Weltcup-Slalom in München:Kitschige Bilder für die Welt

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Dicke Flocken tanzen über den Köpfen von 25.000 Zuschauern: Für die Olympiabewerbung 2018 ist der Parallel-Slalom die erhoffte Werbung. Dabei rettet Felix Neureuther fast alleine die gute Stimmung.

Thomas Hummel

Wer zwischen Felix Neureuther und das Publikum geriet, der musste mit einer Strafe nicht unter einem Schneeball rechnen. Die Menschen vorne am Sperrgitter, vor allem die jungen weiblichen, schrien ihrem "Feeelix!" nach, sie wollten ihn sehen. Am besten berühren. Felix Neureuther stand nach dem letzten Rennen im Münchner Olympiapark unten im Zielraum und unterhielt sich mit Betreuern und Freunden, es waren höchstens zehn Meter zwischen ihm und den Leuten am Sperrgitter. Wer da die Sicht nahm, der kriegte einen drauf.

"Ich war schon nervös da oben im Starthaus, weil die Menschen waren so greifbar": Felix Neureuther.  (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der 25-jährige Skirennläufer ist es gewohnt, die Last der deutschen Erwartungen zu tragen. Seit Jahren repräsentiert er das deutsche Männerteam fast alleine in der Weltelite. Dabei hätte er damit rechnen dürfen, dass an diesem Sonntag mal alles anders ist, dass nicht alle Zuschauer auf ihn schauen. Schließlich nahmen am Parallel-Slalom am Olympiaberg auch die deutschen Erfolgs-Frauen teil, die Riesch-Schwestern und Viktoria Rebensburg.

Doch schon nach den ersten Rennen war klar: Es hängt wieder alles an Neureuther. Geht man davon aus, dass deutsche Erfolge essentiell sind für die Stimmung bei einem deutschen Skirennen, rettete Neureuther quasi die Veranstaltung. 25.000 Menschen kamen in den Münchner Olympiapark zum ersten Parallel-Slalom, bei dem auch Weltcup-Punkte vergeben wurden. Die meisten, um einmal ganz nah an der Strecke zu stehen, wenn die Weltcup-Profis den Hang hinabschwingen. "Ich war schon nervös da oben im Starthaus, weil die Menschen waren so greifbar", beschrieb Neureuther das Erlebnis. Bei den Frauen half allerdings auch die greifbare Unterstützung nichts.

"Wir konnten uns nicht entscheiden, ob wir Riesenslalom-Technik oder Slalom-Technik fahren sollten", haderte Olympiasiegerin Maria Riesch. Dann blieb sie noch mit dem Stock hängen, Schwester Susanne hörte das Piepsen am Start nicht, Rebensburg machte "einen kleinen Fehler" - alle drei schieden im ersten Duell aus. Statt Riesch gegen Vonn hieß das Finale der Frauen schließlich Tina Maze aus Slowenien und Maria Pietliae-Holmner aus Schweden (die Schwedin gewann). Aus Marketingsicht ein kleines Desaster.

Denn darum drehte es sich München: ums Marketing. Zumindest abseits des Hangs, abseits des Zuschauerraums, in den Momenten, die unter die Rubrik Öffentlichkeitsarbeit fielen. Von diesen Momenten gab es viele am Sonntag. Auch Felix Neureuther trug etwas dazu bei: "Das ist eine unglaubliche Werbung für den Skisport, für München, für Deutschland, für die Olympiabewerbung 2018." Größer geht's kaum. Gäbe es Marsmenschen, wäre es eine Werbung für die Erde gewesen.

Olympiapark München
:Ski-Spektakel mitten in der City

Ski-Gaudi in der Stadt: Mehr als 25.000 Zuschauer haben sich das Ski-Rennen am Olympiaberg angesehen. Nur einen deutschen Sieger gibt es nicht. Die Bilder.

Dabei steuerte Neureuther einen nicht unerheblichen Teil zu dieser Werbung bei. Seine Siege gegen den Schweizer Carlo Janka im Achtelfinale und den Österreicher Romed Baumann im Viertelfinale schenkten dem Publikum den erhofften Grund zum Jubeln. Seine Niederlage gegen den späteren Sieger Ivica Kostelic aus Kroatien ließ sich für den Veranstalter verschmerzen, weil es im Rennen um Platz drei zum Duell mit Publikumsliebling Nummer zwei, Bode Miller aus den USA, kam. Und damit zum stimmungsvollen Höhepunkt des Abends. Neureuther war nach zwei Läufen um fünf Hundertstel Sekunden langsamer und wurde Vierter. Doch die Leute freuten sich, schwenkten Fahnen.

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Ski-Gaudi in der Stadt: Mehr als 25.000 Zuschauer haben sich das Ski-Rennen am Olympiaberg angesehen. Nur einen deutschen Sieger gibt es nicht. Die Bilder.

Für ein Skirennen bedeuten 25.000 Zuschauer eine gewaltige Menge, nur in Kitzbühel, Schladming und vielleicht in Zagreb kommen ähnlich viele. Mit Hilfe der 25.000 sendete die Veranstaltung die erhofften Bilder in die Welt von begeisterten Wintersport-Freunden, die ein friedliches Sportfest in der Stadt feiern. Bisweilen schien es, dass es ohnehin nur auf diese Bilder ankommt, die man in die Welt schickt. Schließlich geht es um Olympia 2018.

"Das sind die Bilder, die wir international einsetzen", freute sich Katarina Witt, Kuratoriumsvorsitzende der Münchner Bewerbung. Diese Emotionen, diese Stimmung würden hoffentlich beachtet, wenn am 6. Juli in Durban (Südafrika) über die Winterspiele 2018 entschieden werde, hofft sie. Oberbürgermeister Christian Ude wirkte allein deshalb seelig, weil sein München sich als Wintersport-Ort präsentierte. "Wenn ich hinausschaue und sehe den Olympiapark als einzige Schneelandschaft - ein besseres Signal ist nicht möglich", sagte er.

Es ist nämlich keineswegs selbstverständlich, dass am 2. Januar die ganze Stadt schneebedeckt ist. Als der Termin beschlossen wurde, mussten die Veranstalter eher mit einem weißen, 200 Meter langen Schneestreifen inmitten einer grün-grauen Umgebung rechnen. Mit fragwürdigem Werbeeffekt.

Doch der Abend schenkte der Olympia-PR sogar kitschige Augenblicke, als während des Viertelfinals die ersten dicken Schneeflocken durch die bunten Lichter tanzten. Spätestens jetzt kam der Verdacht auf, der Wettergott Franz Beckenbauer habe die Hände im Spiel. Bei den Ski-Weltmeisterschaften in Garmisch-Partenkirchen in 35 Tagen erhoffen sich die Olympia-Bewerber wieder perfekte Bilder. Sie gelten als die Generalprobe für die Entscheidung in Durban.

Dabei zog am Sonntag jeder seinen Vorteil aus der schönen Veranstaltung. Ralph Huber, Chef des Olympiaparks in München, nahm die "Begeisterung und den Zuspruch" als Signal, sich für "diese sensationelle Veranstaltung auch 2012" zu bewerben. Und Felix Neureuther darf das Gefühl mitnehmen, dem Druck von 25.000 Fans standhalten zu können. Selbst wenn die deutschen Ski-Frauen wider Erwarten hinterherfahren.

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