingewechselten Tahith Chong unter Beweis - per Kopf setzte er den Lucky Punch zum Sieg.

Die Bremer hinterließen in einer biederen Partie nicht nur wegen ihrer mintgrünen Trikots den etwas frischeren Eindruck. "Mit dem Sieg sind wir in die richtige Richtung abgebogen", bilanzierte Kohfeldt, in der Tabelle liegt Werder nun beruhigend fern der Abstiegszone. Ganz anders die Mainzer, die auch das dritte Duelle gegen einen direkten Konkurrenten (nach Bielefeld und Köln) in Serie verloren. Angesichts der nächsten Gegner im Januar (Bayern, Frankfurt, Dortmund, Wolfsburg) droht die Verzwergung der Nullfünfer dramatische Züge anzunehmen.

"Es wird ganz schwer in der Bundesliga, da müssen wir uns nichts vormachen. Das war bis hierin absolut enttäuschend", kritisierte Sportchef Rouven Schröder. Mit Jan-Moritz Lichte als neuem Chefcoach lag Schröder, Stand jetzt, daneben - als Krisenbewältiger hat sich Lichte bisher nicht hervorgetan. "Das Spiel und die Situation können wir so nicht stehen lassen", sagte der Trainer nach dem viel zu zögerlichen Auftritt seines Teams.

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Quelle:
SZ vom 21.12.2020
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