WM-Halbfinale:Bernard und Willian bewerben sich als Neymar-Ersatz

Neymar, Willian, Brasilianische Nationalmannschaft, Fußball-WM

Standen im WM-Achtelfinale noch gemeinsam auf dem Feld: Neymar (re.) und Willian

(Foto: AP)

Nach der Verletzung von Brasiliens Neymar bringen sich zwei Ersatzspieler in Stellung. Niederlandes Elfmeterheld Tim Krul verteidigt sich gegen die Kritik. Per Mertesacker hat seine Grippesymptome überwunden, damit sind alle 22 DFB-Akteure fit.

Brasilien, Neymar: Bei der Suche nach einem Ersatz für Brasiliens verletzten Neymar haben sich zwei Seleção-Akteure mit ähnlichen Qualitäten in Stellung gebracht. "Ich habe noch nie in der Startelf der Seleção gestanden. Wenn dies jetzt im Halbfinale geschähe, wäre das ein unglaubliches Ding für mich", sagte Offensivspieler Willian auf der Pressekonferenz am Sonntag im WM-Quartier Teresópolis. Schnell, dribbelstark, mit Auge für den Mitspieler: Diese Eigenschaften machen auch Bernard zu einem möglichen Kandidaten auf der Neymar-Position für das Duell gegen Deutschland am Dienstag (22 Uhr) in Belo Horizonte. "Wir dürfen jetzt nicht in Panik verfallen, denn wir haben Spieler, die das Problem lösen können", sagte der Angreifer von Schachtjor Donezk. Der Ausfall von Neymar belastet anscheinend noch immer das Klima innerhalb des Teams. "Er wird uns fehlen", bekannte Bernard, der auch zugab, sich bei dem Gedanken, auf diese Art und Weise ins Team zu rutschen, nicht wohlzufühlen.

Niederlande, Krul: Der niederländische Nationaltorwart Tim Krul hat sich gegen Kritik wegen der Verunsicherung der gegnerischen Elfmeterschützen im WM-Viertelfinale gegen Costa Rica verteidigt. "Ich habe nichts Falsches gemacht, ich habe sie nicht in aggressiver Art angeschrien", erklärte der Keeper am Sonntag in Rio de Janeiro. "Ich habe ihnen nur gesagt, dass ich weiß, wohin ihr Schuss geht. Ich habe versucht, in ihren Kopf zu kommen und, sie psychologisch fertigzumachen." Krul war erst kurz vor dem Elfmeterschießen für den Stammschlussmann Jasper Cillessen eingewechselt worden und hatte zwei Elfmeter gehalten. Vor mehreren Schüssen redete er auf den Gegner ein, der Weltverband FIFA schloss deshalb Untersuchungen gegen den Profi von Newcastle United nicht aus. Cillessen war im Gegensatz zu seinem Positionskollegen nicht in den Plan von Trainer Louis van Gaal eingeweiht gewesen. "Ich wollte alles spielen, aber ich muss die Entscheidung akzeptieren", sagte der Keeper von Ajax Amsterdam. Ob es einen ähnlichen Plan auch für das Halbfinale gegen Argentinien am Mittwoch gibt, ließen beide offen. "Wir sind für alles bereit. Hoffentlich brauchen wir kein Elfmeterschießen gegen Argentinien", sagte Cillessen.

Deutschland, Kader: Bundestrainer Joachim Löw kann im Halbfinale am Dienstag (22.00 Uhr MESZ/ZDF) personell aus dem Vollen schöpfen. Auch Per Mertesacker hat seinen grippalen Infekt überwunden. "Es ist ein wunderbare Situation. Alle verfügbaren 22 Spieler sind fit und gesund", sagte Assistenzcoach Hansi Flick am Sonntag. Mertesacker hatte am Samstag beim Auslaufen noch gefehlt. Nach dem kräftezehrenden 1:0 im Viertelfinale gegen Frankreich und vor dem Giganten-Duell gegen Brasilien war Regeneration angesagt. "Einfach ausruhen, wenig machen, abschalten", gab Kapitän Philipp Lahm als Motto bis Dienstag aus. So fuhren beim Training am Samstag einige Spieler locker Fahrrad, die anderen liefen entspannt um den Platz. Zudem stand Gymnastik und Dehnen im Mittelpunkt. Auch am Sonntag stand Regeneration im Campo Bahia an. Den Samstagnachmittag hatte Löw wie bisher immer nach den Spielen frei gegeben. Auch die Frauen und Familien durften zu Besuch kommen und über Nacht bis Sonntagfrüh bleiben. Am Samstagabend hatte ein gemeinsames Essen stattgefunden. Entgegen der bisherigen Gepflogenheiten fliegt der DFB-Tross diesmal erst Montag nach Belo Horizonte, "um mehr Zeit zur Regeneration zu haben", wie Teammanager Oliver Bierhoff betonte. Bislang war die Mannschaft immer schon zwei Tage vor den Spielen von Porto Seguro aus abgeflogen.

