Vor Beginn der NBA-Playoffs:Keiner hat Angst vor Nowitzki

Trotz einer guten Bilanz und einer Vielzahl positiver Argumente nimmt vor den Playoffs in der US-Basketballliga NBA kaum einer Nowitzkis Dallas Mavericks ernst. Das könnte sich rächen.

Joachim Mölter

Es gibt Mannschaften, die vom zweitbesten Platz aus in die Playoffs starten und dabei den Eindruck erwecken, aus dem Titelrennen schon so gut wie ausgeschieden zu sein. Die Dallas Mavericks sind so eine. Die Mannschaft um den deutschen Basketballprofi Dirk Nowitzki sicherte sich am Mittwochabend im letzten ihrer 82 Punktspiele durch einen 96:89-Sieg über die San Antonio Spurs den zweiten Platz in der Tabelle der Western Conference, einer der beiden Untergruppen der nordamerikanischen Profiliga NBA, deren jeweilige Sieger am Ende den Meister ermitteln. Besser als die Mavericks (55 Siege bei 27 Niederlagen) war im Westen nur der Titelverteidiger Los Angeles Lakers (57:25), wirklich ernst genommen werden sie trotzdem nur von wenigen Experten.

"Für mich ist Dallas ein Außenseiter", sagte der ehemalige Spitzenspieler Charles Barkley, der das Geschehen heute als Fernsehkommentator verfolgt: "Wenn sie schon in der ersten Runde ausscheiden, wäre das kein Schock." Auch die anderen Teams sind von den Mavericks offensichtlich nicht beeindruckt.

In den am Wochenende beginnenden Playoffs treffen sie zunächst erneut auf die San Antonio Spurs; die hätten Dallas bei einem Sieg am Mittwoch noch aus dem Weg gehen können, bemühten sie sich aber gar nicht darum. San Antonios Trainer Gregg Popovich schonte zwei seiner besten Akteure, Center Tim Duncan und Flügelspieler Manu Ginobili; er verschonte auch Nowitzki, immerhin siebtbester Werfer der Liga mit 25,0 Punkten, mit der üblichen engen Bewachung. "Ich stand den ganzen Abend frei", wunderte sich Nowitzki, ahnte aber: "Das wird sich ändern, wenn die Playoffs erst mal angefangen haben. Heute hat keine Mannschaft ihre Karten aufgedeckt."

Showdown in Texas

In Dallas versichern sie, wegen der demonstrativen Geringschätzung nicht beleidigt zu sein. "Wenn die Spurs uns unbedingt haben wollen, treffen wir uns am Wochenende eben wieder", sagte Center Brendan Haywood.

Und Nowitzki fügte hinzu: "Ich habe das Gefühl, wir spielen sowieso jedes Jahr in den Playoffs gegen sie." In der Tat stehen sich die beiden texanischen Klubs regelmäßig zum Showdown gegenüber. Erst im vorigen Jahr trafen sie in der ersten Runde aufeinander, damals unterlagen die ersatzgeschwächten Spurs ohne größere Gegenwehr.

"Ich bin etwas paranoid, was die Gesundheit von Tim und Manu angeht", erklärte Chefcoach Popovich am Mittwoch den Verzicht auf seine verletzungsanfälligen Routiniers: "Alles, was ich damit erreichen wollte, war, eine gesunde Mannschaft für die Playoffs zu haben." Nachdem er die nun hat, gilt der viermalige NBA-Meister trotz der schlechteren Saisonbilanz als Favorit im Duell mit Dallas.

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Im Video: Petric fällt aus - Löw vertagt Kuranyi- Entscheidung - Nowitzki trifft in den NBA- playoffs auf San Antonio

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"Das talentierteste Team, in dem ich je gespielt habe"

Die jüngere Playoff-Historie der Mavericks ist ja auch bescheiden. Nach dem Erreichen des NBA-Finales 2006, das mit einer Niederlage gegen die Miami Heat endete, scheiterten sie zweimal nacheinander in der ersten Runde, 2007 gegen die Golden State Warriors und 2008 gegen die New Orleans Hornets. Teams, die nur ein großes Jahr hatten und längst wieder in den Tiefen der Tabelle abgetaucht sind.

Die Mavericks hingegen gehören Jahr für Jahr zu den Playoff-Teilnehmern, sie sind zum zehnten Mal dabei. Aber für Beständigkeit auf hohem Niveau gibt es keinen Titel in der NBA. Außerdem haben die Mavericks das mit jährlich wechselndem Personal geschafft, das sie immer um Nowitzki gruppiert haben. Er ist der einzige, der schon dabei war, als die Serie begann.

Die halbe Mannschaft getauscht

In diesem Winter hat Teambesitzer Mark Cuban dem Würzburger wieder ein paar neue Mitspieler zur Seite gestellt, kurz vor Transferschluss tauschte der Internet-Milliardär die halbe Mannschaft aus, schickte beispielsweise das ewige Talent Josh Howard, 29, weg und holte dafür abwehrstärkere Spieler wie Caron Butler oder Brendan Haywood aus Washington.

Gleich nach dem Transfer legten die Dallas Mavericks eine Serie von 13 Siegen hin, und Dirk Nowitzki schwärmte: "Das ist das talentierteste Team, in dem ich je gespielt habe." Das behauptet auch Dallas' Spielmacher Jason Kidd, 37, der einst die New Jersey Nets zweimal nacheinander in die Finalserie geführt hatte (2002 und 2003). Das Problem sei nur, so Nowitzki: "Die ganze Liga ist besser geworden."

In den Playoffs kämpft Dallas nun zunächst einmal um Respekt. Die Experten hatten dem Klub schon vor dieser Saison wenig zugetraut; sie sei zu alt, zu abwehrschwach hieß es. Nun, nachdem sie verjüngt und in der Abwehr verstärkt worden ist, haben die Fachleute etwas anderes auszusetzen. Zuletzt hieß es, das Team sei zu lethargisch, weil es sich in zwei, drei Partien einen Durchhänger leistete.

Zuletzt waren die Mavericks wieder munterer, sie gewannen die letzten fünf Partien vor den Playoffs. Es half auch nicht, die Kritiker zu überzeugen. Die Dallas Morning News erinnerten in diesen Tagen: "Auf welchem Platz die Mavericks vor den Playoffs standen, hat sich noch nie auf ihr späteres Abschneiden ausgewirkt."

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