Süddeutsche Zeitung

Vorwürfe gegen Amerell:DFB ermittelt wegen Nötigung

Der bisherige Schiedsrichter-Sprecher Manfred Amerell wehrt sich gegen den Vorwurf, einen jungen Bundesliga-Referee sexuell belästigt zu haben. DFB-Chef Zwanziger bestätigt verbandsinterne Ermittlungen.

Theo Zwanziger, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), hat bestätigt, dass verbandsintern wegen des Vorwurfs der Nötigung im Schiedsrichterwesen ermittelt werde. "Wir sind bei der Sachverhaltsaufklärung. Das ist schwierig, deshalb wollen wir nicht zu früh Leute belasten oder entlasten. Im Moment steht der Persönlichkeitsschutz über allem", sagte Zwanziger der Süddeutschen Zeitung: "Es haben Vernehmungen stattgefunden und aktuell finden weitere Vernehmungen statt." Damit sei DFB-Justitiar Jörg Englisch beauftragt worden.

Manfred Amerell, bisher Sprecher der DFB-Schiedsrichter, setzte sich am Mittwoch gegen den Vorwurf zu Wehr, einen jungen Bundesliga-Referee sexuell belästigt zu haben. "Da lache ich mich kaputt, die Vorwürfe sind haltlos und aus der Luft gegriffen", sagte Amerell, 62, der Frankfurter Rundschau. "Die Vorwürfe sind haltlos, aus der Luft gegriffen und werden von mir zurückgewiesen", sagte Amerell im Deutschen Sportfernsehen (DSF).

"Manfred Amerell steht für Glaubwürdigkeit und Fairness im Spitzen- und Breitenfußball. Mein Mandant wird diejenigen Personen, die für den augenblicklich stattfindenden Rufmord verantwortlich sind, zur Rechenschaft ziehen", schrieb Anwalt Jürgen Langer in einer Pressemitteilung. Amerell hatte ihn am Mittwoch eingeschaltet.

Amerell hatte den DFB-Präsidenten Theo Zwanziger jüngst gebeten, ihn, so Amerell, "aus gesundheitlichen Gründen vorläufig von seinen umfangreichen Tätigkeiten im DFB-Schiedsrichter-Ausschuss zu entbinden". Dieser Bitte sei entsprochen worden, teilte der DFB mit. Die Schiedsrichter des Verbandes waren am Montag über den Vorgang informiert worden. Amerell hatte zwischen 1986 und 1994 insgesamt 66 Bundesliga-Spiele gepfiffen. Nach Ende seiner aktiven Laufbahn wurde er DFB-Funktionär.

Dem Vernehmen nach soll es im Zentrum des Treffens in der DFB-Zentrale am vergangenen Donnerstag, bei dem die vorzeitige Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Joachim Löw und dem Teammanager der Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, platzte, eigentlich um die heikle Schiedsrichter-Frage gegangen sein. Laut FR habe sich ein derzeit aktiver Bundesliga-Referee zum Jahresende 2009 an den Chef des Schiedsrichter-Ausschusses, Volker Roth, gewandt.

In einer Pressemitteilung erklärte Stefan Hans, der für das Schiedsrichterwesen zuständige Direktor: "Für den DFB geht es jetzt allein darum, den Fall mit allem Nachdruck, größter Sorgfalt und hohem Verantwortungsbewusstsein zu prüfen. Vorverurteilung ist dabei ebenso unangebracht wie Verharmlosung." Weiter hieß es: "Mit Rücksicht auf die Personen können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Aussagen machen und bitten auch im Namen der Beteiligten um einen sensiblen Umgang mit dem Thema."

Zugleich bekundet der DFB eine neue Verwerfung im Personalbereich: Der auch für das Schiedsrichterwesen zuständige DFB-Vize Rainer Koch gab die Position ab. Der Grund: Volker Roth sei "bereits am 17. Dezember persönlich und detailliert über Amerell betreffende Vorgänge informiert" worden, habe dies aber nicht an Koch als zuständiges Präsidiumsmitglied weiter gegeben. "Ich erfuhr erst am 3. Februar davon", sagte Koch der SZ. "Ich bedauere die Entscheidung von Rainer Koch, weil er im Schiedsrichterwesen sehr engagiert gearbeitet hat, kann den Schritt aber nachvollziehen, wenn er selbst den Vertrauensverlust aus diesem Vorgang so bewertet", sagte DFB-Boss Zwanziger in der Verbandsmitteilung am Mittwochabend zu Kochs Schritt.

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SZ vom 11.02.2010
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