Kolumbien, Viertelfinale: Kolumbiens Fußball-Nationalspieler Juan Zúñiga hat nach seiner folgenschweren Attacke gegen Brasiliens Neymar Morddrohungen erhalten. Der 28-Jährige wurde in den sozialen Netzwerken zudem als "Monster" und "größter Verbrecher in der Fußball-Geschichte" bezeichnet. Zúñiga hatte Neymar in der 88. des WM-Viertelfinalspiels gegen den Gastgeber (1:2) mit dem Knie und voller Wucht im Lendenwirbelbereich getroffen. Der Spieler vom FC Barcelona erlitt eine Fraktur eines Querfortsatzes, für den 22-Jährigen ist die WM vorzeitig beendet. "Ich wollte ihn nie verletzen", sagte Zúñiga bereits dem brasilianischen TV-Sender Globo: "Wenn ich auf dem Feld stehe, tue ich alles, um mein Land und das Trikot, das ich trage, zu verteidigen - aber immer ohne die Absicht, jemanden zu verletzen."

Fifa, Ticket-Skandal: Der Fußball-Weltverband FIFA hat im Zuge des Ticket-Schwarzmarkt-Skandals insgesamt 141 Karten untersucht. Dabei handelt es sich um 131 für die WM 2014, 6 für die WM 2010 in Südafrika und 4 für den Confed Cup 2013 in Brasilien. Von den WM-Tickets gehören 71 zum Hospitality-Bereich, 59 zum normalen Kartenkontingent und eine dem Kontingent des brasilianischen Verbandes CBF an. Dies gab FIFA-Marketing-Direktor Thierry Weil am Samstag auf einer Pressekonferenz bekannt. "Ich habe mich mit der Polizei und anderen Autoritäten getroffen. Wir werden sie voll unterstützen. Wir hatten Zugriff auf die Tickets und können die Besitzer zurückverfolgen", sagte Weil. Nicht Teil der FIFA-Ermittlungen war laut Weil Humberto Mario Grondona, der Sohn des Senior Vize-Präsidenten der FIFA, Julio Grondona (Argentinien). "Die Tickets, die wir gescannt haben, hatten seinen Namen nicht, von keinem FIFA-Offiziellen. Er ist nicht Teil der Untersuchung", betonte der Direktor: "Soweit ich weiß, ist kein FIFA-Mitarbeiter von der Polizei verhört worden." Natürlich habe man mit dem Grondona-Sohn gesprochen, als sein Name aufgetaucht sei, "das ist doch klar". Es gebe zwei Versionen, so Weil: "Die Karten wurden verkauft und verteilt. Verschenken wäre kein Problem, man darf auch den regulären Preis verlangen. Nur nicht deutlich mehr."

Fifa, Disziplinarkommission: Der Fußball-Weltverband Fifa wird die Szene, die zum WM-Aus von Brasiliens Neymar geführt hat, unter die Lupe nehmen. Die Disziplinarkommission wird die Szene analysieren, teilte die Fifa mit. Der 22-jährige Neymar hatte am Freitag im Viertelfinale gegen Kolumbien (2:1) einen Bruch des Querfortsatzes des dritten Lendenwirbels erlitten. Der Stürmer des FC Barcelona war in der 88. Minute von seinem kolumbianischen Gegenspieler Juan Zuñiga mit dem Knie am Rücken getroffen worden. Ob es sich bei dem Vorfall um ein Foul oder ein Versehen gehandelt hat, soll nun eine Untersuchung klären. Unterdessen kündigte der brasilianische Fußball-Verband CBF an, die Möglichkeit einer juristischen Klage gegen Zuñiga zu prüfen.

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