Vor dem Spiel gegen Leverkusen:Kramer in der Zwickmühle

Christoph Kramer Mönchengladbach Leverkusen

Christoph Kramer muss sich entscheiden. Zurzeit kämpfen zwei Vereine um sein Herz und seine Unterschrift.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)

Christoph Kramer gastiert mit Mönchengladbach in Leverkusen - bei jenem Klub, für den er aller Voraussicht nach bald spielen dürfte. Doch die Borussia hat die Hoffnung auf einen Verbleib des Weltmeisters noch nicht aufgegeben.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Der Fußballer Christoph Kramer ist mit einem Gedächtnisverlust berühmt geworden. Unverhofft war er am 13. Juli im WM-Endspiel in die deutsche Startelf gerutscht - der Bewusstlosigkeit nahe wurde er nach einer Frontalkollision mit dem Schulterknochen des Argentiniers Garay nach einer halben Stunde schon wieder ausgewechselt. Trotzdem reist er seither als "Weltmeister" durchs Land und genießt die Anerkennung. Beim VfL Bochum, bei dem er bis vor zwei Jahren in der zweiten Liga spielte, haben sie ihm eine Dauerkarte auf Lebenszeit geschenkt.

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Zurzeit kämpfen zwei Vereine um sein Herz und seine Unterschrift. Borussia Mönchengladbach, für das er im zweiten Jahr auf Leihbasis spielt, würde ihn gerne kaufen, aber Bayer Leverkusen, wo Kramer einen Vertrag bis 2017 besitzt, will ihn im kommenden Sommer zurückhaben. Die Chancen für Gladbach stehen aus drei Gründen schlecht: Erstens ist Kramer Weltmeister, zweitens ein glänzender Mittelfeldspieler, und drittens braucht Leverkusen ab kommendem Sommer genau auf seiner Position vor der Abwehrkette einen Spieler dieses Formats - weil Simon Rolfes seine Karriere beendet. "Die Wahrscheinlichkeit, dass er nächste Saison wieder in Leverkusen spielt, ist groß", sagt Gladbachs Sportdirektor Max Eberl vor dem Aufeinandertreffen der beiden Klubs an diesem Sonntagnachmittag in Leverkusen.

Chancen auf einen Verbleib tendieren gegen Null

Kramer ist ein Mann mit starkem Willen - und er äußert diesen auch. Vor einigen Wochen hat er gesagt, er wolle nicht allein deshalb nach Leverkusen zurück, weil er vertraglich gebunden sei - das grenze an Menschenhandel. In dieser Woche nun überraschte Kramer mit der Mitteilung, er kehre im kommenden Sommer gerne und bewusst nach Leverkusen zurück, weil ihn "das Konzept dort" überzeuge. Ob Kramer nun ein Fähnchen im Wind ist oder ein Opfer medialen Zitate-Missbrauchs, lässt sich schwer sagen. Gladbachs Sportchef Eberl hat jedenfalls in diesen Tagen noch einmal explizit mit Kramer über das Thema gesprochen und teilt mit: "Christoph hat mir gesagt, dass er definitiv noch nicht entschieden hat, wo er nächste Saison gern spielen würde." Wobei Eberl aber auch gleich hinzu fügt: "Die vertragliche Situation ist eindeutig."

Gladbach hätte zwar theoretisch die Möglichkeit, Leverkusen ein Kaufangebot zu unterbreiten, allerdings sieht Eberl da kaum realistische Chancen auf einen Handel. "Wie viel würde Leverkusen aufrufen?", fragt er rhetorisch: "fünfzehn, zwanzig, dreißig Millionen?" Eberl winkt ab. Gladbach würde sich den Weltmeister Kramer rein finanziell nicht leisten können. Und damit tendieren die Chancen auf einen Verbleib Kramers in Mönchengladbach gegen Null.

Welche Rolle spielt das Wohlfühlpotenzial?

Ein bisschen Hoffnung freilich habe er trotzdem noch, sagt Eberl, "denn es gibt auch Argumente, die für Gladbach sprechen". Aber ob das Wohlfühlpotenzial in Kramers Entscheidung nun eine so große Rolle spielt, ist fraglich. Eines immerhin ist zu Kramers Vorteil schon sicher: "Christoph kann auf hohem Niveau entscheiden, wo er in der nächsten Saison spielen will", sagt Eberl.

Schließlich geht es für beide Mannschaften darum, ein Signal Richtung Champions-League-Plätze zu geben. Beide Teams sind punktgleich, beide wollen im Dunstkreis des Tabellenführers Bayern München überwintern. Kramer wird voraussichtlich mitspielen können, obwohl er am Donnerstagabend beim 3:0-Sieg der Gladbacher gegen den FC Zürich in der Europa League kurz vor Schluss umgeknickt war. Sollte er wirklich auflaufen, wird es spannend sein zu hören, wie das Publikum in Leverkusen auf den Spieler reagiert; und zu sehen, wie Kramer spielt. Immerhin müsste er mit Gladbach versuchen, jene Leverkusener zu besiegen, mit denen er kommende Saison vermutlich gerne in der Champions League spielen würde.

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