Schiedsrichter Szymon Marciniak:Das Ende einer Leidenszeit

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Mann klarer Worte: WM-Final-Referee Szymon Marciniak (l.). (Foto: Manan Vatsyayana/AFP)

Szymon Marciniak musste nach einer Corona-Erkrankung monatelang pausieren und verpasste die Europameisterschaft - nun leitet er das WM-Endspiel. Auch sein Linienrichter hat eine spezielle Final-Geschichte.

Von Felix Haselsteiner

Im Dezember 2020 schien für Szymon Marciniak nichts ferner zu liegen als das WM-Finale 2022. Neun Monate lang, sagte der Pole später in einem Interview, sei er erfolgreich vor dem Virus weggelaufen, dann aber "zu langsam gewesen". Marciniak erkrankte mit einem schweren Verlauf an Covid. Er brauchte Monate, um sich zu erholen, er litt an langwierigem Husten sowie einer Tachykardie, einer Beschleunigung der Herzfrequenz, die einen Einsatz auf europäischer Ebene vorerst verhinderte. Vor der EM 2021 folgte daher die große Enttäuschung: Die Uefa verzichtete bei ihrem größten Turnier auf einen der besten Schiedsrichter des Kontinents, Marciniak musste zuhause bleiben und sich erst wieder zurück in den Fokus arbeiten - und bekommt nun, eineinhalb Jahre später, die größtmögliche Bühne.

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Das Finale zwischen Argentinien und Frankreich darf Marciniak mit einem Team aus zwei Polen an der Seitenlinie (Pawel Sokolnicki und Tomasz Listkiewicz) sowie einem Amerikaner als viertem Offiziellen (Ismail Elfath) leiten. Es ist der Höhepunkt seiner Schiedsrichterkarriere und gleichzeitig das Ende einer Leidenszeit: "Es war in den letzten anderthalb Jahren eine schwierige Zeit für mich", sagte Marciniak in einer Mitteilung.

Beide Teams hat Marciniak bereits im Turnier gepfiffen

Das Finale ist sein dritter Einsatz im laufenden Turnier, beide Finalmannschaften hat der Pole dabei kennengelernt: Frankreich beim 2:1-Sieg gegen Dänemark in der Gruppenphase und Argentinien im Achtelfinale, beim 2:1 gegen Australien. Marciniak pflegt als Schiedsrichter einen kommunikativen Stil, er gilt als jemand, der einen engen Draht zu den Spielern entwickelt und seine Entscheidungen erklärt - wenn auch nicht in so langen Reden wie manch anderer Schiedsrichter bei der Weltmeisterschaft. Kleinlichkeit kann man ihm nicht gerade vorwerfen: Marciniak lässt das Spiel in der Regel eher laufen, anstatt resolut zurückzupfeifen.

Im Wüstenstaat kennt man den Polen bereits, da er des Öfteren Partien der katarischen und der saudi-arabischen Liga leitet. Ansonsten ist er in der polnischen Ekstraklasa beheimatet, in der er seit 2009 pfeift. Seine Karriere begann Marciniak mit 21, nach eigener Aussage, nachdem er in einem unterklassigen Spiel eine rote Karte gesehen und sich darüber beschwert hatte - woraufhin er sich vom Schiedsrichter anhören musste, er solle es doch besser machen, wenn er könne. Marciniak setzte das in die Tat um, gab seine Spielerkarriere auf und gelangte über die polnischen Ligen unter die Top-Schiedsrichter der Uefa und später der Fifa.

In der Champions League und der Europa League kommt er regelmäßig zum Einsatz, zuletzt unter anderem im Halbfinal-Hinspiel zwischen dem FC Liverpool und dem FC Villareal in der Saison 2021/22. Bei internationalen Turnieren leitete er bei der EM 2016 und der WM 2018 Spiele - in letzterem Fall den 2:1-Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen Schweden in der Gruppenphase. Seine Premiere bei einem internationalen Finale gab er 2018 im Uefa Super Cup zwischen Real Madrid und Atlético Madrid. Nun also das WM-Finale, bei dem er sich gegen zahlreiche Kollegen wie den Niederländer Danny Makkelie durchsetzte - Kollegin Stéphanie Frappart, die bei der WM als erste Frau zum Einsatz gekommen war, hatte aufgrund der französischen Finalbeteiligung keine Chance auf einen Einsatz.

Marciniaks Rückkehr in die Weltspitze ist allerdings nicht die einzige spezielle Geschichte innerhalb des Final-Schiedsrichterteams. Linienrichter Listkiewicz nämlich folgt in gewisser Weise gar einer Familientradition: Sein Vater Michal war ebenfalls bei einem WM-Finale im Einsatz, 1990 in Rom. Listkiewicz Senior stand damals mit dem Mexikaner Edgardo Codesal als Chef auf dem Platz, als Diego Maradona mit Argentinien das Finale gegen Deutschland verlor. Nun ist Listkiewicz Junior dran, mit der Legende der nächsten Generation: Er darf sich am Sonntag mit Lionel Messi auseinandersetzen.

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