Vor Fifa-Präsidentenwahl in Zürich:Blatter will WM-Vergabe neu regeln

Sepp Blatter versucht kurz vor seiner erwarteten Wiederwahl in Zürich den Befreiungsschlag - mit einem revolutionären Vorstoß: Der Fifa-Präsident will künftig die Delegierten der Mitgliedsverbände über den Austragungsort der Fußball-Weltmeisterschaften entscheiden lassen. Das wegen der Korruptionsvorwürfe umstrittene Exekutivkomitee soll nur noch eine Vorauswahl treffen dürfen.

Mit einem überraschenden Vorschlag hat Fifa-Präsident Joseph Blatter den Kongress des Fußball-Weltverbandes in Zürich eröffnet. "Ich möchte, dass in Zukunft die Organisation der WM vom Kongress der Fifa beschlossen wird", sagte Blatter in seiner Rede vor den Vertretern der 208 Mitgliedsverbände.

Joseph Blatter

Überraschender Vorschlag: Fifa-Boss Sepp Blatter.

(Foto: AP)

Bislang wurden die Weltmeisterschaften vom 24-köpfigen Exekutivkomitee vergeben, was immer wieder zu Korruptionsvorwürfen geführt hatte. Dieses soll in Zukunft nur noch eine Vorauswahl treffen dürfen. "Es geht jetzt darum, radikale Schritte zu unternehmen und nicht nur kleine kosmetische Verbesserungen", sagte Blatter.

Außerdem wolle er eine Kommission einrichten, die Vorwürfen und Anklagen nachgeht. "Wir müssen unsere Reputation zurückgewinnen. Dazu müssen wir auch unsere Kommunikation verbessern, damit die Medien auch gute Nachrichten aus der Fifa haben und ihnen nicht nur Gerüchte zugetragen werden", sagte Blatter.

Der Vorschlag trägt revolutionäre Züge, da Blatter das zuvor mächtige Exekutivkomitee damit entmachten will. Zuletzt wurden mit Fifa-Vize Jack Warner und Mohammed bin Hammam zwei Mitglieder des Komitees suspendiert.

"Wir stehen vor Herausforderungen. Ich habe Ohrfeigen erhalten, die Verwarnung hat gut getan", sagte Blatter und fügte hinzu: "Die Fifa braucht einen starken Führer, ich möchte das sein."

Im Wirbel geht fast ein wenig unter, dass in Zürich auch der deutsche Platz im Exekutivkomitee neu besetzt wird. Bereits vor langer Zeit hatte Franz Beckenbauer seinen Rückzug erklärt, für ihn wird nun DFB-Präsident Theo Zwanziger nachrücken. Die Frage war: Würde Zwanziger diesen Job in aller Stille übernehmen? Oder doch mit kritischen Worten und einem eindeutigen Statement gegenüber dem umstrittenen Blatter?

Zwanziger solle sich an die Seite des britischen Verbands FA stellen und eine Verschiebung der Wahl fordern, hieß es zuletzt aus Deutschland. Zwanziger stellte nun jedoch klar, dass er dies nicht tun könne. "Ich kann doch nicht aufgrund von Verdachtsmomenten, die sich haben bewahrheiten lassen, sagen, nun ist er nicht mehr wählbar", sagte er im ZDF-Morgenmagazin.

Er erwarte von Blatter "klare Worte", eine Strukturveränderung und Transparenz: "Ich hoffe, und darin vertraue ich Blatter, dass er bereit und in der Lage ist, dies auch umzusetzen. Eine Alternative gibt es nicht, wir können niemand anderen wählen."

FA-Antrag abgelehnt

Eine Enthaltung, die der englische Verband FA angestrebt hatte, kam für Zwanziger nicht in Frage. Die englische Initiative sei keine wirkliche Alternative, sagte Zwanziger, "sie macht die Fifa monatelang führungslos und bietet damit keine Grundlage, den Skandal sachgerecht aufzuarbeiten". Er wolle mitarbeiten, die Fifa transparent zu machen und sprach vom "Krebsgeschwür der Korruption".

Dieser Argumentation folgten am Mittag auch die 208 Delegierten und lehnten einen Antrag des englischen Verbandes FA auf eine Verlegung der Wahl mit 172:17 Stimmen deutlich ab.

Blatter selbst präsentierte sich den Fifa-Delegierten vor Beginn des Kongresses höchst selbstbewusst. "Wir fahren auf einem Schiff Namens Fifa in turbulentem Wasser. Ich, der Kapitän, trage die Verantwortung, doch das geht nur, wenn sie mir helfen. Wir müssen alle Probleme innerhalb der Fifa lösen", sagte Blatter.

Auch andere Führungsmitglieder stellten sich hinter Blatter. "Wir glauben, dass dieser Mann, der da sitzt, die Kompetenz mitbringt, die Vision mitbringt. Herr Blatter kann der Fifa den Impuls zurückgeben, der nötig ist, um unsere Probleme zu lösen. Die Fifa braucht jetzt ein ganz starkes Mandat. Von heute an können wir ein klares Signal an die ganze Welt schicken", sagte etwa Haitis Verbandspräsident Yves Jean-Bart.

Vor dem Gebäude hatten zuvor etwa ein Dutzend Menschen gegen die Fifa und Blatter demonstriert. Die kleine Gruppe hielt im strömenden Regen Plakate in die Höhe mit der Aufschrift "Play fair Fifa" oder "Rote Karte für die Fifa". Auf einem kleinen Plakat stand: "Sepp verpiss dich, keiner vermisst dich."

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