Von Porto zu Chelsea: André Villas-Boas:Der teuerste Trainer der Welt

Die erstaunliche Trainerkarriere des Portugiesen André Villas-Boas nimmt an Fahrt auf: Nachdem der 33-Jährige mit dem FC Porto alles gewann, löst ihn nun der FC Chelsea aus. Und überweist die höchste Ablösesumme, die je für einen Trainer bezahlt wurde.

Javier Cáceres

Es war schon länger klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis André Villas-Boas den portugiesischen Fußballmeister FC Porto verlässt. Er gilt ja schon länger als der aufregendste Trainer des Kontinents. Doch dass es so schnell gehen würde?

Andre Villas-Boas

André Villas-Boas, noch als Trainer des FC Porto.

(Foto: dpa)

Seit Wochenbeginn melden portugiesische und englische Medien übereinstimmend, dass Villas-Boas beim FC Chelsea sofort anheuern wolle, und am Dienstag folgte nach einer Reihe von Ad-hoc-Mitteilungen des börsennotierten FC Porto, in denen der Abschied des leitenden Angestellten dementiert worden war, die Bestätigung: Villas-Boas hat gekündigt. Per Fax.

Die für eine vorzeitige Vertragsauflösung vorgesehene Konventionalstrafe werde alsbald hinterlegt, erklärte Villas-Boas im Wissen, dass er wieder einmal Geschichte schreibt. Denn die festgeschriebene Summe beträgt 15 Millionen Euro.

Das sprengt alle bisherigen Dimensionen, noch nie hat ein Verein so viel Geld für die Verpflichtung eines Trainers investiert. Bisheriger Rekordhalter war José Mourinho, sein portugiesischer Landsmann und früherer Lehrmeister. Real Madrid hatte es sich 2010 immerhin acht Millionen Euro kosten lassen, Mourinho bei Inter Mailand auszulösen. Da galt der selbsternannte "Special One" aber schon längst als etablierte Koryphäe mit dem Gewinn von zwei Champions-League-Titeln.

Villas-Boas hingegen steht erst am Anfang einer freilich schon jetzt beeindruckenden, sagenhaften Karriere. Seit er im Mai mit Porto gegen Sporting Braga die Europa League gewann, firmiert er in den Rekordbüchern als der jüngste Trainer, der je in Europa einen kontinentalen Titel gewinnen konnte. Er ist gerade mal 33 Jahre alt und damit einer der Hauptverantwortlichen dafür, dass der Altersschnitt der Trainer der ersten portugiesischen Liga unterhalb der 40 liegt.

Villas-Boas wird sich, wie pikierte portugiesische Medien herausstreichen, finanziell erheblich verbessern. Sein aktuelles Jahressalär von rund einer Million Euro will Chelseas milliardenschwerer Besitzer Roman Abramowitsch angeblich verfünffachen. Neben dem Europacup holte der FC Porto auch - ungeschlagen - die portugiesische Meisterschaft, den Pokal und den Supercup. Da drängt sich die Frage auf, wie das zu toppen sein soll.

Auf den Spuren von Mourinho? Nicht ganz.

Ähnlich war es schon Mourinho ergangen, als er nach dem Triple-Gewinn mit Porto 2004 zum FC Chelsea wechselte. Und doch liegen die Dinge heuer anders, vor allem für Porto: Während Mourinho damals mit dem Champions-League-Sieg einen Zyklus abschloss, hat das "Projekt Villas-Boas" gerade erst begonnen.

Erst im vergangenen Sommer war er nach seinem überragenden Erstligadebüt bei Académica Coimbra (er rettete den Klub vor dem sicheren Abstieg) in Porto gelandet, dem Klub ist er überdies sentimental verbunden: Villas-Boas wurde in Porto geboren, bereits als 16-Jähriger durfte er beim FC Porto dem damaligen Trainer Bobby Robson (und dessen Assistenten Mourinho) zuarbeiten.

Nun muss der Verein wenige Tage vor dem Trainingsauftakt einen neuen Coach auftreiben - und wohl auch einen neuen Mittelstürmer: Angeblich wird der kolumbianische Offensivspieler Radamel Falcao García mit Villas-Boas nach London wechseln. Falcao hat im abgelaufenen Jahr mit 17 Toren den Uefa-Cup-Rekord von Jürgen Klinsmann aus der Saison 1995/96 (15 Tore) übertroffen.

Nicht nur in London, auch beim FC Chelsea kennt sich Villas-Boas seit seiner Zeit unter Mourinho bestens aus. Dass der Sohn einer Britin auch dort in die Fußstapfen Mourinhos tritt, heißt nicht, dass er seinem früheren Mentor in jeder Hinsicht nacheifern möchte.

Wie sein Mentor gilt er zwar als obsessiver und versierter Taktik-Freak, zudem als Freund teurer und eleganter Herrengarderobe. Der Fußball, der Villas-Boas vorschwebt, hat aber einen nicht gar so defensiven Drall wie der von Mourinho. Zudem hat er in den vergangenen Monaten immer wieder dessen ärgsten Rivalen, Josep Guardiola vom FC Barcelona, für dessen attraktives Spiel gelobt; mitunter hörten sich Villas-Boas Äußerungen an wie verkappte, auf lange Sicht gerichtete Bewerbungen auf den Job in Barcelona. Zeit genug hat er.

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