Weltfußballerwahl:Stimmen aus jedem Winkel des Planeten

Weltfußballerwahl: In illustrer Runde: Robert Lewandowski ist bei der diesjährigen Wahl zum Weltfußballer favorisiert.

In illustrer Runde: Robert Lewandowski ist bei der diesjährigen Wahl zum Weltfußballer favorisiert.

(Foto: Miguel Medina, Christof Stache, Josep Lago/AFP)

Robert Lewandowski könnte als erster männlicher Bundesligaspieler zum Weltfußballer gewählt werden. Dafür muss er buchstäblich jeden Fleck der Erde von sich überzeugen.

Von Martin Schneider

Die Sorgen eines Bundestrainers sind vielfältig, und dann muss sich Joachim Löw auch noch einmal im Jahr entscheiden, wer denn nun der beste Fußballer der Welt ist. Man könnte meinen, das bereite Spaß, immerhin ist die Auswahl größer als wenn man, sagen wir, den besten deutschen Außenverteidiger küren soll. Aber seit er seine Stimme bei der Weltfußballerwahl des Weltfußballverbandes Fifa abgeben darf, hat Löw keinen richtigen Zugang zu dieser Auszeichnung gefunden. 2013 enthielt er sich, weil fünf deutsche Nationalspieler nominiert waren und er keinen bevorzugen wollte. 2016 wählte Löw ungeachtet seines Neutralitätswunsches, in dieser Reihenfolge, Toni Kroos, Mesut Özil und Manuel Neuer. Im vergangenen Jahr gab er Eden Hazard, Kylian Mbappé und Sadio Mané seine Stimmen, und Kenner des Geschäfts erkennen, dass unter den Genannten weder ein deutscher Nationalspieler noch ein Weltfußballer ist.

An diesem Donnerstag verkündet die Fifa nun, wer offiziell der beste Kicker dieses Jahres war; außerdem prämieren sie die beste Kickerin, die besten Trainer und Torhüter beider Geschlechter, das schönste Tor sowie den schönste Fan- und Fair-Play-Moment. Die Abstimmung dieser speziellen Wahl ist schon lange durchgeführt, die besten Drei jeder Kategorie hat die Fifa bereits veröffentlicht, und demnach war es zumindest kein schlechtes Jahr für die Bundesligen. Bei den Frauen steht die Dänin Pernille Harder mindestens auf dem Podest, sie spielte bis September beim VfL Wolfsburg. Hansi Flick ist als Bayern- und Champions-League-Siegertrainer Siegkandidat, ebenso Manuel Neuer bei den Torhütern - und Robert Lewandowski; er hat es neben den Dauergästen Lionel Messi und Cristiano Ronaldo unter die Top drei bei den Männern geschafft .

Lewandowski könnte der erste männliche Bundesligaspieler sein, der die Wahl gewinnt. Birgit Prinz, Nadine Angerer und Nadine Keßler schafften es bei den Frauen, bislang ist ein zweiter Platz von Oliver Kahn 2002 das Optimum bei den Herren. Nun ist Lewandowski angesichts seiner Torquote und seines Champions-League-Sieges mit dem FC Bayern großer Favorit. Aber mit Favoritenrollen ist das bei Fifa-Wahlen grundsätzlich so eine Sache.

Und dann ist da ja noch der Wahlmodus.

Bei der Kür geht die Fifa nach dem Prinzip vor: Um den Weltfußballer zu bestimmen, müssen wir die ganze Welt fragen. Der Verband trifft eine Vorauswahl und bittet dann alle Nationalmannschaftskapitäne und Nationaltrainer des Planeten, drei Favoriten zu nennen. Es gibt keine Einschränkungen, nur sich selbst zu wählen, ist verboten. Die Stimmen der Britischen Jungferninseln fallen dabei genauso ins Gewicht wie jene aus Deutschland, Brasilien und von Vanuatu und Samoa. Wer der Beste der Welt sein will, muss jeden Wüstensprengsel und Karibikstrand von sich überzeugen, ein bewährtes Fifa-Konzept, auch bei Präsidentschaftswahlen. Dazu kommen Stimmen von einem ausgewählten Journalisten aus jedem Fifa-Mitgliedsland sowie eine Fan-Abstimmung. Nach der Wahl veröffentlicht die Fifa, wer wen gewählt hat - ein Grund für Löws zwischenzeitliches Missfallen. Er hätte gerne geheim abgestimmt.

Franck Ribéry sah sich 2013 als Opfer des Wahlmodus

Alle vier Abstimmungen (Kapitäne, Trainer, Journalisten, Fans) fließen zu gleichen Teilen in das Gesamtergebnis ein. Kritiker sagen seit geraumer Zeit, dass die ausufernde Abstimmung eher eine Popularitäts- denn eine Fachwahl sei. Seit 2008 gewinnen bei den Männern entweder Lionel Messi (sechs Auszeichnungen) oder Cristiano Ronaldo (fünf), auch in vermeintlich schwächeren Jahren. Nur Luka Modric schaffte es 2018, die Serie zu brechen, dafür musste er Kroatien aber schon ins WM-Finale führen. Franck Ribéry sah sich 2013 etwa als Opfer des Wahlmodus. Er fand, dass er als Champions-League-Sieger den Titel verdient gehabt hätte. Der einzige deutsche Gewinner war übrigens Lothar Matthäus, bei der ersten Fifa-Abstimmung 1991.

Bereits davor gab es die Auszeichnung des Ballon d'Or, den goldenen Ball, verliehen von der Zeitschrift France Football. Der Preis gilt als die angesehenere Auszeichnung, weil ausschließlich eine Fachjury wählt. Allerdings standen vor 1995 nur europäische Spieler zur Wahl, so wurden Pelé und Maradona nie prämiert. Es ist kompliziert mit den ganzen Wahlen, aber immerhin: Seit 2005 sind sich Fifa und France Football einig: Sie wählten jeweils denselben Primus.

Puristen argumentieren darüber hinaus gerne, dass man Einzelauszeichnungen in einem Mannschaftssport nicht so ernst nehmen darf. Als Abwehrspieler hat man generell schlechte Chancen, bisher gewann bei den Männern nur Fabio Cannavaro 2006 als Verteidiger den Titel. Auch sollte man tunlichst bei einem global bekannten Klub angestellt sein - 21 der 29 Gewinner spielten beim FC Barcelona oder bei Real Madrid.

Für einige Spieler ist die Auszeichnung trotzdem wichtig. Der Brasilianer Neymar kommentierte seine Nichtberücksichtigung auf Twitter zuletzt kryptisch und sarkastisch. Da es mit Tennis nicht geklappt habe, probiere er nun Basketball aus, schrieb er, als klar war, dass der Preis dieses Jahr an Lewandowski, Messi oder Ronaldo wandert. Die beiden Letztgenannten veröffentlichen zudem gern prahlerische Fotos ihrer gesammelten Individualtrophäen, und es heißt, Ronaldo ärgere es tierisch, dass Messi bislang einen Titel mehr mit sich führt als er.

Es wäre aber eine Überraschung, wenn einer der beiden Abosieger dieses Jahr gewänne. Wobei Joachim Löw wieder seine eigene Meinung dazu hat. Er habe nichts gegen Lewandowski, sagte er zuletzt, aber für ihn sei Manuel Neuer nicht nur der beste Torwart, sondern der beste Fußballer dieses Jahres.

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